CFO des Monats – Johannes Dietsch, Bayer: Der Mann mit der Bären-Umarmung
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CFO des Monats – Johannes Dietsch, BayerDer Mann mit der Bären-Umarmung
Johannes Dietsch spielt als Finanzvorstand von Bayer eine entscheidende Rolle beim Monsanto-Kauf. An den Kapitalmärkten hat er sich großes Vertrauen erarbeitet. Ins Topmanagement schaffte er es ohne Studium.
Vom Azubi zum Finanzvorstand: Johannes Dietsch hat bei Bayer eine mustergültige Karriere hingelegt.
(Foto: imago/sepp spiegl)
Düsseldorf Als die Bayer-Führung im Frühjahr die Offerte für den Saatguthersteller Monsanto beriet, war die Meinung einhellig: Das Angebot muss vom ersten Moment an tiefen Eindruck machen – sowohl beim Management als auch bei den Aktionären des US-Konzerns. Und so entschied sich Bayer für eine Offerte, die Übernahmeexperten als „bear hug“ bezeichnen: die Umarmung eines Bären.
Den packenden Gruß hatte ein stämmig und zugleich gelassen wirkender Mann ausgetüftelt: Johannes Dietsch, seit zwei Jahren Bayers Finanzvorstand. „Hanno“, wie der 54-Jährige intern genannt wird, war neben Vorstandschef Werner Baumann, Agrochemiechef Liam Condon und Aufsichtsratschef Werner Wenning eine der zentralen Figuren in dem Schachspiel, das sich Bayer und Monsanto zwischen Mai und September lieferten.
122 Dollar in bar bei einem Aufschlag von 37 Prozent über dem Kurs – das sollte den Monsanto-Chefs nur wenig Raum für Gegenargumente lassen. Danach, so hatte es Bayer von Beginn an geplant, würde das Angebot nur begrenzt erhöht und zwar in immer kleineren Schritten: Erst drei Dollar mehr, dann 2,50 und zum Schluss noch einen halben Dollar. Die Verhandlungstaktik war erfolgreich. Aus der Umarmung kam Monsanto nicht mehr heraus.
Am 14. September stimmte der Verwaltungsrat der Übernahme zu, und Johannes Dietsch hat sein Meisterwerk abgeliefert. Bei dem Leverkusener Konzern ist er für die Zahlen zuständig. Und die haben es in sich: 66 Milliarden Dollar muss Bayer für den Monsanto-Kauf aufbringen. 1,5 Milliarden Dollar Synergien soll der Deal binnen drei Jahren nach Abschluss schaffen. Mit einem Volumen von 17 Milliarden Euro plant Bayer die größte Kapitalerhöhung, die je ein deutsches Unternehmen gewagt hat. Größere Herausforderungen hat gegenwärtig wohl kein Finanzvorstand der Dax-Riege auf dem Schreibtisch – sieht man mal vom Volkswagen-CFO ab.
Vita Johannes Dietsch
Der 54-Jährige Johannes Dietsch begann mit einer Ausbildung zum Industriekaufmann seine Konzernkarriere. Er war für Bayer in Japan, übernahm 2002 den Bereich Finanzen.
Ab September 2011 führte Dietsch dann Bayer China aus Schanghai. Am 1. Oktober 2014 wurde er zum Finanzvorstand der Bayer AG ernannt. Er ist verheiratet und hat drei Kinder.
Ein Vorteil für Dietsch: Vorstandschef Werner Baumann versteht die Sprache der Kapitalmärkte, in der Dietsch für die Finanzierungswerkzeuge werben muss. Denn Baumann war selbst Finanzvorstand, als Baumann vor zwei Jahren zum Strategiechef aufstieg und damit Kronprinz für die Nachfolge von Marijn Dekkers wurde. Für Dietsch bedeutete der Vorstandsumbau die Rückkehr aus China, wo er drei Jahre lang als Landeschef die Bayer-Geschäfte geführt hatte. Er wurde im Oktober 2014 neuer Finanzvorstand (CFO) des Konzerns.
