Europas Fußballbranche Fans und Verbände empört: Diese Milliardäre stehen hinter der geplanten Super League

In Anfield machen die Anhänger des amtierenden englischen Meisters recht deutlich, was sie von den Super-League-Plänen halten.
Madrid, London, Rom Die Pläne zwölf europäischer Fußballklubs, unter dem Namen „Super League“ einen neuen europäischen Spitzenwettbewerb zu gründen, stoßen auf einhellige Ablehnung. Nicht nur Fußballverbände und Fans sind empört. Auch Regierungschefs wie Boris Johnson und Emmanuel Macron verurteilten das Vorhaben am Montag scharf. Der Plan sei „schädlich für den Fußball“, sagte der britische Premier.
Sechs Klubs aus England und je drei aus Spanien und Italien wollen sich aus der Champions League verabschieden und stattdessen ihren eigenen exklusiven Wettbewerb spielen. Mit dabei sind Arsenal, Chelsea, Tottenham (alle aus London), Manchester United, Manchester City sowie Liverpool.
Hinzu kommen die beiden Madrider Vereine Real und Atletico sowie der FC Barcelona. Aus Italien wollen die Mailänder Klubs Inter und AC sowie Juventus Turin mitmachen. Neben diesen zwölf Klubs sollen noch drei weitere Gründungsvereine beitreten. Welche das sein werden, ist noch nicht bekannt.
Die Idee ist simpel: Statt in der Champions League gegen unbekanntere Vereine spielen zu müssen und dabei auch noch das frühe Aus zu riskieren, haben die Super-League-Klubs künftig einen Platz an der Geldquelle garantiert. Die Mitglieder des kartellartigen Konstrukts können die Fernseheinnahmen unter sich aufteilen. Das Vorbild sind US-Sportligen wie NBA und NFL, die in einem Franchise-Modell feste Startplätze gegen hohe Teilnahmegebühren und Einnahmenschlüssel vergeben. Jedoch ebenfalls nicht beliebig viele.
Die US-Großbank JP Morgan hat die Finanzierung des neuen Wettbewerbs zugesagt, der den Teilnehmern Einnahmen in dreistelliger Millionenhöhe garantieren soll. Es ist kein Zufall, dass die meisten der zwölf Klubs schwerreichen Finanzinvestoren gehören. Das sind die Männer hinter dem Vorstoß, den viele als Angriff auf den europäischen Fußball werten:
Roman Abramowitsch (FC Chelsea)
Der 54-jährige russische Oligarch hat sein Vermögen mit Rohstoffen in Russland gemacht. Laut „Forbes“-Rangliste beläuft es sich auf 14,5 Milliarden Dollar. Seit er 2003 beim FC Chelsea einstieg, ist er der Inbegriff des Milliardärs, der sich einen Fußballklub als Statussymbol hält.

Der Besitzer des Chelsea FC zählt zu den Profiteuren der geplanten Super League.
Mit seinen Milliardeninvestitionen machte er den Verein zu einem der Spitzenklubs in Europa. Er ist berüchtigt für seine Ungeduld mit Trainern. Er wurde seit Jahren nicht mehr in Großbritannien gesehen, weil das Innenministerium 2018 sein Visum nicht verlängerte. Daraufhin stoppte er die Pläne für ein neues Stadion.
Stanley Kroenke (FC Arsenal)
Der Eigentümer von Kroenke Sports and Entertainment stieg 2007 bei dem Londoner Klub ein. Seit 2011 ist der 73-jährige US-Amerikaner Mehrheitseigner, 2018 kaufte er dem russischen Milliardär Alisher Usmanov den Rest der Anteile ab.

Der US-Unternehmer ist schon lange in Sportteams investiert.
Kroenke besitzt neben Arsenal auch noch Klubs in den amerikanischen Profiligen für Basketball, Football und Eishockey (NBA, NFL und NHL). Sein Vermögen wird laut „Forbes“ auf 8,2 Milliarden Dollar geschätzt. Verheiratet ist er mit der Walmart-Erbin Ann Walton, die weitere acht Milliarden Dollar besitzt.
Joel Glazer (Manchester United)
Der Sohn des verstorbenen US-Milliardärs Malcolm Glazer ist Co-Chairman beim größten englischen Fußballklub. Die Glazers kauften 2003 ihre ersten Anteile an dem damals börsennotierten Klub. Als Mehrheitseigner nahmen sie den Verein 2005 zunächst von der Börse, sammelten dann aber 2012 bei einem neuerlichen Börsengang in New York frisches Kapital von Anlegern ein.

Als Besitzer der Tampa Pay Buccaneers konnte sich der Unternehmer in diesem Jahr über den Gewinn des Super Bowls freuen.
Dabei gaben sie jedoch nur einen kleinen Teil ihrer Anteile ab und behielten die Kontrolle. Ihre schuldenfinanzierte Übernahme beschert dem Verein bis heute eine hohe Zinslast. Im ersten Coronajahr 2020 stiegen die Nettoschulden des Klubs auf 455 Millionen Pfund (knapp 530 Millionen Euro). Neben Manchester United gehört den Glazers auch das NFL-Team Tampa Bay Buccaneers.
Joe Lewis (Tottenham Hotspur)
Der im Londoner East End geborene Selfmade-Unternehmer hat sein Vermögen im Devisenhandel gemacht. Unter anderem wettete er 1992 zusammen mit George Soros gegen das britische Pfund, welches daraufhin aus dem Europäischen Währungsmechanismus fiel.

