Vodafone-Deutschland-Chef Ametsreiter: „Die Telekom kann nicht mit uns mithalten“
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Vodafone-Deutschland-Chef Ametsreiter„Die Telekom kann nicht mit uns mithalten“
Hannes Ametsreiter leitet die deutsche Tochter von Vodafone. Im Interview spricht er über die Transformation der Branche, die „musealen“ Leitungen der Telekom – und warum er 250 Euro für geplatzte Technikertermine zahlen will.
„You win some, you lose one. Das ist das normale Spiel.“
(Foto: Michael Englert für Handelsblatt)
DüsseldorfDer neue Chef von Vodafone bittet in einen Konferenzraum und nimmt seinen Gästen den Mantel ab. Ein eigenes Büro hat Hannes Ametsreiter nicht. Chefbüros sind mit dem Neubau der Deutschlandzentrale in Düsseldorf 2013 verschwunden. Seit Oktober sitzt der Österreicher also mittendrin – und fühlt sich angekommen.
Herr Ametsreiter, am Montag startet die größte Mobilfunkmesse der Welt. Fühlen Sie und Ihre Branche sich in Barcelona eigentlich noch heimisch? Die Branche trägt die Digitalisierung in immer mehr Wirtschaftszweige. Die Transformation ist in vollem Gange: Früher war die Messe in Barcelona ein Treffen der Telekommunikationsindustrie. Heute sind dort Softwarehersteller genau wie Autokonzerne vertreten, die Branche öffnet sich. Da sind ganz viele neue Spieler im Markt.
Aber auch Konzerne wie Google testen mittlerweile Telekommunikationsdienste. Macht Ihnen das keine Sorgen? Nicht wirklich. Es gibt einige experimentelle Ansätze, bei denen noch gar nicht absehbar ist, was daraus wird. Statt uns Sorgen zu machen, sollten wir Synergien schaffen: Schon heute kooperiert unsere Branche mit den verschiedensten Industrien. Aber das wird noch zunehmen müssen. Zukunftsthemen wie Big Data gelingen erst dann, wenn wir näher zusammenrücken. Die Digitalisierung stemmen wir nur gemeinsam.
Kommen die klassischen Telekommunikationsanbieter dabei unter die Räder? Wir sind immer noch die, die das Netz anbieten. Wir sorgen für die Datenautobahnen, auf denen sich der Verkehr jedes Jahr verdoppelt. Derzeit arbeiten wir an einer ganz neuen Infrastruktur: am Netz der Zukunft, dem 5G-Netz. 5G wird um ein Vielfaches schneller sein als das heute bekannte Netz und komplett neue Geschäftsmodelle ermöglichen, vor allem im Bereich vernetzter Maschinen. Hier ist Vodafone bereits weltweit führend. 35 Millionen Maschinen kommunizieren schon über unsere SIM-Karten. Der Bereich wächst zweistellig.
Sie sind also gerüstet? Hervorragend sogar. Wir verfügen über ein 400.000 Kilometer langes Kabelglasfasernetz und forschen führend am Thema 5G. Im Kabel können wir bereits heute die höchsten Geschwindigkeiten anbieten – bald schon mit 400 Megabyte je Sekunde. Und noch in diesem Jahr werden wir das erste Gigabit im Kabelnetz zeigen. In den nächsten Jahren werden wir unser Netz auf einen neuen Übertragungsstandard umstellen. Damit schaffen wir bis zu zehn Gigabyte die Sekunde. Wir glauben: Ständig steigende Geschwindigkeiten sind die Triebfeder der Digitalisierung. Genau deshalb bauen wir aus Vodafone eine Gigabit-Company.
Was hohe Investitionen erfordert? Natürlich. Und die tätigen wir auch.
Aber die Konkurrenz, beispielsweise die Telekom, schläft nicht. Die Telekom kann mit ihrem Netz schon heute nicht mit unseren Geschwindigkeiten mithalten, weil es zum großen Teil immer noch aus musealen Kupferleitungen besteht.
