Edeka-Chef Markus Mosa Der Mann, der Nestlé in die Schranken weist
Hamburg Die öffentliche Reaktion von Markus Mosa ist typisch. Der Boykott von Edeka und seinen europäischen Partnern gegen mehr als 160 Nestlé-Produkte im Kampf um günstigere Einkaufspreise beschäftigt Medien und Kunden in der ganzen Republik. Bekannte Produkte wie Wagner-Pizza und Thomy-Salatsoße sollen aus den Supermarktregalen verschwinden, bis Nestlé dem Einkaufsverbund günstigere Preise bietet. Und Edeka-Chef Mosa? Taucht ab.
Mosa führt den größten deutschen Handelsblock – und den kompliziertesten. Nirgendwo sonst haben die selbstständigen Kaufleute so großen Einfluss wie bei Edeka. Während Ex-Rewe-Chef Alain Caparros eine Krise vor einem Jahrzehnt nutzen konnte, um die Regionalfürsten ihrer Macht zu berauben, muss Mosa einerseits von der Hamburger Zentrale aus die 4000 Ladenbesitzer in sieben Regionen zusammenhalten.
Andererseits hat er den Anspruch, Edekas Position als Marktführer nach außen zum Angriff zu nutzen. Öffentlich jedoch möchte er dabei möglichst wenig in Erscheinung treten. Mosa, der intern als machtbewusst und entschlossen gilt, gibt bei seinen seltenen externen Auftritten den biederen Manager, der Lebensmittel liebt und ansonsten recht harmlos ist.
Im Streit mit Nestlé kommt dem 50-Jährigen zupass, dass das Gefecht formal auf europäischer Ebene geführt wird. Vor drei Jahren bildete Edeka mit anderen Partnern den neuen Verbund Agecore und warb dafür von einer konkurrierenden Allianz um Rewe den Manager Gianluigi Ferrari ab.
Der hat ein klares Ziel: Er gleicht die Einkaufskonditionen der Partner untereinander ab und will die jeweils günstigsten Preise und Aktionen auf den gesamten europäischen Verbund übertragen. In Deutschland profitiert Mosa klar davon. Er hat im vergangenen Sommer den damaligen Einkaufschef Heiko Kordmann geschasst und die Leitung des Einkaufs selbst übernommen. „Schnelle und kurze Entscheidungswege sind ein strategischer Vorteil für unseren Verbund“, hieß es damals.
Mosa kann nun gegen Nestlé beweisen, dass er die Macht des Marktführers durchaus zu nutzen weiß – und kann zugleich gegenüber Kritikern auf Ferrari verweisen. Denn schon melden sich öffentlich erste Edeka-Kaufleute zu Wort, die sich vor Löchern im Sortiment fürchten. „Für uns ist das ein Tiefschlag“, klagt etwa ein großer Edeka-Händler auf der Titelseite des „Hamburger Abendblatts“, der größten Tageszeitung am Edeka-Sitz. Auch von Herstellerseite formiert sich Widerstand gegen das harte Vorgehen des studierten Betriebswirts und seiner Partner.
Der Markenverband in Berlin sieht bereits rechtliche Bedenken. Edeka versuche nun offenbar, über die europäische Ebene Praktiken wie den Vergleich von Konditionen durchzusetzen, die auf nationaler Ebene rechtlich bereits gescheitert seien, heißt es. Solch ein Bestellstopp zeige „die Bedrohung zunehmender Marktkonzentration auf, die verstärkt wird durch europäische Händlerallianzen. Deshalb drängt der Markenverband seit geraumer Zeit darauf, dem Missbrauch von Nachfragemacht auch europäisch effektiv zu begegnen“, kündigt Verbandsjurist Andreas Gayk Widerstand an.
Inzwischen sprechen Nestlé und Edeka auch auf nationaler Ebene über eine Lösung, wie es aus Verhandlungskreisen heißt. Edeka-Chef‧ Mosa dürfte also selbst intensiv eingebunden sein. Schließlich soll er bereits in einem ähnlichen Streit mit Mars für seinen europäischen Verbund geschlichtet haben.
Mit Kompromissen kennt sich Mosa aus: Auch im Streit um die Kaiser‘s-Tengelmann-Übernahme stimmte er letztlich einer Aufteilung der Beute mit Rewe zu. Auch damals vertrat Mosa seine Meinung zwar in den Verhandlungen vehement, hielt sich jedoch nach außen zurück. Das öffentliche Werben für eine Ministererlaubnis überließ er dem Tengelmann-Erben Karl-Erivan Haub. Im Nestlé-Streit fehlt solch ein Sprecher. Edeka bleibt nach außen sprachlos.
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