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Corona-Impfung Startschuss für die Impfpflicht in den USA – Deutsche Konzerne setzen noch auf Freiwilligkeit

Nach der uneingeschränkten FDA-Zulassung treiben die US-Unternehmen ihre Pläne voran. Mitarbeiter haben kaum noch Chancen, sich gegen die Vorgaben ihres Arbeitgebers zu wehren.
26.08.2021 - 04:12 Uhr Kommentieren
Der US-Konzern will nur noch geimpfte Mitarbeiter in seinen Vergnüngsparks. Quelle: AP
Disney World in Florida

Der US-Konzern will nur noch geimpfte Mitarbeiter in seinen Vergnüngsparks.

(Foto: AP)

New York, Düsseldorf, Frankfurt Es war der Startschuss, auf den viele US-Konzerne gewartet haben: Seit die Arzneimittelbehörde FDA den Corona-Impfstoff von Biontech/Pfizer am Montag vollständig zugelassen hat, kündigen Unternehmen wie Disney World, Walmart, United Airlines oder Goldman Sachs fast im Stundentakt neue Regeln an, die ihren Mitarbeitern vorschreiben, sich impfen lassen. Auch erste deutsche Firmen, die in den USA aktiv sind, prüfen einen solchen Schritt zumindest.

Bisher war die Impfpflicht eine rechtliche Grauzone, weil es sich um eine Notfallzulassung durch die FDA handelte. Mitarbeiter hätten ihre Arbeitgeber mit Klagen überziehen können. Nach der endgültigen Zulassung haben sie damit kaum noch Chancen.

Nun könnten Unternehmen das schaffen, was der Regierung bisher nicht gelungen ist: einen Großteil der Bevölkerung dazu bringen, sich gegen Covid-19 impfen zu lassen und damit die rasante Verbreitung der Delta-Variante einzudämmen. Bisher sind in den USA nur 52 Prozent der gesamten Bevölkerung geimpft. Das reicht bei Weitem nicht für eine Herdenimmunität aus. Wenn sich aber jetzt viele Amerikaner zwischen Impfung und Jobverlust entscheiden müssen, könnte diese Zahl steigen.

Disney World hat sich mit der Gewerkschaft auf das verpflichtende Impfen der 30.000 Mitarbeiter seiner Vergnügungsparks geeinigt. United Airlines verlangt die Impfung mittlerweile von allen Mitarbeitern. Die Apotheken- und Drogeriemarkt-Kette CVS will insgesamt 100.000 Mitarbeitern das Impfen vorschreiben.

Goldman Sachs lässt nur noch Geimpfte in seine Firmengebäude; ebenso die Finanzinstitute Credit Suisse, Morgan Stanley und Citigroup. Bei der Deutschen Bank gilt das laut „Bloomberg“ nur für US-Mitarbeiter auf dem Handelsparkett. Auch beim Telekomriesen AT&T dürfen nur noch Geimpfte die Büros betreten.

Mitarbeiter, die sich nicht impfen lassen, müssen monatlich 200 Dollar mehr für ihre betriebliche Krankenversicherung zahlen. Quelle: AP
Passagiere der US-Airline Delta

Mitarbeiter, die sich nicht impfen lassen, müssen monatlich 200 Dollar mehr für ihre betriebliche Krankenversicherung zahlen.

(Foto: AP)

Delta Air Lines führt zwar noch keine Impfpflicht ein. Aber Vorstandschef Ed Bastian kündigte am Mittwoch an, dass Mitarbeiter, die sich nicht impfen lassen, 200 Dollar mehr für ihre betriebliche Krankenversicherung zahlen müssen.

