Ex.Metro-Chef Körber „Gemütlich und imagefördernd ist vorbei“

„Es gibt mehr Interessenten als Bedarf.“
Düsseldorf Hans-Joachim Körber war Vorstandsvorsitzender des Handelskonzerns Metro. Heute ist er Chairman des Board of Directors von Air Berlin. Er findet: Führungserfahrung qualifiziert für einen Aufsichtsratsjob.
Herr Körber, achtzig Prozent aller Aufsichtsratsmandate sind mit ehemaligen Vorständen oder Topmanagern besetzt. Das sieht nicht wie Vielfalt aus.
Das hieße ja, dass diese Personengruppe per se nicht sehr vielfältig ist. Das ist falsch. Schauen Sie sich das deutsche Topmanagement an. Es ist äußerst heterogen, und das ist auch gut so. Die geforderte Diversity umfasst ja vielfältige Qualifikationen. Vorstände kommen aus den Finanzressorts. Alle kommen aus unterschiedlichen Branchen, haben unterschiedliche Lebenswege, sind unterschiedliche Persönlichkeiten. Wichtig für eine Aufsichtsratstätigkeit ist zu wissen, wie ein Unternehmen und seine Märkte funktionieren. Aufsichtsräte haben eine ganz andere Sicht darauf, wenn sie einmal selbst ein großes Unternehmen geführt haben.
Doch es entsteht der Eindruck, die bleiben lieber unter sich.
Ganz ehrlich: Diesen Eindruck habe ich nicht. Es kommt auf die Persönlichkeit eines Aufsichtsrats an, nicht auf Funktionalität.
Querdenker sind nicht gefragt?
Doch, gerne auch. Aber querdenken ist kein Selbstzweck. Ein Aufsichtsrat verträgt mit Sicherheit einen Querdenker, aber auch nicht allzu viele. Hauptaufgabe eines Aufsichtsrates ist es, den Vorstand in seiner operativen und strategischen Führung konstruktiv-kritisch zu begleiten. Querdenker wünsche ich mir eher im Vorstand.
Auch die Expertise von Unternehmensberatern oder Wirtschaftsprüfern ist nicht gefragt?
Das ist pauschal nicht zu beantworten. Wirtschaftsprüfer können in den Audit-Komitees wichtige Beiträge leisten, der Gesetzgeber verlangt schließlich Financial Experts. Aber reine Juristen sollte man sich überlegen. Die Neigung, alle Entscheidungen zu verrechtlichen und das unternehmerische Element zu reduzieren, ist schon jetzt viel zu groß. Auch in Vorständen brauchen wir vor allem Unternehmer und gute Manager, keine Anwälte.
Ist es schwer, gute Aufsichtsräte zu finden?
Eigentlich nicht. Es gibt mehr Interessenten, die Aufsichtsrat werden wollen, als Bedarf vorhanden ist. Viel wichtiger ist die Frage, in welchem Umfang aktive Vorstände Aufsichtsratsmandate annehmen sollten. Und über allem steht die Frage nach Kompetenz und der Bereitschaft, nicht nur einen Posten zu übernehmen, sondern auch Arbeit und Verantwortung. Die Zeiten, als ein Aufsichtsratsposten gemütlich und imagefördernd war, sind lange vorbei.
Sollten sie denn?
Ein, zwei Mandate sind gut, um als aktiver Manager auch die andere Seite der Unternehmensführung kennen zu lernen.
Wenn die Zeit dazu reicht.
Das genau ist das Problem. Vier Aufsichtsratssitzungen pro Jahr, vorbereitet vom Assistenten, sind keine Schwierigkeit. Aber wehe, das kontrollierte Unternehmen gerät in die Krise oder es treten M&A-Themen auf. Dazu kommt: Alle börsennotierten Unternehmen sind quartalsorientiert. Da fällt die Arbeit immer auf den gleichen Zeitraum, auch beim eigenen Unternehmen.
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