Klimaschutz für Firmenflotten Wie der Abschied vom Diesel-Dienstwagen gelingt
Köln Als erster Mitarbeiter im Unternehmen ist Wolfgang Stenger im Dezember von einem größeren Mittelklassewagen auf ein Elektroauto umgestiegen. Täglich pendelt er zum 60 Kilometer entfernt gelegenen Arbeitsplatz, im Stich gelassen hat ihn der E-Golf dabei nie.
„Auch für den alltäglichen privaten Bedarf reicht das Fahrzeug vollkommen aus“, sagt Stenger, der im Norden von München wohnt. „Ich komme damit ohne Schwierigkeiten in die Innenstadt, nach Augsburg oder Ingolstadt und wieder zurück.“
Stengers Erfahrungen haben großes Gewicht – denn er ist Mobilitätsmanager beim Pharmaunternehmen MSD Deutschland, einer Tochter des US-Konzerns Merck & Co. Derzeit hole er Offerten von Leasinganbietern ein.
Das Ziel: Elektroautos sollen künftig fester Bestandteil des Dienstwagenkatalogs sein. „Ich habe schon etliche Anfragen von Kollegen“, sagt Stenger. „Das Interesse ist da.“ Die Chancen, dass es nun schnell gehe, stünden gut. Bis Ende des Jahres soll die Car-Policy des Unternehmens überarbeitet werden.
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Ein Grund für die Eile: Bei den knapp 900 Fahrzeugen in der Flotte handelt es sich bisher fast nur um solche mit Dieselmotoren – und deren Ruf hat seit dem Abgasskandal deutlich gelitten. Doch einen Wechsel hin zu Benzinern will das Unternehmen vermeiden: einerseits aus Kostengründen, andererseits aber auch aus Umweltgesichtspunkten. Schließlich rühmt sich das Unternehmen damit, den jährlichen CO2-Ausstoß seiner Flotte um 400 Tonnen gegenüber 2016 gesenkt zu haben.
Richtlinien prüfen
Wie MSD stellen derzeit Unternehmen reihenweise ihre Dienstwagenrichtlinien auf den Prüfstand, wie das aktuelle CVO-Fuhrpark-Barometer des Leasinganbieters Arval zeigt. Demnach erwartet jeder vierte befragte Flottenmanager in Deutschland, dass die Dieseldebatte die Car-Policy seines Unternehmens beeinflusst. Die häufigste Reaktion in dieser Gruppe: 65 Prozent wollen zu alternativen Motoren wechseln.
Ein wichtiger Grund dafür ist, dass sich Unternehmen unter dem Schlagwort Corporate Social Responsibility (CSR) verstärkt mit Nachhaltigkeit auseinandersetzen. „Viele Unternehmen haben sich Ziele zur CO2-Reduktion gesetzt“, sagt Jörg Löffler, Chef des zum Tüv Süd gehörenden Flottendienstleisters Fleetcompany. „Bei Firmen ohne Produktionsstätten ist der Fuhrpark da mitunter sogar der wichtigste Hebel.“ Ein Wechsel zu Benzinern, die beim CO2-Ausstoß schlechter als Diesel abschneiden, würde die Bemühungen aushebeln.
Noch ein zweiter Effekt könnte den Elektroautos in Flotten Schub verleihen. Seit Anfang September ist für neu zugelassene Fahrzeuge das Testverfahren WLTP verpflichtend, das für realistischere Abgasmesswerte sorgen soll. Für ein und dasselbe Fahrzeugmodell können damit bald deutliche höhere Emissionen ausgewiesen werden. Um beim Status quo zu bleiben, müssten Unternehmen also interne CO2-Grenzen für Dienstwagen erhöhen – zumindest auf dem Papier ein Rückschritt.
„Durch die neue WLTP-Systematik gerät die Fahrzeugbeschaffung in vielen Unternehmen nun durcheinander“, sagt Katharina Schmidt, Leiterin der Beratungseinheit von Arval. „Ich vermute, dass nur die Hälfte der Unternehmen tatsächlich die CO2-Obergrenzen nach oben korrigiert.“ Die andere Hälfte werde auf noch sparsamere Verbrenner setzen – oder auf alternative Antriebe wie E-Fahrzeuge. „Die Anfragen dazu haben stark zugenommen.“
Der Wechsel ist auch im Sinne der Fahrzeughersteller. Sie müssen die durchschnittlichen CO2-Emissionen von Neuwagen bis 2021 auf höchstens 95 Gramm pro Kilometer reduzieren, gemessen am alten Abgasprüfverfahren. Sonst drohen Milliardenstrafen.
Zuletzt kletterte der durchschnittliche CO2-Ausstoß von neu zugelassenen Pkws in Deutschland laut Center of Automotive Management (CAM) aber wegen des sinkenden Dieselanteils sogar auf 127,9 Gramm.
Über ihre Leasingtöchter wollen die Hersteller deshalb den Markt für E-Autos stimulieren, so Löffler. „Gemessen daran, dass Restwerte bei Elektroautos noch völlig unklar sind, sind die Leasingraten auffällig günstig.“ Typischerweise werden Leasingfahrzeuge nach drei bis vier Jahren weiterverkauft. Vom Wiederverkaufspreis hängt stark ab, wie teuer die Miete für Firmen ist.
