Georg Kofler kündigt Börsengang seiner Social Chain AG an
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Social Chain AGGeorg Kofler kündigt Börsengang mit neuer Social-Media-Firma an
Der TV-Manager und Investor spricht über sein neues Börsenprojekt, das Misstrauen der Deutschen vorm Unternehmertum und seinen bisher größten finanziellen Flop.
„Für die Diplomatenschule der Uno wäre ich eher nicht geeignet.“
(Foto: action press)
Düsseldorf Der frühere ProSieben- und Premiere-Chef Georg Kofler strebt mit einer Medienfirma neuen Typs an die Börse: Mitte nächsten Jahres soll die Social Chain AG, deren Hauptanteilseigner und Board-Chef er ist, an der Frankfurter Börse gelistet werden. Auch einen Gang an die New Yorker Nasdaq strebt der 62-jährige Südtiroler an.
Die Social Chain AG sei „das erste integrierte Social-Media-Unternehmen“ und vereine Social Publishing, Social Marketing und Social Commerce“. So wolle er „die Wertschöpfungskette der modernen Digitalwirtschaft intelligent nutzen“, sagte Kofler dem Handelsblatt. Zum Geschäftsmodell gehöre nicht nur die Kreation von Social-Media-Kampagnen für andere Firmen.
„Wir managen und vermitteln zahlreiche Influencer wie etwa Stefanie Giesinger, auch wenn das nur ein kleiner Baustein unseres Geschäfts ist. Wir schaffen eigene Communities und Plattformen. Und wir organisieren eigene Events wie etwas den World Fitness Day oder die Glow-Convention, die vor drei Jahren noch niemand kannte.“
Aktuell habe die Social Chain AG rund 500 Beschäftigte, einen Umsatz von rund 170 Millionen Euro und 80 Millionen Follower in aller Welt. „Jede Investmentbank will aktuell mit uns sprechen. In den nächsten Wochen wollen wir erste Entscheidungen treffen.“ Sitz der Firma ist Berlin, wo laut Kofler bereits 200 Mitarbeiter für die Social Chain AG aktiv seien.
„Wir wollen jedes Jahr um 30 bis 35 Prozent organisch wachsen und dieses Wachstum mit der einen oder anderen Akquisition beschleunigen. 2020 streben wir eine Umsatzmarke von 300 Millionen Euro an“, so Kofler, der in fünf Jahren einen Umsatz von über einer Milliarde Euro erreichen möchte.
Er sei schließlich „für ambitionierte Ziele bekannt“, so Kofler, der einst mit Premiere reich wurde. Den Pay-TV-Kanal brachte er erst an die Börse und verkaufte seine eigenen Anteile anschließend für über 100 Millionen Euro. Mittlerweile kennt man Kofler auch als Juror in der Start-up-Castingshow „Höhle der Löwen“ auf Vox.
Für die deutsche Start-up-Szene fordert Kofler „eine Art Sonderwirtschaftszone, in der verbesserte steuerliche und organisatorische Regeln gelten müssten“ „Deutschland müsse „attraktiver werden für unternehmerisch orientiertes Kapital. Auf der ganzen Welt stehen Milliarden-Fonds bereit, um hier zu Lande zu investieren.“ Koflers Credo: „Mir müssen in Deutschland mehr Kapitalismus wagen, im guten Sinne der sozialen Marktwirtschaft.“
Lesen Sie hier das komplette Interview mit Georg Kofler
Herr Kofler, die etwas Älteren kennen Sie noch als TV-Manager, die Jüngeren vor allem als Juror in der Start-up-Castingshow „Höhle der Löwen“ auf Vox. Nun werden Sie Aufsichtsratschef und Hauptaktionär der von Ihnen ins Leben gerufenen Social Chain AG. Was genau hat man sich darunter vorzustellen? Unser Unternehmen ist das erste integrierte Social-Media-Unternehmen. Wir vereinen Social Publishing, Social Marketing und Social Commerce.
