Aufstieg der Controller: Warum Pfennigfuchser an die Konzernspitze rücken
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Aufstieg der ControllerWarum Pfennigfuchser an die Konzernspitze rücken
Paul Achleitner hat es vom Finanzvorstand bei der Allianz zum Chefaufseher der Deutschen Bank geschafft. Lanxess hat einen Finanzmann an der Vorstandspitze. Kein Zufall – denn „Pfennigfuchser“ ist kein Schimpfwort mehr.
Vom Buchhalter im Hinterzimmer zum Firmenlenker an vorderster Front – der rasante Aufstieg des Finanzvorstands übertrifft die Entwicklung aller anderen Funktionen im Unternehmen. Mit ihrem Zugang zu jedem Detail des Geschäfts haben CFOs mittlerweile einen Einfluss, den sonst nur Vorstandschefs erreichen. Vom entscheidenden Kontakt zu den Finanzmärkte bis zur wachsenden Bedeutung datengetriebener Entscheidungen – in jedem Entwicklungsschritt eines modernen Unternehmens erweisen sich die Fähigkeiten von Finanzvorständen als zeitgemäß.
Die Breite an Erfahrungen, die Finanzvorständen auf ihrem Weg nach oben sammeln, macht sie zum gefragten Rohstoff für zahlreiche Funktionen außerhalb der Finanzabteilung. Mehr als die Hälfte der extern berufenen Finanzvorstände der größten Unternehmen der USA werden aus einer anderen Branche berufen – ein weiteres Zeichen für ihre Vielseitigkeit. Vorstandschefs werden nur zu einem Viertel in einer anderen Branche abgeworben.
Die Zahl der Finanzvorstände, die an die Vorstandsspitze rücken, wächst kontinuierlich – oft, nachdem sie vorher eine Region oder wichtige Abteilung verantwortet haben. Ehemalige Finanzchefs gehören zum gewohnten Bild als Mitglieder von Verwaltungsräten. Es wächst also die Wahrscheinlichkeit, dass hochrangige Manager auf dem Weg nach oben auf der Karriereleiter Zeit als Finanzer verbracht haben.
Vom Finanzvorstand zum Chef – bekannte Beispiele
War zwölf Jahre lang der Finanzvorstand der Allianz. Wechselte 2012 zur Deutschen Bank – und wurde dort Aufsichtsratsvorsitzender.
Arbeitete sich bei Siemens langsam nach oben. Betreute die Finanzen zweier US-Töchter von Siemens, bevor er 2006 Leiter der Unternehmensfinanzen im Vorstand wurde. 2013 gelang ihm dann der Sprung an die Spitze von Siemens: Der Aufsichtsrat wählte ihn zum neuen Vorstandsvorsitzenden von Siemens.
Fing als Finanzvorstand bei Aventis Pharma, dem Hoechst-Nachfolger, an. Wechselte zu Kamps, später zu Bayer. Dort wurde er 2004 CFO der ausgelagerten Lanxess AG. Ging nach sieben Jahren zu Merck, ebenfalls als Finanzvorstand, bevor Lanxess ihn 2014 zurückholte – als neuen Vorstandsvorsitzenden.
Übernahm 2003 die Leitung der Bereiche Finanz und Organisation bei Audi. Vier Jahre später wurde er Chef des Autokonzerns. Führte bis August 2007 aber trotzdem die Finanzgeschäfte weiter.
Kümmerte sich schon 1985 um die Finanzen von BASF. Wechselte 1998 nach einem Intermezzo bei Bosch zurück zu BASF, betreute dort als CFO die US-Tochter. 2003 übernahm er als Vorstand die Finanzen des gesamten Konzerns. Seit 2011 ist er Chef des Chemieriesens.
Arbeitete schon bei Daimler 1994 im Bereich Finanzen. Wurde dann 2009 Finanzvorstand von Metro. Seit 2012 ist er der Vorstandsvorsitzende des Handelskonzerns.
Folglich gewinnt die methodische und datengetriebene Entscheidungsfindung an Befürwortern – das Interesse an der „Bauchgefühl“-Lehre des Managements schwindet. „Pfennigfuchser“ galt einst als Schimpfwort, aber mit dem exponentiellen Wachstum der Menge und Geschwindigkeit von Daten wird es zur Auszeichnung. Denn Firmen, die versuchen, die Erkenntnisse der Daten zu nutzen, werden sich unweigerlich Ratschlag suchend an die Finanzvorstände wenden und deren Status weiter aufwerten.
