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Schneider-Electric-Chef Tricoire „Wir haben spät angefangen, Deutschland zu pushen“

Hierzulande ist Schneider Electric kaum bekannt. Noch. Chef Jean-Pascal Tricoire will in Deutschland angreifen. In Interview erklärt er, was den Markt so interessant macht und was sein Unternehmen vom Rivalen Siemens unterscheidet.
20.07.2016 - 11:51 Uhr 1 Kommentar
„Als französischer Staatsbürger bin ich überzeugt, dass wir tiefgreifende Reformen brauchen.“ Quelle: Maurice Weiss für Handelsblatt
Jean-Pascal Tricoire

„Als französischer Staatsbürger bin ich überzeugt, dass wir tiefgreifende Reformen brauchen.“

(Foto: Maurice Weiss für Handelsblatt)

Berlin Wohnsitz und Büro hat Jean-Pascal Tricoire in Hongkong. Von dort pendelt der Vorstandschef regelmäßig in die Zentrale von Schneider Electric bei Paris. Doch einen Abstecher nach Berlin macht er immer gerne. Denn in der Geburtsstadt des Rivalen Siemens zeigt der französische Elektrotechnikkonzern, was er technologisch so zu bieten hat. Auf dem Gelände des Euref-Campus hat Schneider rund um ein Innovationszentrum ein Micro Smart Grid aufgebaut – ein kleines, intelligentes Stromverteilnetz. Windräder, Solaranlagen und ein biogasbetriebenes Blockheizkraftwerk erzeugen jene Energie, die vor Ort benötigt wird. Für Elektroautos steht eine Stromtankstelle parat. Seit zehn Jahren ist Tricoire Vorstandsvorsitzender, doch erst jetzt gibt er sein erstes großes Interview in Deutschland.

Herr Tricoire, Schneider Electric ist unter anderem in der Industrie-Automatisierung und im Energie-Management aktiv. Doch in Deutschland ist da immer vor allem von ABB, Siemens und General Electric die Rede. Ist Ihre Position hier nicht so stark?
Wir haben weltweit eine starke Stellung und bieten unseren Partner vernetzte Technologien im Bereiche Energiemanagement, Automatisierung und Software, damit sie effizienter und innovativer werden können. Wir machen das für ihr Gebäude zuhause genauso wie für ihre Produktion und IT. Viele wissen das nicht, aber wir sind der weltgrößte Ausrüster von Energiesystemen für Datencenter. Wenn Sie einen Mausklick machen, wird das von Schneider ermöglicht. Zudem sind wir einer der weltweiten Technologieführer in der Industrie 4.0 und bei der Infrastruktur für intelligente Energienetze.

Aber kaum einer kennt Schneider Electric in Deutschland. Liegt das daran, dass Siemens hier einfach zu stark ist?
Nein! Wir haben 5000 sehr kompetente und hoch motivierte Mitarbeiter in Deutschland und ich kann Ihnen garantieren, dass die nicht beschäftigungslos sind. Unsere Technik ist in sehr vielen Gebäuden in Deutschland. Wir machen aber Dinge nie allein, sondern immer mit Partnern. Daher sind wir oft weniger bekannt, weil wir unseren Partnern das Rampenlicht überlassen.

Dann verraten Sie doch einmal: Wie viel Umsatz machen Sie in Deutschland?
Wir veröffentlichen die Zahl nicht. Unser größter Markt ist Asien-Pazifik, dann kommt Nordamerika, dann Westeuropa. Wir haben erst relativ spät angefangen, Deutschland zu pushen. Aber in den letzten zehn Jahren haben wir das Geschäft hier verdreifacht. Deutschland ist für uns inzwischen einer unserer größten Märkte in Europa nach Frankreich und Großbritannien und wird bald der größte sein.

Warum wollen Sie gerade in Deutschland wachsen?
Ich will überall wachsen, aber Deutschland hat einiges, was zu uns passt. Es ist innovativ im Bereich der Energie, es reizt die Möglichkeiten der Industrieautomatisierung aus und die Menschen denken, zum Beispiel bei der Automatisierung von Häusern und Gebäuden, technischer als anderswo in der Welt. Und es werden sich hier viele Datencenter ansiedeln. Das sind unzählige Möglichkeiten für Schneider.

Wie viel Umsatz machen Sie denn nun hier?
Weltweit haben wir 26,6 Milliarden Euro Umsatz. Ein Viertel davon entfällt auf Europa. Und da ist Deutschland ein großer Markt, und er wächst sehr gut. Wir sind hier zum Beispiel sehr stark in der Industrie-Automatisierung und bei der Industrie 4.0. Wir bieten eine Plattform, auf der für das Internet der Dinge Maschinen mit Optimierungssoftware verbunden werden. Wir haben ein großes Portfolio an Industriesoftware, die zum Beispiel die Kontrolle der industriellen Prozesse, die Fernwartung und -steuerung und Simulierungen ermöglicht.

