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Absatzfinanzierung Autobanken zeigen sich unbeeindruckt vom Dieselskandal

Trotz Diskussion um Fahrverbote laufen die Geschäfte deutscher Autobanken bestens. Denn für die Autokonzerne werden sie immer wichtiger.
24.04.2018 - 17:53 Uhr Kommentieren
In einigen deutschen Städten wurden Schadstoff-Grenzwerte überschritten. Es drohen Fahrverbote für Dieselfahrzeuge. Das würde auch die Autobanken treffen. Quelle: dpa
Stau in Düsseldorf

In einigen deutschen Städten wurden Schadstoff-Grenzwerte überschritten. Es drohen Fahrverbote für Dieselfahrzeuge. Das würde auch die Autobanken treffen.

(Foto: dpa)

Frankfurt/München Alles doch nicht so schlimm. Das gilt für die deutschen Autobanken, wenn es um den Dieselskandal geht. Sie müssen deshalb derzeit nur in geringem Umfang Vorsorge treffen.

„Natürlich existiert das Problem“, sagte Peter Renkel, Geschäftsführer des Verbandes Banken der Automobilwirtschaft (BDA) am Dienstag. Es gebe angesichts der Frage möglicher Fahrverbote eine Unsicherheit bei der Bevölkerung. Aber es führe nicht dazu, dass Banken „wahnsinnige Rückstellungen“ bilden müssten. „Wir sind weit von einer Weltuntergangsstimmung entfernt.“

Bezogen auf das Bankgeschäft „ist die Dieseldiskussion mehr Hysterie als Realität“, betonte BDA-Sprecher Christian Ruben, der Chef der Toyota Kreditbank in Deutschland ist. „Wir sehen im Moment noch kein Problem.“ Das Bundesverwaltungsgericht hatte Fahrverbote Ende Februar generell für zulässig erklärt. So wären Fahrverbote für Dieselfahrzeuge in Städten möglich, in denen Schadstoffgrenzwerte überschritten werden.

Auch wenn das Image von Dieselfahrzeugen durch drohende Fahrverbote und den Skandal um die Manipulation von Abgaswerten beschädigt ist, liefen die Geschäfte der Autobanken im vergangenen Jahr sogar besser denn je: Die zwölf Autobanken, die dem BDA angehören, finanzierten Neufahrzeuge im Wert von fast 45 Milliarden Euro. Insgesamt halten sie Leasing- und Finanzierungsverträge über 125 Milliarden Euro in den Büchern.

Wie gut es läuft, zeigt Volkswagen Financial Services, die Nummer eins der Branche. Die Autobank des VW-Konzerns verdiente 2017 das Rekordergebnis von 2,5 Milliarden Euro – so profitabel ist kein anderes deutsches Geldhaus. Zuletzt hat die Bank 50 Millionen Euro für sinkende Restwerte von Dieselautos zurückgestellt, was angesichts des Gewinns allerdings kaum ins Gewicht fällt.

In der Bilanz stecken zwar Risiken von rund 100 Millionen Euro, weil die Restwerte von Dieselautos durch mögliche Fahrverbote sinken. Dafür hat die Bank bereits 50 Millionen Euro zurückgestellt.

Hochprofitabel ist auch BMW mit seinen Finanzdienstleistungen. Das Segment fuhr ein Vorsteuerergebnis von 2,2 Milliarden Euro ein.

Angesichts solcher Erträge schrecken auch etwas geringere Restwerte von Dieselfahrzeugen die Branche nicht auf. Wenn die Preise für gebrauchte Autos sinken, müssen die Finanzierer den sogenannten Restwert aus Leasingverträgen anpassen und abschreiben.

Laut BDA waren die Restwerte im Zuge der Finanzkrise gesunken, danach aber wieder deutlich gestiegen. Durch die drohenden Fahrverbote fallen sie nun erneut, liegen aber noch auf dem Niveau von vor der Finanzkrise.

Parallel dazu haben sich die Restwerte für Benzinautos erhöht. Die Restwerte liegen zudem meist nicht nur bei der Bank, auch Händler oder Hersteller tragen einen Teil der Risiken.

