Branchenausblick Schlechte Lage, zaghafte Zuversicht: So blicken die deutschen Unternehmen auf 2020

Trotz Rückgang weit von der Krise entfernt.
Immerhin, nach mehrfach gesenkten Prognosen hielt der Maschinenbau in den vergangenen Monaten an seinen Erwartungen fest, ohne sie ständig neuerlich nach unten revidieren zu müssen. Also gibt es auch hier eine Bodenbildung – wenn auch noch keine solide. Branchenverbandspräsident Carl Martin Welcker bezeichnete die Lage zuletzt als „deutlich weniger desaströs“ als oftmals in der Öffentlichkeit skizziert.
Wie weit der Maschinenbau trotz des weiteren Rückgangs immer noch von einer echten Krise – wie bei der Rezession vor zehn Jahren – entfernt ist, beweist die Zahl der Kurzarbeiter. Sie ist zwar seit dem Frühling von gut 6000 auf rund 15.000 gestiegen. Das ist ein kräftiger Zuwachs um 150 Prozent. Doch in der globalen Finanzkrise vor einem Jahrzehnt waren es fast 200.000 Kurzarbeiter. Solche Zahlen sind weit und breit nicht in Sicht.
Das mit Abstand positivste Bild signalisieren die Unternehmen, wenn es um die Beschäftigung geht. Nur 14 der 48 befragten Verbände gehen davon aus, dass sie 2020 weniger Mitarbeiter haben werden als 2019. Das gilt im Dienstleistungssektor für die Banken, Sparkassen und Volksbanken sowie die Versicherungswirtschaft.
Bei den großen Industriezweigen rechnen die Maschinen- und Automobilbauer mit Personalkürzungen. Bei den Autobauern und Zulieferern bauen fast alle Stellen ab. Volkswagen will bis 2023 an seinen deutschen Standorten weitere 4000 Arbeitsplätze streichen. Sie kommen zu dem bereits seit 2017 laufenden Programm hinzu, wonach in Deutschland 23.000 Stellen bis Ende 2020 wegfallen werden.
Daimler will die Personalkosten um mehr als eine Milliarde Euro senken. In den kommenden Jahren sollen vor allem in Deutschland 10.000 Stellen im Verwaltungsbereich wegfallen. Zwar entstehen gleichzeitig viele neue Stellen, vor allem bei allen Techniken rund ums mobile Fahren und um den Elektroantrieb. Sie können aber die Kürzungen nicht auffangen.
Weltkonjunktur und China belasten
Weite Teile der übrigen Industrie erwarten hingegen ein stabiles Beschäftigungsniveau, darunter die Stahl und Metallverarbeiter, die Chemieproduzenten und die Elektroindustrie. „Von einer echten Krise kann derzeit keine Rede sein“, urteilt Mathieu Meyer, Mitglied der Geschäftsführung beim Wirtschaftsprüfer EY.
Dazu passt, dass die großen börsennotierten Konzerne in Deutschland trotz vieler Ertragswarnungen in den vergangenen Quartalen immer noch glänzend verdienen. Nach einem schwachen ersten Halbjahr haben 17 der 30 Dax-Konzerne im dritten Quartal ihre Gewinne gesteigert, nur bei zehn fielen sie.
Insgesamt verdienten die 30 Unternehmen vor Steuern und Zinsen im dritten Quartal gut 30 Milliarden Euro, das waren 3,5 Prozent mehr als im Vorjahr. Die Umsätze legten sogar doppelt so stark zu – um sieben Prozent.
Allerdings ist es für eine Entwarnung mit Blick auf 2020 zu früh. Dafür bleiben die Rahmenbedingungen zu schwierig: Die Weltkonjunktur wächst so langsam wie seit zehn Jahren und die chinesische Wirtschaft sogar so langsam wie seit 20 Jahren nicht mehr.
Auch wird der bevorstehende Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union die Handelsströme neu ordnen – was noch für viel Unsicherheit bei deutschen Exporteuren führen wird. Zumal immer noch niemand das Austrittsdatum kennt, geschweige denn die Vereinbarungen der künftigen Beziehungen zwischen dem Königreich und dem europäischen Festland.
Unsicherheit ist für die Wirtschaft mindestens genauso schädlich wie negative Tatsachen. Das haben die Lehman-Pleite und die Bankenkrise vor einem Jahrzehnt deutlich gezeigt.
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