Schweizer Unternehmer Bernhard Burgener Kundschafter des Friedens

Kleinkrieg mit Dieter Hahn.
München Sein Leben wäre anders verlaufen, hätte es mit der Rockgruppe „Juniper Springs“ geklappt. Aber die drei anderen Band-Mitglieder gingen eigene Wege – und so endete die Musikkarriere des Gitarristen, Songwriters und Sängers Bernhard Burgener schnell. Was blieb, ist die LP „You can’t keep a good band down“. Der Titel ist so etwas wie Burgeners Programm und Selbstwahrnehmung: Eine gute Band, aber auch ein guter Typ, lassen sich nicht unterkriegen.
Zeit seines Lebens hat der verhinderte Rockstar um Anerkennung seiner Talente gekämpft, um Bewährung trotz widriger Bedingungen, um den Aufstieg von ganz unten in die Welt des Films und des Sports, die den „Gorillas“, also großen Medienkonzernen gehört. Das hat ihn zum Mitglied der oberen Tausend in der Industrie- und Kunsthauptstadt Basel gemacht und zur besonderen Figur im Mediengeschäft, zu einem „wunderbaren Kauz“, wie ein Geschäftspartner formuliert. Derzeit liegt Burgener, 59, in der Endphase einer Schlacht um den Münchener Constantin-Medien-Konzern, die den Schweizer in die Schlagzeilen gebracht hat. Die mit Gegner Dieter Hahn, 55, ausgetauschten Schläge und Ratschläge lieferten den Stoff, aus dem Filmdramen sind. Beide disponieren über 30 Prozent der Aktien.
Nun jedoch, nach 18 Monaten Kleinkrieg, nach Klagen und Gegenklagen, ist ein Kontrahent in Friedenslaune. „Es muss eine Lösung gefunden werden, die unterlegt ist, ich bin dafür bereit“, sagt Burgener. Er sitzt im blauen Freizeitlook (Jeans, Hemd, Pullover) im zweiten Stock eines Gewerbekomplexes in Pratteln bei Basel, wo Filmplakate, ein Groß-Fotoporträt des Filmgottvaters Bernd Eichinger sowie Merchandisingfiguren à la „Shrek“ die größte Zier sind. Das bedeute, „sich am Schluss zusammenzusetzen, sich die Hand zu geben und das Gefühl zu haben: alles wird geregelt, die Zeit der Prozesse ist vorbei“, erklärt der jungenhaft wirkende Inhaber.
Endet das Patt von Pratteln? Burgener betont im Drei-Stunden-Gespräch, zufällig hätten die von ihm verantwortete Constantin Film und Hahn dieselbe Münchener Kanzlei: „Ich vertraue dort unserem Anwalt Wolf-Rüdiger Bub – der ist unser Verbindungsmann zu Dieter Hahn.“ Andererseits geht er just gegen diese Kanzlei juristisch vor. Und ein Hahn-Sprecher will von Annäherung nichts wissen: Aufgrund eines strafrechtlich fragwürdigen Verhaltens Burgeners werde es „keine direkten Gespräche mit ihm geben“. Für einen wie Burgener ist die Schlammschlacht ein Ärgernis nach all den Abenteuern in der abgeschiedenen Nordschweiz.
Im Reich von Leo Kirch
Er wird in einer Sozialwohnung in Basel groß, ohne Auto und TV, die Eltern verliert er recht früh auf tragische Weise. Die Härte fürs Geschäft eignet sich der Berufsanfänger im Logistikwesen an, etwa bei Panalpina. Es folgt: Selbstständigkeit mit 23, Aufbau und Verkauf einer Videothekenkette („Moviestar“) und danach einer Vertriebsfirma sowie 1999 der Börsengang seiner Filmfirma Highlight Communications, die um die Rechtefirma Team (Fußball-Champions-League) erweitert wird.
Schließlich steigt Burgener im ertragsschwachen Reich des Leo Kirch und seines Vizes Hahn bei Constantin Film ein und dann bei EM.TV. Man hilft sich. Doch dann kommt der Juli 2015: Hahn informiert per Mail über seine Idee, auf Sport-TV zu setzen und das Filmgeschäft zu verkaufen. Da bricht Burgener den USA-Urlaub ab und fliegt von Los Angeles nach München.