Deutsche Autobauer zeigen sich zurückhaltend

Auch der Energieriese RWE spielt mit dem Gedanken, eine Impfpflicht für die US-Standorte einzuführen. Das bestätigte der Dax-Konzern auf Anfrage des Handelsblatts. „In den USA führen viele Unternehmen eine Impfpflicht ein. Wir bei RWE setzen generell auf Freiwilligkeit und wollen unsere Beschäftigten zum Impfen motivieren“, sagte ein RWE-Sprecher. Diese ermögliche es, möglichst schnell zu gewohnten Abläufen zurückzukehren. „Natürlich verfolgen wir gleichzeitig sehr genau, wie sich Standards entwickeln in den Ländern, in denen wir Mitarbeitende haben.“

Wann genau eine Entscheidung falle, könne man noch nicht sagen. Vorstandschef Markus Krebber hatte zuvor jedoch bereits klargestellt, dass es eine solche Impfpflicht für die Belegschaft in Deutschland wohl nicht geben werde.

Auch der Chemie- und Pharmakonzern Bayer erwägt laut einem Bericht der „Rheinischen Post“ in den USA eine Impfpflicht für Mitarbeiter. Eine Sprecherin in den USA sagte dazu: „Auch wenn wir zu diesem Zeitpunkt kein Vakzin von unseren Kollegen einfordern, werden wir unsere Regeln und Protokolle kontinuierlich beobachten und den neuesten öffentlichen Gesundheits-Richtlinien, Anforderungen und der Lage der Pandemie anpassen, damit unsere Kollegen sicher sind.“

Der US-Autobauer Ford hat schon heute eine Impfpflicht für Mitarbeiter, die international reisen. Am Mittwoch verschob das Management zudem die Rückkehr ins Büro von Oktober auf Januar und spricht derzeit mit den Gewerkschaften, ob man die Impfpflicht ausweiten soll. „Wir sammeln derzeit Feedback von den Mitarbeitern, um zu verstehen, warum sie sich impfen lassen oder warum nicht“, sagte eine Sprecherin.

Die deutschen Autohersteller äußern sich bisher zurückhaltend zu einer möglichen Impfpflicht in den USA. BMW, Daimler und Volkswagen betreiben dort große eigene Fabriken mit Tausenden von Beschäftigten. Diese liegen vor allem im Süden des Landes, wo sich die Delta-Variante derzeit am schnellsten ausbreitet. Dort gibt es aber auch den größten politischen Widerstand gegen die Vakzine.

„Die Impfung gegen das Coronavirus ist eine private und persönliche Entscheidung jedes Einzelnen“, sagte ein Daimler-Sprecher. Der Stuttgarter Autobauer halte sich dabei an die „gesetzlichen Regelungen und an die nationale Impfstrategie“. Damit dürfte es bei Daimler in den USA nur dann eine Impfpflicht geben, wenn der Staat es per Gesetz vorschreibt. Das wiederum gilt als extrem unwahrscheinlich.

„Im Moment gibt es keine Impfpflicht“, heißt es auch bei BMW. Die Impfkampagne im US-Werk Spartanburg im Bundesstaat South Carolina sei erfolgreich verlaufen, die Impfquote hoch. Sollte es von staatlicher Seite eine Impfpflicht geben, werde der Konzern entsprechend reagieren.

BASF setzt auf Überzeugungsarbeit

„Das ist noch kein Thema“, verlautete in Wolfsburg aus Volkswagen-Konzernkreisen. Eine Impfpflicht für die US-Beschäftigten stehe aktuell nicht zur Diskussion.

Auch beim weltgrößten Chemiekonzern BASF setzt der Vorstand weiterhin auf Überzeugungsarbeit. „Impfen ist der einzige Weg aus der Pandemie. Nach Delta wird es weitere Varianten geben, da sind sich alle Experten einig“, erklärte Michael Heinz, US-Chef des Dax-Konzerns, gegenüber dem Handelsblatt. Dennoch bleibe die Entscheidung freiwillig.

Der Konsumgüterhersteller Henkel plant ebenfalls „gegenwärtig keine Impfpflicht in den USA“ und halte sich bei allen Maßnahmen an die Vorgaben und Empfehlungen der lokalen Gesundheitsbehörden, teilt der Konzern mit.

Die Lufthansa plant nach Angaben eines Sprechers ebenfalls keine direkte Impfpflicht für die Mitarbeiter – weder in den USA noch in Deutschland. Allerdings befinde sich das Management aktuell im Austausch mit den Personalvertretungen über eine Vereinbarung, in der eine Corona-Impfung als Voraussetzung für den Einsatz in den Flugzeugen festgelegt werden solle. Etwas Ähnliches gibt es zum Beispiel schon bei Gelbfieberimpfungen.