Aha. Wir möchten die Wertschöpfungskette der modernen Digitalwirtschaft intelligent nutzen. Das heißt: Wir kreieren nicht nur Social-Media-Kampagnen für andere Firmen. Wir managen und vermitteln zahlreiche Influencer wie etwa Stefanie Giesinger, auch wenn das nur ein kleiner Baustein unseres Geschäfts ist. Wir schaffen eigene Communities und Plattformen mit eigenen Redaktionen. Und wir organisieren eigene Events wie etwa den World Fitness Day oder die Glow-Convention, die vor drei Jahren noch niemand kannte …
… was kein Kunststück ist, weil es die Kosmetikshow da noch gar nicht gab. Eben. Und heute? Vor der jüngsten Glow in Berlin vor wenigen Wochen waren die 12 000 Tickets innerhalb von drei Minuten verkauft. Daran erkennen Sie die Zugkraft der neuen Marke. Und wir hätten noch ein Vielfaches des Ticket-Kontingents verkaufen können. Zielgruppe in diesem Fall: junge Frauen, Durchschnittsalter 25. Wir sehen das als Kommunikationsereignis: An so einem Wochenende werden mehrere Hundert Millionen Mediakontakte generiert, für die wir keine klassischen Medien mehr brauchen. Stattdessen haben wir das Event ausschließlich mit eigener Social-Media-Kraft zum Fliegen gebracht. In Zukunft werden wir nicht nur solche Ereignisse oder Marken wie die Glow kreieren, sondern auch damit verbundene Produkte. Wir verstehen uns als Pionier für Social-Media-Brands.
Vita Georg Kofler
Der 62-Jährige war lange ein prägender Kopf der deutschen Medienbranche. Nach dem Studium arbeitete der Südtiroler als Assistent des ORF-Intendanten und von Leo Kirch. Von 1988 bis 2000 leitete Kofler den Fernsehsender Pro Sieben, anschließend den Shoppingkanal HSE 24. Von 2002 bis 2007 war er Vorstandschef des Pay-TV-Senders Premiere.
Seit mehreren Jahren hat Kofler eine Firmengruppe aufgebaut, die Produkte und Influencer über Social Media vermarktet und Events organisiert. Aktuell hat die Social Chain AG, deren Hauptaktionär und Boardchef er ist, nach eigenen Angaben rund 500 Beschäftigte, einen Umsatz von rund 170 Millionen Euro und 80 Millionen Follower.
Das müssen Sie uns bitte erklären! Nur mal ein Beispiel: Zu meinen Pro-Sieben-Zeiten habe ich Werbekunden wie Ferrero unsere TV-Reichweite verkauft, damit das Unternehmen mehr von seinen Mon-Chéri-Pralinen absetzen kann. Mit der Social Chain AG möchte ich eigene Mon Chéris schaffen und über eine Vielzahl eigener Kanäle vermarkten. In diesem Sinne sind wir auch ein moderner Markenartikler.
Für die Produkte gibt es in Ihrem neuen Reich die Lumaland AG. Deren Marken sind bislang nicht gerade weltbekannt … … aber dem Geschäftsmodell von Lumaland gehört die Zukunft: Die Macher entwickeln nämlich neue Produkte aufgrund von Daten aus unseren Communities und User-Bewertungen auf anderen Plattformen wie Amazon. Das Ganze basiert auf unserer eigenen Web-Plattform „Links“. Quasi Real-Live-Marktforschung und Produktentwicklung in einem. So schaffen wir künftig neue Produkt‧erlebnisse, die der traditionellen Konkurrenz voraus sind. Aus den Produkten machen wir Marken, aus den Marken werden Communities, die wiederum neue Produkte begleiten und ihre Entwicklung anstoßen. Eine Art Agenda-Setting neuer Dimension. Das ist alles zudem wunderbar kreativ und bringt mich auch meinen eigenen Medienwurzeln wieder näher.