Sein größter Fehler sei gewesen, gibt er zu Protokoll, beim Constantin-Medien-Einstieg kein Shareholders’ Agreement fixiert zu haben: „Dort hätte man alles regeln können – auch eine mögliche Trennung.“ Er habe stets neue Bewährungsfelder gesucht, bilanziert Burgener in seiner Betonburg – und dabei zugleich jemanden, der es noch besser kann: „Ich baue etwas auf, führe eine Zeit lang, sichere und helfe dann als Aufsichtsratsmitglied beim weiteren Ausbau und Erfolg des Geschäfts und will dann weiterziehen. Es gehört zum Leben dazu, vieles auszuprobieren.“
Von der Lust der Schülerjahre an Archäologie blieb der Entdeckerdrang. Burgener ist ein Glückssucher, der den Reiz des Neuen braucht wie der Star den Kinoknüller, und das sogar im Marmorgeschäft. Das hat viel mit seiner Villa in Zeiningen zu tun, die den sinnlichen Gegenpunkt zur spröden Firmenzentrale bildet. Hier, im Eigenheim, entstanden Karl-May-Landschaften, weil es der Hausherr einst mit May-Filmen ins Videogeschäft geschafft hatte. Hier parken Oldtimer. Und hier entdeckte Burgener feinsten Laaser Marmor aus Südtirol als Auslegeware.
Er beteiligte sich 1992 mit einigen Finanziers an dem damals maroden Werk – und freut sich heute als Aufsichtsratschef, dass es nun im Stilfser-Joch-Nationalpark eine Abbaugenehmigung auf 25 Jahre gibt. Dass sein Marmor sogar in der U-Bahn-Station am Ground Zero in New York liegt und er mit Stararchitekt Santiago Calatrava redete, gehört zu den Sternstunden Burgeners, der Geschäftsfreunde schon mal mit Zaubertricks unterhält.
„Ich gebe lieber, als dass ich etwas bekomme“
An Farbe fehlt es nicht. Immerhin war er Vorstand des Fußballklubs FC Basel und will dort nun Präsident werden – das wäre der Ritterschlag. Auch sitzt er im Stiftungsrat der Eurasia Heart Foundation (Co-Präsident Gerhard Schröder), über die er Kindern in Russland und der Ukraine Herzoperationen finanziert. „Ich gebe lieber, als dass ich etwas bekomme“, sagt er: „Ich habe immer die andere Seite gesehen, all die Dinge, die es nicht zu kaufen gibt: Liebe, Glück, Gesundheit.“ Das ist wohl der Grund, warum er einen katholischen Pfarrer jahrelang beschäftigte.
Alles wäre also in himmlischer Harmonie, wenn es da nicht den Zoff um Constantin gäbe. Die vielen Briefwechsel mit Hahn sammelt Burgener in farbigen Klarsichtfolien, die er im Büro stapelt. Im „Friedensgipfel“ kurz vor Weihnachten bei Bayerns Wirtschaftsministerin Ilse Aigner hat er eine eigene Lösung bis Ende Januar versprochen – die aber noch nicht steht. „Für eine Einigung muss ich eine solide Finanzierung haben“, sagt er, „vorher gehe ich nicht an die Öffentlichkeit.“
Offenbar schrecken die vielen Berichte über den Gesellschafterkrach Investoren ab. Hahns Anwälte sollen Burgener-Financiers Briefe geschrieben haben, etwa dem Marmor-Partner Klaus Elsener jr. von Victorinox oder der Miralco-Holding der Familie Kunz. Burgener schiebt nach: „Es ist unglücklich, immer reagieren zu müssen. Wenn man sich nicht mehr verträgt, kann es das Beste sein, sich zu trennen.“ Das Wichtigste sei nun, „dass in unseren Unternehmen Ruhe herrscht und Lieferanten, Banken und Mitarbeiter nicht verunsichert werden“. Der Blick soll auf die Produkte fallen, auf „Shadowhunters“, „Timm Thaler“ oder „Fack Ju Göhte“.
Und immer schwingt eine alte Hoffnung mit: You can’t keep a good band down.
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