Elektroautos als Dienstwagen Hoffnungsträger mit Startproblemen

Flottenmanager beklagen die geringe Auswahl an passenden Fahrzeugen.
Köln Bei Gastrofix hat die Verkehrswende schon begonnen. Der Anbieter von cloudbasierten Kassensystemen für die Gastronomie stellt seine Vertriebsflotte in Deutschland und Österreich auf E-Mobilität um. Auslöser für die Umstellung: der Abgasskandal. „Wenn es zu Diesel-Fahrverboten in Innenstädten kommt, können unsere Vertriebler ihre Termine nicht mehr wahrnehmen“, sagt Stefan Brehm. Er ist Vertriebs- und Marketing-Geschäftsführer bei Gastrofix und verantwortlich für den Fuhrpark.
Im vergangenen Jahr schaffte Brehm den ersten BMW i3 an, mittlerweile sind bereits sieben der 24 Fahrzeuge in Deutschland und Österreich Elektroautos. Wenn 2019 die letzten bestehenden Leasingverträge auslaufen, sollen alle elektrisch fahren. Schon jetzt bewähren sich die neuen Fahrzeuge: „Das Netz an Ladesäulen in Großstädten ist passabel“, sagt Brehm. Die Ladezeit an der Schnellladesäule von rund einer Dreiviertelstunde sei gut in den Arbeitsalltag einzuplanen. Auch die Reichweite von 200 Kilometern genüge für die meisten Routen.
Ob bei Mittelständlern wie Gastrofix oder bei Konzernen: Zunehmend entscheiden sich Flottenmanager gegen Dieselfahrzeuge, wie das Marktforschungs- und Beratungsinstitut Dataforce unter Berufung auf Daten des Kraftfahrt-Bundesamts (KBA) berichtet. Demnach sank der Dieselanteil bei Neuzulassungen im relevanten Flottenmarkt im August auf 66,9 Prozent. Das sind 4,5 Prozentpunkte weniger als im Vorjahreszeitraum. Im August 2015 lag der Dieselanteil noch bei 74,3 Prozent.
Drohende Fahrverbote infolge der Manipulationen von Abgaswerten sind dabei nur ein Grund für die Dieselflucht. Die Unternehmen sorgen sich zudem um die sinkenden Wiederverkaufswerte gebrauchter Fahrzeuge. Das spiegelt sich auch beim Leasing wider: Viele Anbieter haben die Raten für Dieselfahrzeuge angehoben – weil sie mit geringeren Restwerten kalkulieren müssen.
Angesichts dieser Unsicherheiten setzen Unternehmen vorerst wieder verstärkt auf den Ottomotor. Fast jeder vierte Flottenmanager geht davon aus, dass er demnächst mehr Benziner anschaffen wird. Das hat eine Dataforce-Umfrage unter 1.700 Flottenmanagern ergeben. Weitere 55 Prozent sind unentschlossen. „Kurzfristig wird mangels Alternative der Benziner die Lücke im Fuhrpark schließen“, sagt Stefan Behringer, Senior Account Manager bei Dataforce.
Viele Unternehmen stellt das indes vor ein Problem. Denn: Autos mit Ottomotor stoßen bei vergleichbarer Leistung mehr CO2 aus als Dieselfahrzeuge – und gefährden so selbst gesetzte Klimaziele. Hinzu kommt, dass gerade auch mit der Diskussion um Abgaswerte die Umweltbilanz von Flotten verstärkt in den Fokus rückt. Behringer ist deswegen davon überzeugt, dass die steigende Nachfrage nach Benzinern nur ein Intermezzo ist: „Das Elektroauto wird Diesel und auch Benziner als bevorzugtes Flottenfahrzeug schrittweise ablösen.“
Vorbild Norwegen
Bis dahin ist es indes noch ein weiter Weg. Erst in jedem zehnten deutschen Fuhrpark findet sich aktuell ein Elektroauto, ergab eine Befragung von Arval. Im eigenen Bestand des markenunabhängigen Leasinganbieters ist der Anteil sogar noch geringer: Gerade einmal 30 der 70.000 Fahrzeuge fahren ausschließlich mit Strom. „Die Nachfrage für das Leasing von E-Flotten fehlt noch“, sagt Christian Schüßler, Vertriebsdirektor Deutschland bei Arval. „Dennoch sind wir dabei, angesichts drohender Fahrverbote für Diesel Alternativen zu schaffen.“ Er rechnet damit, dass der E-Auto-Anteil bei seinen Kunden innerhalb von fünf Jahren auf zehn Prozent steigt.