„Johannes Dietsch hat einen guten Eindruck hinterlassen, nicht nur bei der laufenden Übernahme von Monsanto“, sagt Markus Manns, Portfoliomanager bei Union Investment, einem der 15 größten Investoren von Bayer. In seiner vergleichsweise kurzen Amtszeit hat sich der Bayer-CFO einen guten Ruf am Finanzmarkt erworben. Die Ertragsprognosen gelten unter Analysten als zuverlässig. Dietsch agiere „verbindlich und besonnen“, sagt ein anderer Investor.
In seinen Jahren bei Bayer hatte der Manager sich durch die Finanzabteilungen nach oben gekämpft. Er ist ein typisches Eigengewächs, wie man es bei den Leverkusenern gerne sieht. Genau wie Aufsichtsratschef Werner Wenning schaffte es Dietsch ohne Studium ins Topmanagement. Er machte bis 1984 eine Lehre zum Industriekaufmann bei Bayer, ging nach Japan, übernahm die Leitung des Corporate Centers Finanzen in der 2002 neu geschaffenen Bayer-Holding.
Sein erster großer Job als Bayer-Finanzvorstand war der Börsengang der früheren Kunststoffsparte, die der Pharma- und Chemiekonzern unter dem Namen Covestro im September 2015 abspaltete. Für die Käufer ein lohnendes Geschäft: Der Covestro-Kurs hat sich seit dem Börsengang mehr als verdoppelt.
Dietsch hatte so einen Vertrauensvorschuss, um die Brückenfinanzierung für den Monsanto-Kauf zu stemmen: Er musste den richtigen Mix unter den Banken finden. Sie sollten Kredite in Höhe von mindestens 62 Milliarden Dollar bereitstellen. Bank of America Merrill Lynch, Credit Suisse, HSBC, JP Morgan und Goldman Sachs waren dabei. Dass Goldman Sachs einstieg, war für Bayer wichtig: Die Experten für die Abwehr von Übernahmen konnten so nicht mehr von Monsanto engagiert werden. Nur die Deutsche Bank blieb außen vor – wegen enger Geschäftsbeziehungen zum Rivalen BASF.
Für Offenheit geschätzt
Zugleich stand Dietsch in schwierigen Diskussionen mit Ratingagenturen und eigenen Aktionären. Bei Ersteren ging es um Bayers künftige Kreditwürdigkeit, Letztere mussten vom Monsanto-Deal überzeugt werden. Und so flog er mit CEO Baumann im Mai und Juni nach London, Paris, New York, Boston und Los Angeles und warb bei wichtigen institutionellen Investoren für die Logik der Megaübernahme. Viele folgten, einige sprangen ab.
Dabei kommt Dietsch gelegen, dass er Bayer in allen Facetten kennt und gut in der Organisation verdrahtet ist. Bei seinen Mitarbeitern wird er dafür geschätzt, dass er offen und auf Augenhöhe mit ihnen kommuniziert. Neben allen Finanzfunktionen verantwortet er auch den Einkauf und den Bereich Compliance bei Bayer.
In der heißen Phase der Verhandlungen mit Monsanto musste Dietsch mit seinen Teams Nachtschichten einlegen. Gemeinsam mit den Portfolioexperten aus der Abteilung für Firmenkäufe galt es, nach Einblick in ausgewählte Daten von Monsanto die Werte zu berechnen, die eine weitere Erhöhung der Offerte rechtfertigten.
Große Aufgaben stehen aber in den kommenden Monaten noch bevor. Wenn die Kartellbehörden die Fusion mit Monsanto gestatten, wird Bayer im kommenden Jahr die Finanzmärkte anzapfen wie kaum ein deutsches Unternehmen zuvor. Neue Aktien im Volumen von 19 Milliarden Dollar müssen angepriesen werden. Ist das frische Eigenkapital in der Kasse, werden die Leverkusener mehrere Anleihen am Markt platzieren. Das Volumen könnte bei 25 Milliarden Dollar liegen, schätzen Finanzkreise.
Meistert der Bayer-CFO diesen Job, dürfte ihm eine Gehaltserhöhung winken. 2015 verdiente Dietsch 2,2 Millionen Euro und liegt damit deutlich hinter den Kollegen aus den Finanzressorts anderer großer Dax-Konzerne.
In der Reihe „CFO des Monats“ stellt das Handelsblatt regelmäßig die wichtigsten Finanzmanager vor.
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