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Trend zu digitalen Assistenten Wenn Maschinen denken lernen

Das Düsseldorfer Start-up Cognigy AI hilft Firmen, Sprachassistenten im Kundendienst einzusetzen. Es setzt damit auf einen Trend, der die Welt der Marken und der alltäglichen Kommunikation nachhaltig verändern dürfte.
22.11.2017 - 06:21 Uhr Kommentieren
Wenn Kunden mit Sprachassistenten reden, müssen sie eine bestimmte Marke nennen, von der sie etwas kaufen wollen. Quelle: picture alliance/AP Photo
Amazon Echo

Wenn Kunden mit Sprachassistenten reden, müssen sie eine bestimmte Marke nennen, von der sie etwas kaufen wollen.

(Foto: picture alliance/AP Photo)

Düsseldorf Sprechende Teddybären konnte K.I.T.T. nicht leiden: Dem mit künstlicher Intelligenz versehenen Kuscheltier verweigerte er jegliche Kommunikation. Mit dem plüschigen Ding habe er nichts gemein, und seine geistigen Fähigkeiten seien dem des Stoffbären weit überlegen. Damit hatte er vermutlich recht: Das intelligente Auto aus der Erfolgsserie „Knight Rider“ parlierte mit seinem Fahrer Michael Knight stets auf menschlichem Niveau. Das war in den 1980er-Jahren – und ungefähr so fiktiv wie der Mauerfall schienen damals auch K.I.T.T. und „Mighty Mouth“, der sprechende Teddybär.

Das hat sich geändert: Von Amazon bis Google drängen viele große Konzerne mit eigenen Sprachassistenten auf den Markt. Die kommen entweder in den eigenen vier Wänden oder dem Smartphone zum Einsatz und tragen Namen wie Siri, Alexa, Cortana oder Google Assistant. Auch die sogenannten Bots holen auf: Das sind Systeme, die zum Beispiel im Chat Anfragen von Kunden beantworten können. Darauf setzen etwa Marken wie Deutsche Telekom oder Lufthansa. Die maschinellen Kundendienstmitarbeiter sollen über eine Chatfunktion auf der Unternehmensseite oder über den Facebook-Messenger Fragen der Kunden beantworten. Hinter derartigen Systemen steckt Conversational AI, grob übersetzt: künstliche Intelligenz, die fähig ist zu kommunizieren. Mit mal mehr, mal weniger guten Ergebnissen. Viele Experten sind sich allerdings einig: In naher Zukunft können virtuelle Assistenten die Kommunikation von Kunden und Marken grundlegend verändern. Das stellt Unternehmen vor neue Herausforderungen.

Nicht nur Amazon, Apple oder Google arbeiten daran, Maschinen eine sprachliche Identität zu geben. Das Düsseldorfer Start-up Cognigy AI hat ein System entwickelt, das Sprachassistenten und Bots ein Gehirn geben soll. Das Gehirn bezeichnet damit zum Beispiel das Wissen über bestimmte Produkte, die Vorlieben eines bestimmten Kunden oder etwa das bestehende Sortiment. Für Henkel baute Cognigy AI etwa einen Bot, mit dessen Hilfe Kunden den passenden Klebstoff für entsprechende Vorhaben und je nach Region finden konnten. Unter den Kunden des Start-ups findet sich auch ein deutscher Autobauer und laut Medienberichten Dr. Oetker. Mit der Nennung von Kunden ist das Start-up selbst zurückhaltend.

Gründer des Düsseldorfer Start-ups Cognigy AI. Quelle: Cognigy AI
Philipp Heltewig (l.) und Sascha Poggemann

Gründer des Düsseldorfer Start-ups Cognigy AI.

Der Markt mit virtuellen digitalen Assistenten hat eine große Zukunft: Marktforscher Tractica prophezeit, dass die Zahl der Nutzer von rund 390 Millionen im Jahr 2015 auf bis zu 1,8 Milliarden im Jahr 2021 steigt. Ein Milliardengeschäft: So soll der Umsatz im selben Zeitraum von 17,7 Millionen Dollar auf bis zu 11,8 Milliarden Dollar steigen.

Von diesem Trend profitiert auch Cognigy AI. In dieser Woche investieren der bekannte Silicon-Valley-Investor Bjarne Hansen und die Düsseldorfer Beratungsfirma Cassini Millionen in das Start-up, wie das Handelsblatt vorab erfuhr. Mit dem Geld wollen Gründer Philipp Heltewig und Sascha Poggemann nicht nur ein Büro unweit des Silicon Valleys eröffnen, sondern auch die Welt der Marken umkrempeln. Dabei beginnt die Geschichte der beiden Gründer mit der Erfindung eines sprechenden Teddybären, über den sich das intelligente Auto K.I.T.T. vermutlich geärgert hätte. Denn der Plüschbär hätte ihm durchaus den Rang als intelligenteste Maschine streitig machen können.

