Samsung Der verhängnisvolle Abgang von „Mr. Chip“

Der Chef von Samsungs Halbleiter-Sparte wirft überraschend hin – und riskiert ein Führungsvakuum im Konzern.
Tokio Besser als Samsung kann man einen völlig überraschenden Personalwechsel an der Konzernspitze nicht verpacken. Am Freitagmorgen prognostizierte der Konzern einen neuen Rekordgewinn, angetrieben vom Boom der Chipsparte. Am Mittag kündigte dann der für die Halbleiter-Sparte verantwortliche Co-CEO und Vizevorsitzender Samsungs, der 65-jährige Kwon Oh-Hyun an, dass er im März 2018 seinen Job aufgeben wird.
Die Ankündigung hallte durch die Korea AG wie ein Donnerschlag. Denn Samsungs „Mr. Chip“ gilt seit der Verhaftung des faktischen Patriarchen Lee Jae-yong des Familienkonglomerats als Interimsführer von Samsung Electronics. Zudem wählte er drastische Worte.
Er habe sich die Entscheidung nicht leicht gemacht und lange überlegt, teilte Kwon in einer schriftlichen Stellungnahme mit. Aber er habe gefühlt, dass er sie nicht länger aufschieben könne. Seine Begründung: „Da wir firmenintern und außen einer bisher nicht bekannten Krise gegenüberstehen, glaube ich, dass die Zeit für das Unternehmen gekommen ist, neu zu starten.“ Mit „einem neuen Geist“ und „einer jungen Führung“ solle Samsung besser auf die Herausforderungen reagieren, die der rasche Wandel der IT-Industrie stelle.
Kwons Entscheidung löste in Korea Besorgnis um Samsungs Zukunft aus, da der Elektronik-Riese im Rahmen eines Korruptionsskandals um die ehemalige Staatspräsidentin Park Geun-Hye mehrere Führungskräfte verloren hat. Der Erbe des Familienkonglomerats und faktische Chef Lee wurde nach seiner Verhaftung zu Jahresbeginn im August sogar zu fünf Jahren Haft verurteilt. „Ich sorge mich daher um ein Führungsvakuum“, meint Jason Chung vom Konzernbeobachter chaebul.com.
Die Befürchtungen erscheinen verständlich. Bisher konnten die Aktionäre Ruhe aus der Gewissheit schöpfen, dass trotz der Verhaftung von Firmen-Patriarch Lee die eigentlichen Geschäfte von den drei Co-CEOs Samsungs professionell geleitet werden.
Nur schert nun mit Kwon ausgerechnet der Manager aus, der in der Hackordnung als Erster unter Gleichen galt. Zugleich ist er ein Urgestein mit viel Erfahrung. Seit 32 Jahren arbeitet er bei Südkoreas größtem Konzern. 2012 wurde er zum Co-CEO berufen.
Die Anleger ließen sich von den Warnungen einiger Analysten zunächst nicht in Panik versetzen. Der Aktienkurs ging lediglich um 1,5 Prozent von auf 2,7 Millionen Won zurück, knapp über dem jüngsten Rekordhoch. Den Grund erklärt Bruce Lee, Gründer des Investmentfonds Zebra und ein bekannter Experte für Corporate Governance: „Ich denke nicht, dass dies eine Krise für Samsung bedeutet.“ Es gebe genug professionellen Ersatz für Kwon bei Samsung.
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