Erst in den kommenden Wochen und Monaten wird es sich entscheiden, ob der Drogerieriese Schlecker es schafft, eine völlige Pleite und das Aus für die rund 30.000 Mitarbeiter in Deutschland abzuwenden.
Die Spitze von Deutschlands bislang größtem Drogeriekonzern Schlecker muss Überzeugungsarbeit leisten. Gelingt es der Familie und dem Management, die Gläubiger von einem Insolvenzplan zu überzeugen? Wie geht es weiter?
Schlecker hat den Antrag auf eine Planinsolvenz beim zuständigen Amtsgericht Ulm eingereicht. Das Verfahren ähnelt dem amerikanischen sogenannten Chapter 11, mit dessen Hilfe sich dortige Unternehmen in weitgehender Eigenregie sanieren, um als Firma erhalten zu bleiben. Noch äußert sich Schlecker nicht dazu, wie ein solcher Plan genau aussehen könnte.
Es ist davon auszugehen, dass noch weit mehr Filialen als geplant geschlossen werden. Bislang sollte dieser Prozess Ende des ersten Quartals abgeschlossen sein - mit mehreren hundert weiteren dichtgemachten Läden, weit über 1000 seit Anfang des vergangenen Jahres. Zudem werden die Beschäftigten Federn lassen müssen.
Schlecker selbst hat eine ausgefallene „Zwischenfinanzierung“ als Ursache für die Insolvenz genannt. Nach übereinstimmenden Berichten verschiedener Medien und dpa-Informationen ging es um Zahlungen an den Einkaufsverbund Markant. Dieser und andere Gläubiger müssen also dem Sanierungskonzept Vertrauen schenken, so dass frische Ware in die Läden kommt.
Meike und Lars Schlecker hatten im Dezember erklärt, es habe bereits „die eine oder andere Vereinbarung“ mit Banken gegeben. Um Investoren zu finden, hat die Drogeriekette angeblich den Ex-Edeka-Chef Alfons Frenk engagiert. Schlecker bestätigte Verhandlungen über einen Einstieg von Finanzinvestoren nicht, über die das „Manager Magazin“ berichtet hatte.
Bislang hat Schlecker allen Filialschließungen zum Trotz keine betriebsbedingten Kündigungen ausgesprochen. Das Management verlängerte Zeitverträge nicht oder besetzte frei werdende Stellen nicht neu. Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi bestätigt das, fordert jetzt aber vollen Einsatz für die allein in Deutschland rund 30.000 Beschäftigten.
Eigentlich gilt bis Mitte 2012 ein Beschäftigungssicherungsvertrag - Mitarbeiter können nur gegen eine entsprechende Abfindung ausscheiden. Zumindest die Gehälter sind durch das Insolvenzausfallgeld für die ersten drei Monate des Verfahrens gesichert.
Zum Beispiel die Modekette Sinn Leffers oder den Fall Karstadt. Bei Sinn Leffers waren allerdings harte Einschnitte nötig: nur 25 von 47 Standorten blieben erhalten, rund 1300 Jobs wurden gestrichen. In Baden-Württemberg hat der Modelleisenbahnhersteller Märklin es geschafft, sich dank eines Plans aus der Insolvenz zu verabschieden. Das war aber auch nur möglich, weil sich die wichtigsten Gläubiger darauf einigten, einen Teil ihrer Forderungen in Millionenhöhe erst später beglichen zu bekommen.
Nur mit einem radikalen Imagewandel, sagen Branchenexperten. Weg vom Billiganbieter mit Geschäften an jeder Straßenecke, lange Jahre das Erfolgsmodell der Kette. Die größten Konkurrenten DM und Rossmann haben sich seit ihren ebenfalls im Drogerie-Discount-Bereich liegenden Anfängen enorm weiterentwickelt.
Gerade der Karlsruher DM-Konzern hat mit großen, zentral gelegenen Filialen immer mehr Marktanteile hinzugewonnen und ist etwa im Fotobereich sehr beliebt. Zudem hat Schlecker bis heute mit seinem Negativimage zu kämpfen, weil Arbeitnehmerrechte früher wenig galten und sich das Bild in den Köpfen vieler Konsumenten festgesetzt hat.