Was bringt daher die Zukunft dem Finanzvorstand? Finanzchefs reden heutzutage offener über ihre Ambitionen, nicht zuletzt auch, da nur Medien und Investoren größeres Interesse an ihren Sehnsüchten zeigen angesichts ihrer entscheidenden Rolle für den Erfolg einer Firma.
„Es ist mir heute relative egal, ob ich eine Finanz- oder Vertriebsaufgabe wahrnehme“, sagt Jim Buckle, Finanzvorstand des britischen Online-Sporthändlers Wiggle. „Es geht darum, interessante Möglichkeiten in interessanten Geschäften zu finden.“ Viele junge Buchhalter, Wirtschaftsprüfer oder Controller, die gerade anfangen, sehen die Rolle CFO als die Spitze der Entwicklung auf der Karriereleiter im Finanzwesen. „Sie starten die Karriere mit dieser Zielvorstellung, aber was tatsächlich geschieht, ist, dass es viel mehr Möglichkeiten jenseits dieses Ziels gibt, als es sie einmal gab“, sagt Suzzane Wood von der Personalberatung Russell Reynolds.
1 Kommentar zu "Aufstieg der Controller: Warum Pfennigfuchser an die Konzernspitze rücken"
Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.
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Pfennigfuchser zu sein, muss ja nicht unbedingt eine negative Eigenschaft sein.
Nur leider schreiben die wenigsten Journalisten, dass in vielen Unternehmen genau diese Pfennigfuchser an der Konzernspitze eine unverfrorene Doppelmoral ausleben. Neben opulente Besprechungsmenüs muss es immer das neuste Smartphone sein, penibel wird jeder "Micro-Cent" über die Kostenabrechnungen durch Chefsekretärin auf das eigene Bankkonto überwiesen, während man sich gegenüber der Belegschaft über so ein Verhalten naserümpfend und belehrend hinstellt und sagt:
"WIR müssen sparen..."
Allerdings ist gemeint "IHR müsst sparen!"
In deutschen Konzernzentralen findet man kaum noch authentische und ehrbare Kaufleute vom alten Schlag: Kaufleute, die Vorbilder sind.
Kaufleute, die sich Projekte vor- und durchrechnen lassen. Die ihren Blendern aus der zweiten Reihe auf die Finger schauen. Wenn die Break-even nicht eintritt, gibt es kaum Konsequenzen. Das Geld der Aktionäre wird schamlos verprasselt. Berater und Beratungsfirmen geben sich täglich die Hand. Millionen werden auch hier verschwendet. Wofür das alles? Weil alle 3-5 Jahre das Rad neu erfunden werden muss?
Ein konsequenter Pfennigfuchser, der Vorbildfunktion hat und diese von seinen intimsten Vorstandskollegen gnadenlos einfordert, ist sicherlich die richtige Besetzung in der Vorstandsetage. Doppelmoralisten, die am laufenden Band Ausnahmen zulassen, gehören ins Spielcasino!
Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.
Pfennigfuchser zu sein, muss ja nicht unbedingt eine negative Eigenschaft sein.
Nur leider schreiben die wenigsten Journalisten, dass in vielen Unternehmen genau diese Pfennigfuchser an der Konzernspitze eine unverfrorene Doppelmoral ausleben. Neben opulente Besprechungsmenüs muss es immer das neuste Smartphone sein, penibel wird jeder "Micro-Cent" über die Kostenabrechnungen durch Chefsekretärin auf das eigene Bankkonto überwiesen, während man sich gegenüber der Belegschaft über so ein Verhalten naserümpfend und belehrend hinstellt und sagt:
"WIR müssen sparen..."
Allerdings ist gemeint "IHR müsst sparen!"
In deutschen Konzernzentralen findet man kaum noch authentische und ehrbare Kaufleute vom alten Schlag: Kaufleute, die Vorbilder sind.
Kaufleute, die sich Projekte vor- und durchrechnen lassen. Die ihren Blendern aus der zweiten Reihe auf die Finger schauen. Wenn die Break-even nicht eintritt, gibt es kaum Konsequenzen. Das Geld der Aktionäre wird schamlos verprasselt. Berater und Beratungsfirmen geben sich täglich die Hand. Millionen werden auch hier verschwendet. Wofür das alles? Weil alle 3-5 Jahre das Rad neu erfunden werden muss?
Ein konsequenter Pfennigfuchser, der Vorbildfunktion hat und diese von seinen intimsten Vorstandskollegen gnadenlos einfordert, ist sicherlich die richtige Besetzung in der Vorstandsetage. Doppelmoralisten, die am laufenden Band Ausnahmen zulassen, gehören ins Spielcasino!