Faktor Mensch Alte Männer in Badehosen gehören nicht in die Öffentlichkeit

In ihrer Kolumne schreibt Tanja Kewes über Sonnenkönige in der Wirtschaft, Kabinettstückchen in der Politik, unseren Arbeitsalltag mit Chefchefs und den lieben Kollegenkurrenten sowie Fragen, die uns Tag und Nacht bewegen.
Das kühle, Erfrischung versprechende Nass hat dieser heißen Frühsommertage eine starke Anziehungskraft. Diese Anziehungskraft scheint so stark zu sein, dass nun zwei prominente Zeitgenossen im doppelten Sinne des Wortes baden gegangen sind.
Ihre Intentionen hätten dabei unterschiedlicher kaum sein können. Der eine wollte sich wohl reinwaschen von „Vogelschiss“ und anderen verbalen Entgleisungen, der andere sich wohl endlich mal wieder in bewährter Rocker- und Rebellenmanier präsentieren.
Der eine heißt Alexander Gauland und ist Chef der größten Oppositionspartei im Deutschen Bundestag, der AfD. Er liebt es angeblich in einer Mischung aus Freigeist und Traditionalist, im Heiligensee in Potsdam zu baden. Als er sich nun wieder einmal in den kühlen Fluten nahe seinem Wohnhaus erfrischte, klauten ihm Unbekannte am Ufer seine Kleider mitsamt Schlüsseln.
Die Täter sollen sogar Zeugen zufolge gerufen haben: „Für Nazis ist hier kein Badeplatz!“ Nur mit einer Badehose bekleidet und von einem Polizisten begleitet, den die Zeugen gerufen hatten, musste der 77-jährige Politiker sich anschließend auf den Heimweg machen. Das Foto ging um die Welt. Der Staatsschutz ermittelt nun gegen unbekannt.
Der andere prominente Badegänger heißt Andreas Frege alias Campino und ist Sänger der Band „Die Toten Hosen“. Spätestens seitdem die Kanzlerin nach ihrem Wahlsieg 2013 sein Lied „An Tagen wie diesen“ trällerte, gehört er zum Establishment. Der 55-Jährige musste also mal wieder was Schlechtes, sprich Rebellisches, tun.
Und so drang er nach einem Konzert in Dresden in das örtliche Freibad ein und erfrischte sich in lauer Frühsommernacht. Das Nachtbad war zwar angeblich nicht mal ein Nacktbad. Um 1:54 Uhr posierte Campino jedenfalls mit zwei Begleiterinnen am Beckenrand – er in Badehose, sie in Bikinis. Das Foto verbreitete die Band über ihren offiziellen Account via Twitter. Doch die Strafverfolgung folgte prompt: Anzeige wegen Hausfriedensbruch.
Was erzählen uns diese Sommergeschichten?
Erstens: Ein älterer Mann in kurzem Beinkleid gibt doch allzu gerne eine lächerliche Figur ab. Drum hüte sich, wer sich so öffentlich zeigt. (Vor allem auch im Büro oder Geschäftsleben ... Aber das ist eine andere Sommergeschichte.)
Zweitens: Auf die reinigende Kraft des Wassers ist auch kein Verlass mehr, selbst wenn es aus einem Heiligensee stammt oder mit Chlor versetzt ist. Kopf und Körper, gerade noch kurz gekühlt, müssen danach doch wieder – oder erst recht – Hitze aushalten.
Drittens: Mann – und Frau übrigens auch – kann baden gehen, im doppelten Sinn.
Und deshalb halten wir uns alle, Männlein wie Weiblein, am besten an den französischen Schriftsteller Honoré de Balzac (1799–1850), der dereinst schrieb: „Verboten sei es deiner Frau, anderswo ein Bad zu nehmen als in der eigenen Wohnung.“
Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.