Und noch mehr spielt den Autobanken in die Hände: „Betroffen von Restwertverlusten sind vor allem ältere Fahrzeuge. Das Restwertmanagement bei Leasingverträgen dreht sich meist um Fahrzeuge, die maximal drei bis vier Jahre alt sind“, sagt Sebastian Pfeifle, Partner der Beratungsfirma Deloitte.

„Bei neu verleasten Diesel-Fahrzeugen haben die Autobanken bereits entsprechende Anpassungen der Restwertprognosen vorgenommen, da Restwerte in der Regel regelmäßig neu kalkuliert werden.“ Die Autobanken würden die Entwicklung der Restwerte permanent beobachten, beobachtet Renkel.

Pfeifle weist zudem darauf hin, dass mögliche Fahrverbote für Dieselwagen vor allem ein deutsches Thema sei. „Das globale Geschäft der deutschen Autobanken wird davon eher wenig betroffen sein.“ Die Autobanken könnten Dieselfahrzeuge auch im Ausland verkaufen. Es sei heute nicht schwer, ein gebrauchtes Auto in ein anderes Land zu verkaufen, sagte Ruben.

Drei Viertel der neuen Autos werden finanziert

Die Autobanken fürchten derzeit auch keine weiteren indirekten Folgen des Dieselskandals –etwa indem Kunden den „Widerrufsjoker“ ziehen. Von einer Klagewelle könne nicht die Rede sein, sagte Renkel.

So werben Anwälte dafür, dass Dieselfahrer das Widerrufsrecht in Kreditverträgen geltend machen, um sich von ihren Autos zu trennen. Denn sind bestimmte Angaben unvollständig oder enthält die gesetzlich vorgeschriebene Widerrufsbelehrung Fehler, dann kann der Darlehensnehmer den Vertrag widerrufen und den Kauf rückabwickeln. Das Prinzip ist von Immobiliendarlehen bekannt.

Der BDA moniert, dass bei Klagen das Produkt Dieselauto mit der Frage, ob der Kreditvertrag korrekt sei, verknüpft werde. „Wir verwehren uns gegen einen Zusammenhang“, betont Renkel. Dem Verband seien rund 300 Fälle bekannt und 46 Urteile – die alle Volkswagen Financial Services betreffen. Davon hat die Autobank 42 Verfahren gewonnen.

Die Autobanken sind für die Autohersteller enorm wichtig, weil sie deren Absatz fördern. 75 Prozent der neu zugelassenen Autos werden über Kredit oder Leasing finanziert.

Dabei sehen die Autobanken ihre Zukunft immer mehr darin, ganze Pakete von Mobilitätsdienstleistungen anzubieten. Standen in früheren Jahren eine häufig recht starre Finanzierung samt dazu gehöriger Versicherung an erster Stelle, so verstehen sie ihre Rolle heute eher als Rundumanbieter.

„Zukünftig werden wir auch Mobilitätsdienstleistungen wie Carsharing in die Fahrzeugfinanzierung integrieren sowie Angebote speziell für elektrisch angetriebene Fahrzeuge machen“, sagte Franz Reiner, Chef der Mercedes-Benz Bank, kürzlich. Zu den neuen Aufgaben gehört zudem, auch zukünftig Kunden an den Hersteller oder die Marke binden. Dass dies auf einem anderen Weg geschehen muss als heute ist überall in der Branche angekommen.

Vor allem die junge Kundschaft legt anders als frühere Generationen weniger Wert auf ein eigenes Auto. Carsharing – was Autobanken auch schon anbieten – oder andere temporärere Mobilitätsmodelle erleben einen rasanten Aufschwung.

Bei Mercedes können Fans der Marke neuerdings sogar mit einer fixen jährlichen Rate zwölf verschiedene Autos mit dem Stern fahren. Jeden Monat also ein anderes. Der Neid von Nachbarn und Arbeitskollegen dürfte einem damit gewiss sein.

Auch Pfeifle rechnet damit, dass sich die Autobanken in den nächsten zehn bis fünfzehn Jahren „fundamental verändern werden“. Wie genau der Wandel aussehe, lasse sich aber noch nicht mit Sicherheit sagen. „Hierbei ist es auch gut möglich, dass sich die künftige Entwicklung je nach Autobank und der jeweiligen Marktregion – zum Teil stark – unterscheiden wird“, meint Pfeifle.