Der Investor hält sich meist auf den Bahamas auf.
Die ersten Anteile an den „Spurs“ kaufte er 2001 dem Unternehmer Alan Sugar ab. Der inzwischen 84-Jährige lebt auf den Bahamas, den Verein führt sein Partner Daniel Levy. Lewis‘ Vermögen wird auf vier Milliarden Dollar geschätzt.
John W. Henry (FC Liverpool)
Der 71-jährige US-Amerikaner verdiente ein Vermögen im Rohstoffhandel, bevor er ein Reich im Profisport aufbaute. 2002 kaufte er den traditionsreichen Baseballklub Boston Red Sox. 2010 kam der ebenso traditionsreiche FC Liverpool hinzu.

Der Rohstoffhändler hat mit dem Liverpool FC Champions League und Meisterschaft gewonnen. Folgt nun der nächste, selbst kreierte Titel?
Außerdem besitzt der Investor die Tageszeitung „Boston Globe", die seine Frau leitet. Henrys Vermögen beträgt 2,8 Milliarden Dollar. Seine Holding Fenway Sports Group hat seit neuestem auch einen prominenten Anteilseigner: den US-Basketballstar LeBron James.
Scheich Mansour (Manchester City)
Der Vizepremier der Vereinigten Arabischen Emirate und Mitglied der Herrscherfamilie kaufte Manchester City 2008. Mit gigantischen Transfersummen machte er es möglich, dass der Klub zum dominierenden Verein in der Premier League aufstieg.

Manchester City ist bereits mehrfach ins Visier der Uefa geraten. In einem Wettbewerb jenseits der Uefa-Kontrolle wäre das kein Problem mehr.
Vergangenes Jahr verbannte der europäische Fußballverband Uefa den Klub zunächst wegen Verstoßes gegen die Transferregeln für zwei Spielzeiten aus der Champions League. Das Urteil wurde aufgehoben, doch das Verhältnis zur Uefa bleibt angespannt.
Florentino Pérez (Real Madrid)
Der 74-jährige Bauunternehmer, zu dessen Konzern ACS auch die deutsche Tochter Hochtief gehört, ist seit 17 Jahren Präsident des Klubs. Er hat die Super League maßgeblich mit angestoßen und soll ihr erster Präsident werden. Ebenso wie der FC Barcelona ist Real Madrid immer noch ein Sportverein, der seinen Mitgliedern gehört – den Fans.

Sein hochverschuldeter Klub kann höhere Einnahmen gut gebrauchen.
„Die beiden Vereine kritisieren deshalb seit Langem, dass ihnen anders als anderen europäischen Klubs potente Geldgeber als Eigentümer fehlen, die etwa helfen könnten, ihre Schulden abzubauen“, erklärt Eduardo Fernández-Cantelli, Professor für Sportmanagement an der Business-School IE in Madrid.
Für Pérez ist die Super League deshalb eine willkommene Gelegenheit, neue Einnahmen zu generieren. Der Klub hat hohe Schulden, die unter anderem durch den laufenden Umbau des legendären Bernabeu-Stadions anfallen.
Joan Laporta (FC Barcelona)
Der Verein gehört ebenso wie Erzrivale Real Madrid seinen Mitgliedern. Der 58 Jahre alte Präsident ist Klubmitglied Nummer 13.352. Laporta ist Inhaber einer Anwaltskanzlei und hatte 2010 eine Partei für die Unabhängigkeit Kataloniens gegründet. Der Politiker war einige Jahre Mitglied des katalanischen Parlaments und des Stadtrates von Barcelona.

Den Wahlkampf bei Barca hatte er noch mit Stimmung gegen eine Super League gemacht.
Er hatte Barça bereits von 2003 bis 2010 als Präsident geleitet, im vergangenen März wurde er wiedergewählt. Während seines Wahlkampfs hat er sich gegen eine Super League ausgesprochen, weil sie „das Geschäft und das Wesen des Fußballs belastet“. Gleichwohl erklärte er, falls eine solche Liga zustande komme, werde der FC Barcelona dabei sein. Am Montag zog der Klub auch die Coronakrise als Grund für die Super League heran.
Miguel Ángel Gil Marín (Atlético Madrid)
Der 57-jährige gelernte Tierarzt ist CEO und Hauptaktionär von Atlético Madrid. Sein Leben war immer schon mit dem Klub verbunden: Bereits sein Vater hatte Atlético als Präsident geleitet. Beide waren in verschiedene Gerichtsverfahren verwickelt, in denen ihnen Betrug des Klubs vorgeworfen wurde.
Nach Angaben der Sport-Zeitschrift „Marca" besitzt Miguel Ángel Gil Marín 51 Prozent der Anteile. Der Klub reagierte nicht auf eine Nachfrage nach der Eigentümerstruktur.
Andrea Agnelli (Juventus Turin)
Wenn es gerade eine Person gibt, die für die Spaltung von Europas Topligen steht, ist das Agnelli. Seit 2010 führt er Juventus Turin als Präsident. Nun wird der 45-Jährige Vize der neuen Super League – und hat angekündigt, dafür sein Amt als Chef der europäischen Klubvereinigung ECA niederzulegen.