Dennoch erhöht die Telekom ihre Mobilfunktarife. Werden Sie mitziehen? Sie verstehen sicher, dass ich das nicht kommentieren kann.
Eigentlich war Vodafone vor allem ein Mobilfunkunternehmen. Nun bringt die Festnetzsparte nach dem Kauf von Kabel Deutschland den größten Zuwachs. Liegt die Zukunft doch im Festnetz? Es kommt darauf an, was man als Festnetz definiert. Festnetztelefonieren per Kabel aus der Wand ist jedenfalls Geschichte. Die Zukunft liegt in ultraschnellem Breitband. Es kommen diverse technische Entwicklungen auf uns zu, wie etwa superhochauflösendes Fernsehen, Cloud-Computing oder autonomes Fahren. Einige erahnen wir, andere nicht. Fest steht: Dafür brauchen wir massive Bandbreiten.
Vita Hannes Ametsreiter
Im Oktober 2015 folgte Ametsreiter als Chef der Deutschland-Tochter von Vodafone auf den im Mai zurückgetretenen Chef Jens Schulte-Bockum. Er gehört seitdem auch dem Vorstand des Gesamtkonzerns an. Vor seiner Zeit in Düsseldorf war er CEO der Telekom Austria Gruppe. Davor hat er lange Jahre als Marketingmanager gearbeitet. Seine Karriere startete er bei Procter & Gamble.
Ametsreiter wurde 1967 in Salzburg geboren. Dort studierte er unter anderem Publizistik. Später erhielt er einen Masterabschluss der Pepperdine-Universität in den USA. Mittlerweile wohnt er mit seiner Frau und seinen zwei Töchtern in Bayern.
Wie wollen Sie daraus ein Geschäftsmodell entwickeln? Das müssen wir nicht erst entwickeln, es ist schon längst da. Schon heute liefern wir im Kabel gegenüber DSL die doppelte Geschwindigkeit zum gleichen Preis. Wir haben eine Infrastruktur, die andere nicht bieten. Genau das ist unser Wettbewerbsvorteil, und er wird es auch bleiben. Sicher, Deutschland ist ein extrem wettbewerbsfähiger Markt. Am Ende werden sich nur die durchsetzen, die mit Innovation, Technologie, Kundenorientierung und einer sehr guten Marke punkten können. Da sehen wir uns sehr gut aufgestellt.
Viel Eigenlob, nur haben Sie zuletzt den Großkunden Allianz verloren. You win some, you lose one. Das ist das normale Spiel. Wir haben in den letzten Jahren zahlreiche Großkunden gewonnen, wie zum Beispiel Mercedes, Siemens, die Deutsche Bank oder die Deutsche Bahn. Ich bin überrascht, dass man in Deutschland darüber berichtet, wenn man einen einzelnen Kunden verliert. Bei unseren Geschäftskunden sind wir zuletzt um vier Prozent gewachsen. Beim Umsatz müssen wir aber noch stärker zulegen.
Die Allianz soll mit der Qualität des Netzes nicht zufrieden gewesen sein. Das können wir nicht nachvollziehen. Es gibt diverse unabhängige Tests, die das Gegenteil belegen. So zum Beispiel, dass wir die Nummer eins in Sachen Sprachqualität sind.
Das heißt aber nicht, dass Sie auch die beste LTE-Abdeckung haben. Wir können bereits in 84 Prozent von Deutschland LTE anbieten, im Sommer sind wir schon bei 90 Prozent. Das ist auch im internationalen Vergleich eine sehr gute Zahl. Allein in den vergangenen zwei Jahren haben wir fünf Milliarden Euro in unsere Netze investiert, vor kurzem viele zusätzliche Mobilfunkfrequenzen gekauft, und in den nächsten Jahren werden wir weitere Milliarden investieren.