Haben Sie das Entertainment-Geschäft vermisst? Ich habe festgestellt: Eine Weihnachtsfeier mit 300 Ingenieuren ist doch etwas anderes als eine mit 300 Medienleuten. Ich bin von meinem Naturell her kein Tüftler, sondern interessiere mich für das Leben, die Menschen und Kommunikation in all ihren Ausprägungen. Da leben wir gerade in spannenden Zeiten …
… aber auch in chaotischen. Soziale Netzwerke wirken bisweilen wie ein lärmiger Echoraum aus Shitstorms, Hassparolen und teils fragwürdigen „Influencern“. Wie wollen Sie dieses Geschäft künftig seriös gestalten? Neue Medien lösen immer neue Wachstumsimpulse aus. Tausend Blumen blühen, und manch einen packt die Goldgräberstimmung. Das war ja in den ersten Jahren des Privatfernsehens nicht anders. Die Social-Media-Ära potenziert das jetzt allerdings. Jeder kann heute im Prinzip seinen eigenen Sender gestalten. Es wird unsere unternehmerische Kunst sein, zu beweisen, dass man dieses Metier ernsthaft, sauber und professionell betreiben kann. Die Branche befindet sich noch in der Phase der Professionalisierung.
Die Ursprünge der Social Chain AG sitzen in Manchester. Das Geschäft ist bislang eher auf den britischen und amerikanischen Markt fokussiert, oder? Das ist das Besondere, weil wir dadurch eine Internationalität mitbringen, die sich andere erst erarbeiten müssen. Als TV-Manager wusste ich früher schon: Was heute in den USA Trend ist, wird in spätestens zwei, drei Jahren auch in Deutschland und Europa die Kommunikationswelt beherrschen. Zurzeit haben wir in der Social Chain AG noch ein gewisses Ungleichgewicht: Unsere Communities sind stark im angelsächsischen Raum, die Produkte weitgehend von hier.
Ihren Plattformen folgen unterm Strich angeblich bereits 80 Millionen Menschen. Wo leben die? Etwa 40 Prozent in den USA, rund 30 Prozent in Europa, der Rest verteilt sich auf die Welt.
Die Social Chain AG hat nach Ihren Zahlen aktuell rund 500 Beschäftige, etwa 170 Millionen Euro Umsatz und ein leicht positives operatives Ergebnis. Was sind Ihre Ziele? Wir wollen jedes Jahr um 30 bis 35 Prozent organisch wachsen und dieses Wachstum mit der einen oder anderen Akquisition beschleunigen. 2020 streben wir eine Umsatzmarke von 300 Millionen Euro an.
Sie haben schon im vergangenen Jahr mal prophezeit, dass die Social Chain AG in fünf Jahren ein Milliardenunternehmen sein könnte. Wirklich? Warum nicht? Ich bin für ambitionierte Ziele bekannt.
Aktuell gehören Ihnen 47 Prozent der Anteile an der neuen AG. Gründer und andere teilen sich weitere 42 Prozent. Und den spärlichen Rest wollen Sie dann nächstes Jahr an die Börse bringen? Unsere Aktien werden seit einigen Tagen im Xetra und an der Düsseldorfer Börse gehandelt. Für Mitte nächsten Jahres planen wir die Aufnahme ins Premiumsegment der Frankfurter Börse oder vielleicht auch ein Listing an der New Yorker Nasdaq. Damit würden wir ein substanzielles Public Offering verbinden, bei dem wir über eine Kapitalerhöhung mindestens ein Drittel der Gesellschaft öffentlich platzieren wollen.
Mit wie viel eigenem Geld sind Sie involviert? Mit einem wirklich substanziellen zweistelligen Millionenbetrag.
Wo wird die Social Chain AG sitzen? In Berlin, wo schon jetzt 200 Leute für uns arbeiten.
Und welche Banken haben Sie mit im Boot? Das Interesse ist breit. Jede Investmentbank will aktuell mit uns sprechen. In den nächsten Wochen wollen wir erste Entscheidungen treffen.
Kann der Social Chain AG auf dem Weg an die Börse denn nicht noch die Puste ausgehen? Auf gar keinen Fall. Weil wir die kritische Größe längst erreicht haben. Außerdem ist die Social Chain AG ein Haus der Unternehmer. Das ist ein Vulkan an Kreativität. Der geplante IPO ist ja nicht der End-, sondern ein neuer Ausgangspunkt.