Die Fiat-Familie hat traditionell bei Juve die Zügel in der Hand.
Agnelli ist Urenkel des Fiat-Gründers Giovanni Agnelli, der „Juve“ schon 1923 kaufte und seinen Sohn zum Präsidenten machte. Seitdem hat die milliardenschwere Familie beim Klub das Sagen. Über ihre niederländische Beteiligungsfirma Exor hält sie knapp 64 Prozent an Juventus. Agnelli verkündete, dass man mit der neuen Liga Fans den Traum von „Spielen höchster Qualität“ erfülle und damit die Fußballleidenschaft stärke.
Zhang Kangyang (Inter Mailand)
Seit 2016 ist der altehrwürdige FC Internazionale aus Mailand in chinesischer Hand. Damals kaufte die Gruppe Suning Holdings aus Nanjing knapp 70 Prozent der Anteile. Italienisch dominiert war der Klub aber schon länger nicht mehr: Der Ölunternehmer und bei den Fans beliebte Langzeitpräsident Massimo Moratti verkaufte die Klubmehrheit schon 2013 an einen indonesischen Geschäftsmann.
Heute hat mit Zhang Kangyang ein Milliardärssohn das Kommando. Seit 2018 ist er auch Präsident von Inter – mit damals 27 Jahren der jüngste Klubchef der Geschichte. Sein Vater Zhang Jindong gründete einst die E-Commerce-Plattform Suning.com, heute hat die Gruppe auch Finanzservices, Entertainment oder Immobilien im Portfolio.
Paul Singer (AC Mailand)
Jahrzehntelang gehörte der Stadtkonkurrent „Milan“ zum Unternehmerreich von Italiens Ex-Regierungschef Silvio Berlusconi. Über eine Beteiligungsgesellschaft seiner Holding Fininvest hielt er die Mehrheit am AC, war selbst auch lange Präsident.
2017 übernahm ein chinesisches Konsortium um den Unternehmer Li Yonghong die Anteile, stieg aber nach kurzer Zeit wegen zu hoher Klubschulden wieder aus. 2018 griff der US-Hedgefonds Elliott von Paul Singer zu und entschuldete den Verein komplett.

Der Hedgefonds-Manager wird wahrscheinlich gewinnbringend verkaufen.
Bis heute soll das Unternehmen fast eine halbe Milliarde in den Klub gesteckt haben. Elliott, gegründet 1977, investiert Milliarden in Firmen auf der ganzen Welt und hält unter anderem Anteile am Nachrichtendienst Twitter oder am deutschen Inkubator Rocket Internet.
Der AC Mailand gehört der Firma des 76-Jährigen fast komplett (99,93 Prozent). Ein Langfristinvestment dürfte Milan für Singer aber auch nicht sein: Kolportiert wird der Plan, den Klub auf den Wert von einer Milliarde Dollar zu heben – und dann gewinnbringend zu verkaufen.
Die Boykotteure
Die Bundesliga-Vereine Borussia Dortmund und Bayern München hatten die Super League boykottiert und sich stattdessen hinter die reformierte Champions League der Uefa gestellt. Die Reform sieht eine Erweiterung des Teilnehmerfelds ab 2024 auf 36 statt zuvor 32 Teams vor. Auch der französische Verein Paris Saint-Germain ist bei der Super League nicht dabei. Die Verantwortlichen fürchteten die öffentliche Kritik an dem Vorhaben.

Die reichsten Klubs müssen schauen, nicht den Zuspruch der Fans zu verlieren.
Den ersten Reaktionen nach zu urteilen dürfte der Plan für die Super League scheitern. Die Verbände Uefa und Fifa sowie die nationalen Ligen kündigten maximale Sanktionen an: Die Mitglieder der Super League dürften nicht mehr in ihren nationalen Ligen mitspielen, ihre Spieler nicht mehr für die Nationalelf auflaufen.
Beides würde deutliche Einnahmenverluste bedeuten, da gerade Premier League und die spanische La Liga international sehr gut über lukrative TV-Verträge vermarktet sind. Turniere der Nationalmannschaften steigern derweil regelmäßig die Verkaufswerte der eigenen Spieler. Dieser Preis dürfte den Abtrünnigen zu hoch sein.
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Die Fernsehsender und andere Medien müssten die ersten sein, die sich aus der Berichterstattung verabschieden.
Wenn keiner mehr zuschaut, sich keiner mehr interessiert, ist diese Liga schneller Tod als man denkt.