Poggemann und Heltewig hatten den Bär eigentlich als Prototyp gebaut: Der Wirtschaftsinformatiker und der Hochfrequenztechniker wollten 2016 ein System bauen, das lernt und sich seinem Nutzer anpasst. Auf der Suche nach einer geeigneten Plattform für den sprechenden Teddybär wurden die beiden enttäuscht: „Alle vorhandenen Systeme waren schlichtweg ziemlich simpel“, sagt Heltewig im Handelsblatt-Gespräch. Also programmierten sie eine eigene Software und kamen zu dem Schluss, dass nicht der sprechende Teddy, sondern die Software das eigene Geschäftsmodell begründen sollte.

Cognigy AI profitiere von Alexa, Siri und anderen Sprachassistenten: „Das sind die Kanäle – aber das Gehirn dahinter sind wir“, sagt Heltewig. „Alexa oder Siri haben eigene Systeme, um dem Nutzer zum Beispiel zu sagen, wie das Wetter werden wird“, erklärt Heltewig. Diese Systeme heißen Skills – und die haben massiv zugenommen: Von 5.000 Skills, also Fähigkeiten, die Amazons Alexa im vierten Quartal 2016 beherrschte, stieg die Zahl im zweiten Quartal 2017 auf rund 15.000.

Vorteile für Unternehmen

Cognigy AI ist ein Anbieter, der das Erstellen von solchen komplexen Skills für Sprachassistenten und Bots für Unternehmen ermöglicht. Die Gründer entwickeln zusammen mit ihren Partnern eine Logik für Marken, die zum Beispiel an eine Unternehmensdatenbank angeschlossen wird. Die Funktionsweise dahinter: Der Nutzer spricht zum Beispiel mit einem Sprachassistenten, dieser übersetzt die Botschaft in Text und sendet sie an das von Cognigy AI entwickelte System, das dann wiede‧rum auf die Datenbank beim Kunden zurückgreift. Daraus werde dann der Sprachassistent nicht nur in die Lage versetzt, den Kunden aufgrund von bestehenden Daten zu erkennen und auf Produktinformationen zurückzugreifen, sondern könne die Konversation auch für spätere Interaktionen abspeichern, erklärt Heltewig: „So bauen wir das Gehirn für Marken.“

Die Nutzung von Sprachassistenten ist für Unternehmen mit vielen Vorteilen verbunden, weiß Jürgen Gietl, Technologiemarkenexperte und Managing Partner bei der Beratungsfirma Brandtrust: „Bei der Nutzung von Conversational AI im Kundendienst bleibt das Unternehmen im direkten Kontakt.“ Dabei könne eine neue Art der Kundennähe geschaffen werden, so Gietl.

Doch für Unternehmen birgt der Einsatz von sprechenden Maschinen auch Risiken. „Die Herausforderung lautet Kategorie versus Marke“, sagt Gietl. Heute sucht der interessierte Käufer zum Beispiel im Internet eine Yogamatte und bekommt dann eine Liste von Produkten angezeigt. Auf der haben alle Anbieter zumindest eine Chance, auf der ersten Seite zu erscheinen. Bei Sprachassistenten ist das anders: „Das Ziel muss sein, dass Kunden die Frage stellen: „Google, zeig mir Stranger Things von Netflix“ oder „bestelle mir Schuhe von Adidas bei Zalando“, sagt der Markenexperte. „Wenn die Marke bei der Suche mit intelligenten Systemen nicht im Kopf der Kunden ist und explizit genannt wird, wird sie von Alexa oder Google Home gar nicht erst gesucht“, erklärt Gietl. Marken müssten im Gedächtnis der Kunden ganz oben sein.

Auch Cognigy-Mitgründer Heltewig meint: „Unternehmen müssen eins verstehen: Es ist die Marke, die zum Nutzer spricht.“ Man spreche ja auch nicht zum iPhone, wenn man ein Telefonat führe: „Am Ende ist der Assistent nur der Kanal.“

Und die Sprachassistenten haben das Zeug dazu, unser Technologieverständnis zu verändern, meint Technikphilosoph Bruno Gransche von der Universität Siegen: „Es gibt je nach Interaktionsform schon heute Fälle, in denen Nutzer im Nachhinein nicht sagen könnten, ob sie mit einem menschlichen oder künstlichen Chatpartner zu tun haben.“ Stützten Performance und Gestaltung diese Inszenierung, könnte es zur Unterstellung von Menschlichem kommen, so Gransche. Zumindest Michael Knight und sein intelligentes Auto pflegten einen fast schon vertrauensvollen Dialog.

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