Damit will das Management den internationalen Flugbetrieb vorsorglich sichern. Erste Länder verlangen ohnehin, dass Crewmitglieder bei der Einreise in ein Land einen Impfnachweis vorlegen müssen. Das gilt zum Beispiel für Flüge nach Hongkong. Noch sind das nur wenige Ziele. In diesen Fällen verpflichten sich die Crews bisher dazu, selbst dafür zu sorgen, dass alle Vorgaben – also auch ein Impfnachweis – erfüllt sind, bevor der Flug beginnt. Lufthansa selbst prüft ihrerseits, ob alle erforderlichen Reisedokumente vorliegen.

Doch je mehr Länder einen solchen Impfnachweis verlangen, desto schwieriger ist es für eine Netzwerk-Airline mit einem komplexen Flugbetrieb, sicherzustellen, dass wirklich immer alle Vorgaben erfüllt sind. Denn Impfnachweise sind sensible, personenbezogene Gesundheitsdaten, die strengen Datenschutzrichtlinien unterliegen.

Impfpflicht ist in Deutschland kaum möglich

Bei der Tochter Swiss ist man schon etwas weiter. Hier gibt es eine solche Vereinbarung mit den Arbeitnehmervertretern. Swiss hat deshalb ab Mitte November eine Impfpflicht für das gesamte fliegende Personal beschlossen.

Anders als in den USA können Firmen in Deutschland ihre Mitarbeiter nicht dazu zwingen, sich immunisieren zu lassen, weil es bislang keine gesetzliche Impfpflicht gibt. „Das wäre ein unzulässiger Eingriff in die körperliche Unversehrtheit, die vom Grundgesetz geschützt ist“, sagt Arbeitsrechtlerin Inka Müller-Seubert von der Wirtschaftskanzlei CMS Hasche Sigle.

Auch beim Deutschen Gewerkschaftsbund betont man, dass der Arbeitgeber eine solche Impfung grundsätzlich nicht verlangen kann, es sei denn, sie ist gesetzlich für bestimmte Beschäftigtengruppen vorgeschrieben. Dies ist bei der Corona-Schutzimpfung nicht der Fall.

Außer in Gesundheitsberufen dürfen Firmen nicht den Impfstatuts ihrer Mitarbeiter erfassen. Daher können sie keine Maßnahmen gegen diejenigen ergreifen, die nicht geimpft sind oder es nicht vorhaben. Der Arbeitgeber bleibt daher arbeitsvertraglich zur Beschäftigung – mit oder ohne Impfung – verpflichtet. Auch darf es keine Diskriminierung im Arbeitsverhältnis aufgrund des Impfstatus geben.

Doch selbst wenn die Firmen es hierzulande rechtlich könnten, würden sie keine Impfpflicht verhängen, zeigte eine Handelsblatt-Umfrage unter mehr als 20 großen Unternehmen aus Dax und Mittelstand bereits Anfang August. So teilte etwa der Chemiekonzern Covestro mit: „Über medizinische Eingriffe bei Kollegen zu entscheiden steht uns aus unserer Sicht als Arbeitgeber nicht zu.“

Die Deutsche Börse will „keinen Druck auf die persönliche Entscheidungsfindung ausüben“, für Thyssen-Krupp ist die Gesundheit der Beschäftigten „Privatsache“.

Einige Unternehmen versuchen, statt mit Verpflichtungen mit Anreizen die Impfquote zu erhöhen: RWE setzt auf „Impfbotschafter“, die per Video unentschlossene Kollegen motivieren sollen. Die Allianz versendet E-Mail-Newsletter, Coca-Cola in Dorsten schenkt Geimpften einen Tag Sonderurlaub, der Essighersteller Speyer & Grund zahlt einen Impfbonus von 200 Euro.

Mehr: USA lassen Biontech-Impfstoff vollständig zu – Weg frei für mehr Impfpflicht

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