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Werteunion Ralf Höcker: Der Medienanwalt und die Phantombedrohung

Er postete auf Facebook, massiv angegangen worden zu sein und trat als Sprecher der Werteunion zurück. Daraufhin ermittelte die Staatsanwaltschaft – vergeblich.
07.04.2020 - 08:46 Uhr Kommentieren
Im Februar trat er als Sprecher der Werteunion zurück. Quelle: dpa
Ralf Höcker

Im Februar trat er als Sprecher der Werteunion zurück.

(Foto: dpa)

Düsseldorf Im Umgang mit der Presse ist Ralf Höcker nicht zimperlich. Der Kölner Medienanwalt, der viele Kunden in der rechten Szene hat, greift schnell zu rechtlichen Schritten, wenn es darum geht, unliebsame Berichterstattung zu verhindern. Einer seiner Sprüche lautet: „Journalisten-Bedrohung ist okay!“

Mitte Februar machte sich der 48-jährige, dessen Kanzlei die AfD und prominente Vertreter der Partei wie deren Chefin Alice Weidel zu ihren Mandanten zählt, selbst zum Medien-Thema.

Überraschend trat er als Pressesprecher der ultra-konservativen CDU-Gruppierung Werteunion zurück und gab sein Parteibuch zurück. Begründung: Nicht nur die die Werteunion sei „das Ziel einer konzertierten Verleumdungs- und Beleidigungsaktion“ geworden. Er selbst sei massiv angegangen worden. Die Drohung, so Höcker, „war glaubhaft und unmissverständlich.“

Die Kölner Staatsanwaltschaft begann mit ihren Nachforschungen, dann aber änderte sich deren Richtung. Nachdem die Beamten zunächst wegen Nötigung gegen unbekannt ermittelten, stand plötzlich ein Verfahren gegen Höcker selbst im Raum – wegen Vortäuschung einer Straftat. Nun stellte sie die Arbeit ein.

Warum? Es gebe gar keine Drohung – es gebe aber auch keine Täuschung. So lautet der aktuelle Stand. Ein Sprecher der Staatsanwaltschaft bestätigte dem Handelsblatt: „Herr Höcker hat uns – zumindest nicht widerlegbar – erklärt, dass er sich nur missverständlich ausgedrückt hat.“

War es so? Auslöser der Ermittlungen war eine Mitteilung Höckers über Facebook am 13. Februar 2020. Dort stand: „Mir wurde vor zwei Stunden auf denkbar krasse Weise klar gemacht, dass ich mein politisches Engagement sofort beenden muss, wenn ich keine „Konsequenzen“ befürchten will. (…) Ich beuge mich dem Druck und lege mit sofortiger Wirkung alle meine politischen Ämter nieder und erkläre den Austritt aus sämtlichen politischen Organisationen.“

Zuvor hatte Höcker von Morddrohungen gegen sich berichtet, die ihn bisher aber nicht abgeschreckt hätten. „Was ich allerdings heute erlebt habe, toppt alles.“

„Wir leben in stürmischen Zeiten!“

Er habe sowohl den Bundesverband Lesben und Schwule in der Union (LSU) und die Werteunion mit aufgebaut, so Höcker weiter. Auf beides sei er stolz. Jetzt aber gehe es für ihn nicht weiter.

„Bitte versucht nicht, mich umzustimmen oder Näheres in Erfahrung zu bringen“. Beides bringe nichts, rät Höcker seinen politischen Mitstreitern. Um sie dann noch einmal zu warnen. „Passt gut auf Euch auf, wir leben in stürmischen Zeiten!“

In der Presse brandete sofort Empörung über diesen Vorfall auf. Viele Schlagzeilen klangen so, als sei die Bedrohung Höckers bereits belegt. Dabei ging unter, dass Höcker trotz dieser angeblich massiven Vorgehensweise selbst gar keine Strafanzeige gegen den oder die potenziellen Täter stellte.

Die Staatsanwaltschaft ermittelte trotzdem – von Amts wegen. Durch die Medienberichte wurde die vermeintliche Bedrohung weit bekannt, die Behörde konnte also nicht anders. Wenn sie von einer Straftat erfährt, muss sie handeln. Und auch die Ankündigung einer Straftat ist strafbar.

Die Ermittlungen stießen allerdings auf seltsames Desinteresse bei dem, dem sie helfen sollte. Die Staatsanwaltschaft bestätigt, dass Höcker auch auf ihre Nachfrage die Hintergründe einer möglichen Bedrohung nicht aufklärte.

Als die Kölner Kripo mit ihm über einen möglichen Personenschutzes sprechen wollte, antwortete der Anwalt, er fühle sich nicht bedroht. Er habe in seinem Facebook-Beitrag keine persönliche Bedrohung schildern und strafrechtliche Ermittlungen auslösen wollen.

Was wollte er dann? Höcker selbst antwortet nicht. Das Kölner Magazin „Stadtrevue“ berichtete jüngst über Verwerfungen zwischen Höcker und der Kölner CDU. Die Union verwies Behauptungen ihres Ex-Mitglieds ins Reich der Fabel.

Höcker vertritt zahlreiche Mandate aus der Wirtschaft

So hatte Höcker behauptet, die Werteunion habe 150 Mitglieder in Köln, drei von vier Vorständen in der Innenstadt würden von der Werteunion geführt. Alle vier verneinten danach die behauptete Mitgliedschaft in der Werteunion.

In der Anwaltsbranche machen sich einige inzwischen ihren eigenen Reim aus der Wendung. Höcker könnte eingesehen haben, dass sein Engagement für die rechte Szene seinem Geschäft schadet. Höcker vertritt auch zahlreiche Mandate aus der Wirtschaft, etwa die Legal Tech-Firma Mietright oder den früheren Porsche-Vorstand Wolfgang Hatz.

Zuletzt war die Sozietät zwar gewachsen, unter anderem mit Werteunion-Aushängeschild Hans-Georg Maaßen, umstrittener Ex-Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz. Doch inzwischen – so ist zu hören – sollen offenbar einige Mandanten den Kurs von Höcker kritisch sehen.

Höcker war dazu nicht sprechen. Er ist mit anderem beschäftigt. Während der Vorermittlungen zu der Bedrohung, die er auf Facebook als „massiv, glaubhaft und unmissverständlich“ bezeichnete, weilte er wochenlang in den USA.

Mehr: Ralf Höcker tritt als Sprecher der Werteunion wegen Drohungen zurück.

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