Viele Experten erwarten, dass deswegen auch das Leasing von Dieselautos teurer wird – schließlich entwickeln sich diese im Gebrauchtwagenhandel zu Ladenhütern. „Je nachdem, wie hoch die Steigerung ausfällt, werden E-Autos im Verhältnis auch unter wirtschaftlichen Aspekten attraktiver“, sagt Löffler.
Aus Sicht von Mitarbeitern dürften E-Autos bald viel interessanter werden. Die Bundesregierung plant für Anfang 2019 Steuererleichterungen. Statt ein Prozent des Listenpreises müssen Arbeitnehmer, die Firmenwagen privat nutzen und kein Fahrtenbuch führen, dann 0,5 Prozent als geldwerten Vorteil versteuern. „Die Einsparungen sind erheblich“, sagt Arval-Beraterin Schmidt. „Die Nachfrage von Dienstwagenberechtigten wird damit deutlich steigen.“
Die eingeschränkte Auswahl und der Preis bremsen die Begeisterung für E-Autos von Flottenmanagern. „Es gibt derzeit schlichtweg für große Teile unserer Flotte keine passenden Modelle auf dem Markt“, sagt etwa Uwe Bahr, beim Lübecker Medizin- und Sicherheitstechnikanbieter Dräger für den Fuhrpark verantwortlich.
Dabei ist das Unternehmen gegenüber der E-Mobilität grundsätzlich aufgeschlossen: Der gesamte Vorstand fährt inzwischen Tesla-Fahrzeuge – der Vorsitzende Stefan Dräger verleiht seinen Wagen sogar über das Wochenende an Mitarbeiter.
Die meisten der 1300 Fahrzeuge des Unternehmens nutzen indes Servicetechniker und Monteure – sowohl für dienstliche Fahrten als auch privat. Doch elektrische Kombis mit einem ausreichenden Ladevolumen werden laut Bahr noch nicht angeboten. „So lange nutzen wir weiterhin den Diesel.“
Dabei setzt das Unternehmen Anreize zur sparsamen Motorisierung: Überschreiten Mitarbeiter bei der Fahrzeugwahl bestimmte Motorleistungen, müssen sie zuzahlen. Zusätzlich soll eine genaue Aufschlüsselung des tatsächlichen Verbrauchs im Vergleich zu Mitarbeitern mit ähnlichen Dienstwagen zu einem sparsamen Fahrverhalten animieren.
Allein auf E-Autos setzt auch Stenger nicht. Der Flottenmanager von MSD lässt derzeit von Experten eines Fraunhofer-Instituts das Mobilitätsverhalten im Unternehmen erforschen. Dabei soll es nicht nur um den künftigen Mix von Antrieben gehen. „Die Frage ist, ob es überhaupt einen Dienstwagen für jeden Mitarbeiter braucht“, sagt Stenger. Mit Mobilitätsbudgets und Carsharing existierten Alternativen, die für viele junge Kollegen mit einer Wohnung in der Innenstadt sogar attraktiver seien.
Auch die Idee von Firmenrädern hat MSD schon realisiert: Unabhängig vom Dienstwagenanspruch können Mitarbeiter seit Mai 2017 über das Unternehmen Räder leasen – bestellt wurden bereits über 400 Stück.
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Herr Wolfgang Stenger und der Autor des Artikels vergessen, dass für die Produktion eines großen Autoakkus soviel CO2 entsteht, dass das Elektroauto 6 Jahre mit reinem Ökostrom fahren müsste, um die CO2-Bilanz eines Dieselautos (Produktion und Dieselverbrauch) zu unterschreiten. Da aber der aktuelle Strommix in Deutschland auch Kohle und Gas enthält, liegt dieser Break Even Punkt noch später. Lokal in München werden die Emissionen verbessert, ja. Aber das CO2 kommt dann 200km weiter aus einem Kraftwerkschornstein, bzw. aus der Akku-Fabrik. Es ist Augenwischerei, wenn man denkt, damit den Planeten zu verbessern. Aber gut fürs grüne Gewissen und die jährlich (zumindest auf dem Papier) sinkende CO2-Bilanz des Unternehmens, was man dann werbewirksam promoten kann.
Die Grenzwerte für Stickstoffdioxid sind wissenschaftlich fundiert durch keine Studie zu rechtfertigen. Wer heute ein Elektroauto kauft, gehört zu den größten Umweltsündern überhaupt. Nicht nur, dass bei der Herstellung der Batterien enorme Mengen an CO2 freigesetzt werden, auch der "getankte" Strom kommt größtenteils aus Kohle- und Atomkraftwerken. EU und deutsche Politiker haben ganz offensichtlich NULL Ahnung, was die tatsächlichen Fakten angeht. Wir steuern in eine nie dagewesene Abhängigkeit von Rohstoffen zu, die von China kontrolliert werden. Das ist wirtschaftspolitisch eine der größten Dummheiten der Geschichte.
Mich wundert ja, dass BMW einen 3er präsentiert und dieser zu Beginn ausschließlich als Diesel oder Benziner erhältlich ist, aber kein Hybrid. Die Umstellung wäre deutlich einfacher als mit reinen E-Autos.