Wo sehen Sie noch Chancen in Deutschland?
Wir haben viele Aktivitäten rund um die Energiewende. Wir begleiten die Kunden bei der Transformation hin zu digitaleren und intelligenteren Netzen und einer Integration der Erneuerbaren Energien. Da bieten wir Systeme für das Energiemanagement. Besonders gern arbeiten wir übrigens mit dem Mittelstand, wir teilen viele Werte: Die Leidenschaft für Technologie und Innovationen, den globalen Ansatz, eine langfristige Vision und eine hohe Flexibilität. Wir sind sicher einer der am stärksten globalisierten Konzerne in Frankreich.

Im Moment ist das Umfeld schwierig. Die Investitionsgüterindustrie schrumpft, Europa driftet durch den Brexit auseinander, wichtige Märkte von Ihnen schwächeln.
Es gibt einige Herausforderungen. Es ist noch zu früh, um die Auswirkung von Brexit abzuschätzen. Der massive Ölpreisrückgang schwächt die Investitionsgüternachfrage. Die Öl- und Gasindustrie steht direkt für sieben Prozent unseres Umsatzes, der Ölpreis wird sich erholen. Wir machen 45 Prozent unseres Geschäfts in den Schwellenländern, und wir sind weltweit geographisch sehr ausgeglichen. Dadurch können wir lokale wirtschaftliche Änderungen kompensieren.

Was erschwert noch die Geschäfte?
Die Verlangsamung des Wachstums in China, unserem zweitgrößten Markt.

Aber Sie glauben noch an China? Sie wohnen ja in Hongkong.
China hat sich sehr bewusst für eine Transformation entschieden und das vor vier Jahren verkündet. Der Wandel kommt nicht überraschend. Wir wussten, was auf uns zukommt. Wir sind sehr gut in China verwurzelt. China elektrifiziert, urbanisiert, industrialisiert und digitalisiert. China ist das größte Internet-Land und braucht viele Datencenter.. Auch bei der Industrie 4.0 ist China dabei. Vielleicht werden sich die Wachstumsraten etwas normalisieren. Doch China wird die Wachstumslokomotive der Weltwirtschaft bleiben, und Schneider Electric partizipiert. Und es gibt auch sonst positive Nachrichten.

Welche meinen Sie?
Der Westen ist wieder da. Die USA entwickeln sich gut und auch Europa hat eine bessere Dynamik. Die Voraussetzungen für die europäische Wirtschaft waren schon lange nicht so gut. Der Euro ist niedrig, das hilft dem Export. Auch die Zinsen sind sehr niedrig und der niedrige Ölpreis stimuliert unsere Wirtschaft. Gewisse Schwellenländer sind auch auf positiven Kurs, wie Indien, und profitieren vom Ölstimulus.

Allerdings schafft der Brexit neue Unsicherheit.
Ja, das ist bedauerlich. Europa war gerade auf dem Weg zu einem Aufschwung. Der Brexit könnte jetzt diese Erholung bremsen. Es ist aber noch zu früh, die Konsequenzen wirklich einschätzen zu können. Doch Großbritannien steht nur für weniger als fünf Prozent unserer Umsätze.

Wie beurteilen Sie die Situation in Frankreich? Die Gewerkschaften sind stark, die Regierung tut sich schwer, Reformen durchzusetzen.
Als Schneider wachsen wir in Frankreich. Wenn man es richtig anpackt, geht das. Es gibt ein Frankreich, das innovativ und globalisiert ist und viel arbeitet. Dennoch ist klar: Frankreich muss sich reformieren. Wir unterstützen jede Art von Reformen, die das Land wettbewerbsfähiger und flexibler machen. Als französischer Staatsbürger bin ich überzeugt, dass wir tiefgreifende Reformen brauchen.

Muss der Leidensdruck erst noch größer werden?
Ich glaube, dass die Menschen bereit sind für Reformen. Wir brauchen aber die richtige Führung, um die Reformen voranzutreiben. Die Franzosen schauen auf Deutschland und bewundern, was dort passiert ist.

Gilt das auch für die Energiewende? Ist das ein Modell für den Rest der Welt oder ein deutscher Sonderweg?
Wissen Sie, die Energiewende ist eine beschlossene Sache. Die Frage ist nun, was machen wir daraus. Wir arbeiten mit Versorgern, Kommunen und anderen Partner zusammen, um Erneuerbare Energien, Speicherlösungen, intelligente Netze und das Nachfrage-Management in einem System zusammenzubringen, das höhere Effizienz ermöglicht.

Der deutsche Ansatz ist ein ganz anderer als der französische. Frankreich setzt ja noch sehr auf zentrale Lösungen und die Atomkraft.
Das ist richtig, es gibt große Unterschiede. Doch auch Frankreich setzt stark auf Energieeffizienz und inzwischen auch auf Erneuerbare Energien wie Wind, Solar und Biogas. Und Frankreich ist auch an intelligenten Stromnetzen interessiert. In Deutschland geht die Transformation am schnellsten, aber auch in anderen Ländern ändert sich viel. Die Trends sind überall auf der Welt die gleichen: Mehr Elektrifizierung, mehr Energieeffizienz, Ausbau der Erneuerbaren Energien, Verringerung des Kohlendioxid-Ausstoßes. Die Zukunft der Energieversorgung wird dezentral und digital sein.

„Wir liefern, was man für das Internet der Dinge braucht“
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  • Vielen Dank für das sehr interessante Interview.

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