Die hat Schlecker mit seinem Programm „Fit for Future“ erst sehr spät gestartet. Anfang 2011 wurden die ersten, neu gestalteten Filialen aufgemacht. Sie bieten mehr Bewegungsfreiheit, übersichtliche Regale und ein speziell auf die jeweilige Nachbarschaft abgestimmtes Sortiment.
Rund 30 Prozent Umsatzzuwachs verzeichneten sie nach Angaben von Meike und Lars Schlecker. Bislang gibt es erst rund 300 der neuen Filialen, 750 bis 1000 sollten es in diesem Jahr werden. Das Gros der über 7000 Läden allein in Deutschland sind weiterhin kleine und enge Geschäfte mit geringen Fixkosten, aber auch wenig Umsatz. Hier wollte Schlecker zuletzt wieder über eine Preisoffensive punkten.
Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.
Anton Schlecker haftet mit seinem gesamten Vermögen, da er als Unternehmensform die des Einzekaufmanns (e.K.) gewählt hat. Somit ist auch sein gesamtes Beteiligungsvermögen an den Tochtergesellschafter sowie all sein Privatvermögen von der Insolvenz betroffen. Wenn er bei den Tochtergesellschaften nur der alleinige Anteilseigner ist, greift die bei mehreren Gesellschaftern übliche Einziehungsklausel nicht und die Beteiligung ist voll Teil der Insolvenzmasse. - Einen Konzern in dieser Konstellation in die Insolvenz zu führen muss aus fachlicher Sicht sehr verwundern. Ein vergleichbarer Fall in dieser Größenordnung ist mir nicht bekannt.
Manfred Stölzl, München
"Die vorläufige Insolvenzverwaltung wurde über Anton Schlecker, Inhaber der Anton Schlecker e.K. angeordnet." Da wirft sich bei mir die Frage auf: Wieviel von seinem Vermögen hat Anton Schlecker bereits an seine Kinder vererbt, und ist somit außerhalb der Insolvenzmasse?
Anton Schlecker ist doch mit allen Wassern gewaschen. Der wird sich nicht das letzte Hemd pfänden lassen.
@Joerg_Meyer Herzlichen Dank für den Hinweis, die Schreibweise ist korrigiert. Redaktion Handelsblatt Online
Wenn hier von "Muttergesellschaft" die Rede ist, ist das irreführend. Die vorläufige Insolvenzverwaltung wurde über Anton Schlecker, Inhaber der Anton Schlecker e.K. angeordnet. Dies ist keine Gesellschaft sondern Herr Schlecker selbst. Das heißt, das nicht zwischen Vermögen des Unternehmens und dem Privatvermögen unterschieden wird. Das gesamte Vermögen von Anton Schlecker fällt in die Insolvenzmasse. Der vorläufige Insolvenzverwalter wird sicher daher ganz genau überlegen, ob nicht die Verwertung des Vermögens für die Gläubiger die bessere Alternative darstellt und einer Planinsolvenz vorzuziehen ist.
Der Amtsrichter, liebe Kolleginnenn und Kollegen vom Handelsblatt, heißt Benjamin Webel, nicht Wedel.
So ...so...so...
Das war mal wieder sehr viel an Neuem...
so...so...so....da ist man doch gleich viel klüger....gelle...
Einem Gerichtssprecher zufolge muss Geiwitz jetzt eine Bestandsaufnahme machen, "was an Schulden und Aktiva da ist".
Das würde mich auch interessieren, "was an Schulden und Aktiva da ist". Denn laut manager magazin (Spezialausgabe Oktober 2011) verfügt die Familie Anton Schlecker über ein Gesamtvermögen von ca 1,95 Mrd. € Wieviel sind davon haftendes Privatkapital, wo sind die Milliarden von Anton Schlecker?
Der schreibt sich "Schneyder". Zudem ist er kein "Komiker", sondern Kabarettist. Komiker gibt es viele, derzeit auch in der Politik, gute Kabarettisten leider nicht mehr!
Werner Schneider: Das ist doch der Komiker! :-)