TV-Debatte „Rumpel-Fernsehen“: Warum die Moderatoren beim „Triell“ wenig glänzten

Wichtige Themen wurden vom Moderatoren-Team beim „Triell“ nicht behandelt.
München In ihrer Karriere hatte Maybrit Illner, 56, viele große Momente. Seit Oktober 1999 moderiert sie ihre ZDF-Talkshow, und ganz selbstverständlich war sie an vorderster Stelle bei allen Fernsehduellen dabei, die es anlässlich von Bundestagswahlen seit 2002 gegeben hat. Sie verkörperte das Format geradezu – doch beim „Triell“ am Sonntag in ARD und ZDF mit den Kanzlerkandidaten Annalena Baerbock, Olaf Scholz und Armin Laschet war von früheren Glanzleistungen wenig zu spüren.
Das lag mit einiger Sicherheit daran, dass ihr die ARD mit Oliver Köhr, 45, einen in Sachen Talkshow noch recht unerfahrenen Kollegen zur Seite gestellt hatte. Der Journalist hatte erstmals einen Premium-Auftritt. Erst am 1. Mai war Köhr zum Chefredakteur der ARD aufgestiegen, ein Karrieresprung, der wohl mit der Berufung in die Moderation des „Triells“ unterstützt werden sollte.
Zuvor war er als stellvertretender Leiter des ARD-Hauptstadtbüros eher unfreiwillig durch eine Panne bekannt geworden. Im März 2020 hatte ihn ein „Tagesschau“-Moderator dazugeschaltet und zur Kanzlerin Angela Merkel befragt, die in der Pandemie in Quarantäne gegangen war. Nach seinem Beitrag blieb Köhr weiter ungeplant auf Sendung, bevor er sich mit einem „Jo, bis dann!“ aus dem Bild verabschiedete.
Beim „Triell“ häuften sich die Pannen. Immer wieder fiel der übermotiviert wirkende ARD-Chefredakteur sowohl den zu befragenden Politikern als auch der Co-Moderatorin Illner ins Wort. Zuweilen gerieten die Fragen so umständlich und kompliziert, dass CDU-Chef Armin Laschet einmal beim Thema Mietpreisbremse süffisant nachfragte: „Was war die Frage?“
Für frühere TV-Kanzlerduelle hatte die ARD stets im Programm erprobte Talkmaster abgestellt, zum Beispiel Frank Plasberg oder Sandra Maischberger. Diesmal aber kam ein Hierarch zum Einsatz, der in Ostdeutschland seine Karriere gemacht hat.
Nach dem Studium von Journalistik und Politikwissenschaften an der Universität Leipzig war der im westfälischen Halle geborene Medienmann beim öffentlich-rechtlichen MDR aufgestiegen. Dort war er als Reporter, Moderator, Planer und Chef vom Dienst an vielen Standorten aktiv.
Die Gemeinsamkeiten der beiden Moderatoren
2012 ging er ins Hauptstadtstudio, zunächst als Fernsehkorrespondent. In seiner aktuellen Funktion koordiniert und verantwortet er in der ARD-Programmdirektion zum Beispiel „Tagesschau“, Sondersendungen, Dokumentationen , Reportagen und Verbrauchersendungen.
Mit Köhr hat Maybrit Illner gemein, dass sie ebenfalls in Leipzig studiert hat. In der früheren DDR war sie von 1984 bis 1988 in der Sektion Journalistik der damaligen Karl-Marx-Universität aktiv, dem „Roten Kloster“. Danach wirkte sie als Sportjournalistin für das Fernsehen der DDR und ging 1989 in die Auslandsredaktion des Deutschen Fernsehfunks.
Zum ZDF stieß sie 1992 als politische Redakteurin und gehörte sofort zur Riege der Moderatoren des ZDF-Morgenmagazins. Im Mainzer Sender gilt sie als bestens vernetzt, sodass ihre Bestellung für das „Triell“ nie infrage stand. Sie sei mit ihrer Erfahrung „erste Wahl“ gewesen, sagt ein Sprecher.
Redaktion und die Moderatoren hätten sich „bewusst dafür entschieden, aktuelle Auseinandersetzungen im Wahlkampf zu thematisieren und Diskussion und Streit unter den Kandidaten zuzulassen“, führt er weiter aus: „Das machte dieses Triell lebendig und interessant. Andere vorbereitete Themen kamen dadurch später zu kurz.“
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Ein ARD-Sprecher kommentiert, die beiden Sender hätten jeweils von ihrem Vorschlagsrecht für die Position des Moderators beziehungsweise der Moderatorin Gebrauch gemacht. Auch hier: „Die Debatte war kontrovers und konfrontativ, hat die Unterschiede in den Positionen der Kontrahenten deutlich gemacht. Das ist das Wichtigste, denn ein Triell soll dem Publikum ja Orientierungshilfe für seine Wahlentscheidung bieten.“ In 95 Minuten könnten nicht alle Themen behandelt werden, zumal Diskussionen eine Eigendynamik entwickelten.
Von den augenfälligen qualitativen Mängeln will keiner der Sendervertreter reden. Zu den Merkwürdigkeiten gehörte, dass einmal die Zeituhr des SPD-Kandidaten weiterlief, obwohl er gar nicht mehr redete. „Wir haben ein technisches Problem“, sagte Illner. „Das geht auch anders.“ Gegen den nervösen Moderationsstil ihres Kollegen versuchte sie mehr oder weniger vergeblich, ihre Routine in längeren Statements auszuspielen. Sie wirkte, als ob sie sich allein am wohlsten gefühlt hätte.
Am Ende stimmte wenigstens die Quote einigermaßen. Fast elf Millionen sahen dem Schauspiel bei ARD und ZDF zu. Dabei profitierte erwartungsgemäß das Erste stärker, da die meisten Zuschauer den Sender auf Taste eins der Fernbedienung programmiert haben. Im Ersten schalteten 7,36 Millionen ein (24,2 Prozent Marktanteil), im Zweiten 3,51 Millionen (11,5 Prozent).
Mehr: Kommentar: ARD und ZDF blamieren sich beim Triell der Kanzlerkandidaten
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Guter Kommentar - es trifft das Problem auf den Punkt
nach wenigen Minuten war dieses chaotische "Triell" nur schwer zu ertragen.
Warum macht man nicht ein Duzend-Dell? Auch 12 Leute können nicht chaotischer diskutieren.
1. Fehler: die Grünen werden den Kanzler nicht stellen - die hätten nicht eingeladen werden dürfen. Gut wäre ein Duell zwischen Laschet und Scholz gewesen
2. Fehler: ZWEI Moderatoren - EIN Moderator*IN hätte gereicht - der/die hätte sich nicht ins Wort fallen können
3. Fehler: Politische Unausgewogenheit der Sprechzeiten. Dadurch dass man Rot-Grün zweidrittel der Sprechzeit gewährt, müssen sich es die öffentlich rechtlichen Fernsehanstalten gefallen lassen als parteiisch auf die Bundestagswahl Einfluss nehmen zu wollen. Pro Rot-Grün Contra Schwarz
4. Fehler: Framing - ich hatte den sanften Eindruck, dass auch hier immer in gewissen nebulösen Gefilden gefragt wurde - zu wenig konkret - nachher wusste man nicht mehr als vorher
Der Wahlkampf leidet darunter, dass die CSU/CDU und auch die Grünen ihre Ersatzspieler aufs Feld schicken. Das ist dann leichtes Spiel für Scholz.