Vier mögliche Szenarien der Entwicklung bis ins Jahr 2030 hat das Beratungsunternehmen Deloitte gemeinsam mit den Autobanken entwickelt. Dabei lauteten die beiden Kernfragen: „Inwieweit wird sich die globale Marktlandschaft an Mobilitätsanbietern konsolidieren? Und werden Autobanken im Jahr 2030 Vermögenswerte, sprich finanzierte Fahrzeuge, noch in ihrer Bilanz stehen haben oder wird regulatorischer Druck die Unternehmen dazu zwingen, die Vermögenswerte an Dritte, beispielsweise Versicherer, zu veräußern?“

Dementsprechend unterscheiden sich die Szenarien deutlich. So wäre es etwa möglich, dass die Autobanken künftig einen Großteil der Einnahmen der Autohersteller beisteuern, indem sie sowohl finanzieren als auch mehr Mobilitätsdienstleistungen anbieten.

Genauso wäre es denkbar, dass sie zwar bei den Mobilitätsangeboten wachsen, aber weniger finanzieren – oder sogar ihr Geschäftsmodell dahingehend ändern, dass sie selbst Kredite oder Leasing nicht mehr auf die Bilanz nehmen, sondern an Investoren weiterreichen.

Klar ist, dass eine große Veränderung auf die Autobanken zukommt, sollte sich das Thema Elektromobilität in den kommenden Jahren tatsächlich so durchsetzen, wie es die Politik erwartet. Zwar hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ihr einstiges Ziel von einer Million Elektroautos auf deutschen Straßen bis ins Jahr 2020 längst wieder einkassiert.

Elektromobilität lässt Bedeutung der Autobanken noch wachsen

Bescheidene 9.000 Neuzulassungen an Elektro- und Hybridfahrzeugen waren es lediglich im ersten Quartal dieses Jahres in Deutschland. Neben Lieferengpässen sieht Christoph Stürmer einen weiteren wichtigen Grund dafür. „Gerade die Avantgarde-Kunden dürften im Moment noch abwarten, weil zahlreiche neue Modelle der Premiumhersteller angekündigt worden sind“, beobachtet der Auto-Experte vom Berater PwC. Mittelfristig dürften somit weitaus mehr Stromer auf die Straße rollen.

Womit auch das Aufgabengebiet der Autobanken ein weiteres Mal wächst. Das liegt auch an den spezifischen Eigenschaften von Elektroautos: Bei ihnen macht die Batterie rund ein Drittel der Herstellungskosten des gesamten Fahrzeugs aus – und damit weit mehr als beim Verbrennungsmotor.

Da Elektroautos preislich generell schon weit über dem Niveau von Benzinern oder Dieseln liegen und die Gefahr fallender Restwerte sehr viel größer ist, dürften sich noch mehr Kunden als bisher beim Kauf für eine Finanzierung oder ein Leasing-Modell entscheiden.

Um die monatlichen Raten für den Kunden auf halbwegs verträglichem Niveau zu halten, trennen Hersteller wie Renault schon jetzt die Raten für das Auto von denen für die Batterie. Andere Hersteller dürften in Zukunft in eine ähnliche Richtung gehen. „Mit einem separaten Batterieleasing können bei Neuerungen die Batterie ausgetauscht und die Restwerte für das Auto trotzdem hochgehalten werden“, erwartet Joachim Häcker. Der Professor am Deutschen Institut für Corporate Finance beschäftigt sich seit vielen Jahren mit dem Geschäftsmodell der Autobanken.

Daneben könnten die Autobanken von einer technischen Besonderheit profitieren, wie es in der Branche heißt. Denkbar ist es demnach, dass Akkus immer in der stärksten Variante verbaut werden, ihre Kapazität aber per Software begrenzt ist. Wer mehr bezahlt, bekommt auch mehr Leistung freigeschaltet. Die Abrechnung erfolgt über die Bank.

Der amerikanische Elektro-Pionier Tesla hat bereits ein solches Bezahlmodell. Und es mehren sich die Gerüchte, dass es auch den Käufern des „e-tron“ – den SUV mit Elektroantrieb von Audi, der Ende August präsentiert werden soll – als Finanzierungsvariante angeboten werden könnte.

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