Passt dazu dann wiederum Ihre Juroren-Rolle bei der Vox-Sendung „Höhle der Löwen“, wo Sie künftig noch mehr als eh schon nach neuen Geschäftsideen fahnden können, die von der Social Chain AG dann weiter ausgebaut werden? Absolut. Ich kann diese jungen Unternehmer mit der Social Chain AG bestens unterstützen.
Das heißt, Sie wollen der „Höhle der Löwen“ auf jeden Fall erhalten bleiben? Selbstverständlich. Die Arbeit dort macht mir Freude. Mir ist es auch wichtig, das unternehmerische Lebensgefühl vor einem Massenpublikum zu propagieren. Und ich bin positiv überrascht, wie viele junge Leute uns dabei folgen.
Glow-Convention in Berlin
„Wir hätten ein Vielfaches des Ticket-Kontingents verkaufen können.“
(Foto: imago images/Stefan Zeitz)
Die Zahl der Firmengründungen in Deutschland nimmt sogar ab. Woran liegt das? Sind wir Deutschen zu ängstlich? Ich will das nicht so negativ sehen. Nehmen Sie den hiesigen Mittelstand, der unglaublich kreativ und global unterwegs ist! Die Start-up-Szene ist ja letztlich dessen jüngere Fortsetzung. Leider haben wir in Deutschland zu wenig gesellschaftliche Akzeptanz von Unternehmertum, Risikofreude und – das muss man auch mal deutlich sagen – zu wenig Lust auf Kapitalismus. Wir müssen in Deutschland mehr Kapitalismus wagen, im guten Sinne der Sozialen Marktwirtschaft. Für die Förderung der Start-up-Szene schlage ich eine Art Sonderwirtschaftszone vor, in der verbesserte steuerliche und organisatorische Regeln gelten müssten. Deutschland muss attraktiver werden für unternehmerisch orientiertes Kapital. Auf der ganzen Welt stehen Milliarden-Fonds bereit, um hierzulande zu investieren.
Ihr eigener größter Coup als Manager und Unternehmer war bislang wohl der Börsengang des Pay-TV-Senders Premiere und der Verkauf Ihres Aktienanteils damals, oder? Ja, weil das Unterfangen von sogenannten Experten vorher als aussichtslos eingestuft wurde. Ich bin mit einem großen Teil meines Privatvermögens voll ins Risiko gegangen, dann gehörten mir 20 Prozent an dem Unternehmen.
Es heißt, Sie hätten beim Verkauf der Anteile über 100 Millionen Euro kassiert. Die Parteien haben Stillschweigen vereinbart, aber Sie liegen nicht ganz falsch.
Sie müssten also eigentlich nie mehr arbeiten, sind seither aber als Investor vielfältig unterwegs. Wo haben Sie danach das meiste Geld verbrannt? Bedauerlicherweise mit dem „Kofler Energies Club“, den ich als „ADAC der Energieeffizienz“ positionieren wollte. Es ging darum, die Endkunden zu beraten in Energiefragen aller Art. Der Slogan war großartig, die Stimmung euphorisch – übrigens ganz anders als bei meinen früheren Gründungs-Großprojekten von Pro Sieben übers Teleshopping bis zu Premiere, wo mir jedes Mal ein Chor der Zweifler entgegenschlug. Leider spielten bei der Club-Idee die Verbraucher nicht so mit, wie ich mir das erhofft hatte. Also musste ich besonders mutig sein. Nach wenigen Monaten zog ich die Reißleine. Zwölf Millionen Euro waren da allerdings schon weg. Beim Aussteigen ist für Unternehmer oft mehr Mut gefordert als beim Einstieg.
Sie sind Sohn eines Holzfällers. Ihr Vater starb, als Sie vier Jahre alt waren. Ihre Mutter musste als Näherin die Familie dann allein durchbringen. Sie entstammen also „kleinen Verhältnissen“. Was aus dieser Zeit ist Ihnen geblieben – vielleicht an Kampfesmut, Härte oder auch Geltungsdrang? Bodenständigkeit und Direktheit, würde ich sagen. Für die Diplomatenschule der Uno wäre ich eher nicht geeignet. Ich bin Mitglied im Verein für klare Aussprache.
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