Erfahrungen im Umgang mit größeren E-Flotten – etwa mit Blick auf das Schadensmanagement – will das Unternehmen nun in einer neuen Niederlassung in Norwegen sammeln. Staatliche Förderungen haben dort dafür gesorgt, dass rund ein Viertel der neu angemeldeten Autos batteriegetrieben ist. „Wir wollen schnellstmöglich alle Dienstleistungen, die wir rund um den Diesel anbieten, auch für das E-Auto anbieten“, sagt Schüßler.
Ein Bremsklotz bei der E-Mobilität ist noch der hohe Anschaffungspreis – der vor allem auf die Batterien zurückzuführen ist. Weil diese nun aber in immer höheren Stückzahlen produziert werden, erwarten Branchenbeobachter einen schnellen Preisverfall. „Schon ab 2020 werden Diesel und Elektromodelle bei den Kosten gleichauf liegen“, sagt Thomas Göttle von der Unternehmensberatung PA Consulting.
So lange warten wollte Vattenfall Deutschland schon aus Imagegründen nicht. 15 Prozent der 1.100 Flottenfahrzeuge des Stromkonzerns fahren bereits batteriegetrieben. Mit auslaufenden Leasingverträgen sollen auch die übrigen Benziner und Diesel bis 2021 durch E-Autos oder Hybride ersetzt werden. Dafür nimmt der Konzern höhere Kosten in Kauf. Die Leasingraten im Full-Service-Leasing für E-Autos lägen um zehn bis 15 Prozent höher als die von vergleichbaren Dieseln, sagt Gernot Krieger, Leiter Real Estate und Facility-Management Germany bei Vattenfall.
Mehrkosten entstehen zudem für Installation und Anschluss von Ladestationen, die mit 2.500 bis 5.000 Euro zu Buche schlagen. „Außerdem müssen für große Flotten die bestehenden Hausanschlüsse dem steigenden Strombedarf angepasst und entsprechend verstärkt werden. Das wird bei der Umrüstung von Firmenflotten auf E-Mobilität oft nicht sofort berücksichtigt“, sagt Krieger.
Fehlende Vielfalt
Außer höheren Kosten sehen sich Unternehmen beim Schwenk auf E-Autos noch einem viel banaleren Problem gegenüber. „Autobauer bieten noch nicht die Modellvielfalt, um alle ihre Anforderungen zu erfüllen“, sagt Dataforce-Experte Behringer. Prominent ist das Beispiel der Deutschen Post, die sich bei Autoherstellern vergeblich nach elektrischen Transportern erkundigt hatte. Weil niemand liefern konnte, kaufte der Logistikkonzern 2014 kurzerhand das Aachener Start-up Streetscooter – und baut nun eigene E-Autos.
Etwas besser ist die Situation zwar bei Pkws, die als Poolfahrzeug etwa für Außendienstler oder als persönlicher Dienstwagen infrage kommen. Doch verglichen mit den Benzinern und Dieseln klaffen noch riesige Lücken im Angebot großer Hersteller. Immerhin: Bis 2022 will beispielsweise Daimler jedes Modell auch als E-Variante anbieten. Bei Volkswagen soll es im Jahr 2030 so weit sein.
Stefan Brehm von Gastrofix wünscht sich indes schon jetzt eine größere Auswahl. Zwar komme die Elektrifizierung der Flotte gerade bei jungen Mitarbeitern im Unternehmen gut an. Doch: „Viele Modelle sind einfach zu klein. Im Wettbewerb um die besten Kräfte kann ich damit begehrte Fachkräfte kaum locken.“ Ausgebremst werden Vorreiter wie Gastrofix zudem von langen Lieferzeiten: „Wir rechnen mit einer Wartezeit von drei bis sechs Monaten pro E-Auto“, sagt Brehm.
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