
Die lästige Parkplatzsuche ist in der nordspanischen Stadt Santander kein Problem mehr.
SantanderNervige Parkplatzsuche, überquellende Mülleimer oder Wasserverschwendung in Grünanlagen – Probleme wie diese gibt es in jeder modernen Großstadt. Im spanischen Santander könnten sie bald der Vergangenheit angehören: Die Hafenstadt im Norden des Landes ist mit tausenden Sensoren in ein lebendiges Labor für die „Smart City“ der Zukunft verwandelt worden. Die Technik soll der Stadt dabei helfen, das Zusammenleben der 175.000 Einwohner möglichst effizient zu gestalten.
Als der IT-Wissenschaftler Luis Muñoz von der Universität von Kantabrien die Idee einer „Intelligenten Stadt“ der Stadtverwaltung 2009 erstmals vorstellte, war die erste Reaktion: „Wir haben ein riesiges Problem mit Parkplätzen“. Sieben Jahre später sind mit Geld von EU-Kommission und verschiedener internationaler Universitäten 20.000 Sensoren in der Stadt verteilt. Im Boden versenkt oder auf Busse montiert, liefern sie einer zentralen Kontrollstelle laufend Daten über die verschiedensten Vorgänge in der Stadt.
„Mit einer App kann man seinen Parkschein bezahlen - und wenn er abläuft, kann man ihn direkt verlängern, ohne extra am Automaten eine Münze einzuwerfen“, beschreibt die 32-jährige Cristina Muñoz einen der Vorzüge des Lebens in einer „Smart City“.
Vierhundert Sensoren unter dem Asphalt sorgen allein im Stadtzentrum dafür, dass Autofahrer nicht mühevoll nach einem Parkplatz suchen müssen – per GPS und Lichtsignalen werden sie direkt zur nächsten Parkmöglichkeit dirigiert. Das reduziert Staus und spart Zeit, Stress und Abgase.
Das Internet ist bekannt als Infrastruktur, über die Menschen Daten austauschen – ob mit dem PC, Laptop oder Smartphone. Es geht also letztlich um Computer, die miteinander kommunizieren. Doch heutzutage lassen sich immer mehr Objekte vernetzen: Heizung und Haustür, T-Shirt und Brille, Auto und Heizung.
Den Begriff „Internet der Dinge“ prägten Wissenschaftler am Massachusetts Institute of Technology (MIT) in Boston Ende der 90er Jahre. Es kursieren aber viele Begriffe. „Industrial Internet“ betont die wirtschaftliche Bedeutung, „Machine to Machine“ (abgekürzt M2M) beschreibt eher technisch, dass Geräte autonom Daten austauschen.
Bislang ist das Internet der Dinge vor allem eine Sache der Wirtschaft: Logistikunternehmen verfolgen beispielsweise den Weg von Lieferungen. Technologie-Hersteller bringen aber zunehmend auch Produkte für Verbraucher auf den Markt, etwa Heizungssteuerungen.
Vernetzte Objekte benötigen eine Art Mini-Computer und eine Funkantenne, außerdem Sensoren – im Fall einer Heizungssteuerung etwa, um die Temperatur zu messen. Diese Komponenten sind in den vergangenen Jahren so geworden, dass immer neue Einsatzgebiete in Frage kommen.
Damit vernetzte Objekte übers Internet gesteuert werden können, muss man sie eindeutig ansprechen können. Ein neuer Standard namens IPv6 soll dafür sorgen, dass auch im Zeitalter vernetzter Autos und Heizungen genügend IP-Adressen vorhanden sind – es sind 340 Sextillionen, also eine 340 mit 36 Nullen.
Der Marktforscher Gartner wagt die Prognose, dass bis 2020 rund 26 Milliarden Geräte im Internet der Dinge sind – PCs, Tablets und Smartphones sind darin nicht eingeschlossen. Der Umsatz mit Produkten und Diensten werde auf mehr als 300 Milliarden Dollar wachsen. Noch optimistischer ist der Netzwerkausrüster Cisco, der bis dahin 50 Milliarden vernetzte Geräte erwartet.
Der Siegeszug der vernetzten Geräte dürfte einige Diskussionen über den Datenschutz nach sich ziehen. Ein Beispiel: Darf eine Versicherung die Bewegungsdaten eines Autobesitzers auswerten, um den Tarif ans Fahrverhalten anzupassen? Oder darf die Polizei nach einem Unfall überprüfen, ob der Fahrer zu schnell war?
Auf ähnliche Weise wie beim Verkehr können dies Datenboxen in Größe eines Schuhkartons das Wetter der Stadt an der Atlantikküste aufzeichnen. Die Stadtverwaltung weiß so, ob die Parks der Stadt genug Regen abbekommen haben und wann frisches Wasser aus Sprengern gebraucht wird.
Auch die Mülltonnen sind „intelligenter“ als anderswo und melden, wann sie geleert werden müssen. Bald sollen außerdem Sensoren an Straßenlaternen dafür sorgen, dass nachts nur noch dort hell geleuchtet wird, wo auch jemand unterwegs ist.