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Grohmann-Gründer tritt ab Tesla sorgt für einen Kulturschock in der Eifel

Es ist ein Kampf der Firmenkulturen: Gründer Klaus Grohmann verlässt den gleichnamigen Maschinenbauer, weil er sich mit dem neuen Eigner Tesla nicht auf eine Strategie einigen kann. Auch die Belegschaft ist gespalten.
01.05.2017 - 19:38 Uhr Kommentieren
„Ich bin sicherlich nicht ausgeschieden, weil ich keine Lust mehr habe.“  Foto: Stefan Lieser
Klaus Grohmann

„Ich bin sicherlich nicht ausgeschieden, weil ich keine Lust mehr habe.“ Foto: Stefan Lieser

Prüm, New York Eine Fleischerei hat eine Pyramide aus Ardenner Schinken aufgebaut, Holzfäller hacken auf einer Bühne um die Wette. Die Landbevölkerung drängt an diesem Wochenende nach Prüm auf die Grenzlandschau, die sich als „Leistungsschau für Handel, Handwerk, Industrie und Landwirtschaft im Eifel-Ardennenraum“ preist.

Auch der der Elektropionier Tesla hat auf dem Schotterplatz der Kleinstadt, nahe der Mehrzweckhalle, einen Stand aufgebaut. Junge Mitarbeiter halten iPads in den Händen, erklären Elektromobilität, und ganze Familien steigen durch die Flügeltüren des Tesla-Models X, hinterlassen staubige Fußabdrücke auf den Matten des teuren Elektro-SUVs. Neben Treckern und Rasenmähern präsentiert sich hier eine Firma, die im Silicon Valley als heißer Anwärter gilt, die Mobilität von morgen zu revolutionieren.

„Wir wollen den Menschen hier zeigen, was wir machen – ihnen unsere Ideen näherbringen“, sagt einer der jungen Tesla-Berater am Stand.

Es ist eine diplomatische Mission. Die Ideen des Silicon Valleys sollen die Einwohner des kleinen Luftkurorts begeistern. Denn in den Hügeln von Prüm tobt ein Kampf der Kulturen. Im Gewerbegebiet – ausgerechnet in der Rudolf-Diesel-Straße – ist die Firma Grohmann zu Hause. Mitte 2016 hatte Tesla den Maschinenbauer übernommen.

Hier sollen die Maschinen entstehen, mit denen Tesla zum Massenhersteller aufsteigen will. Der Visionär und der Mittelständler wirkten wie das perfekte Paar: Musk träumte von einer effizienteren Produktion. Selbst „in den besten Autofabriken“ krieche die Autofertigung bislang noch im Schildkrötentempo voran, sagte er. Um die Dichte und das Tempo der Produktion zu erhöhen, brauche man bessere Maschinen. Er suchte „nach dem besten Ingenieurstalent in automatisierten Produktionssystemen“ – und glaubte, es in Prüm gefunden zu haben.

Dabei mag auch der deutsche Produktionschef von Tesla eine Rolle gespielt haben. Peter Hochholdinger wechselte im Frühjahr 2016 von Audi zu Tesla, kannte die Maschinen von Grohmann. Die erste Zusammenarbeit entpuppte sich als so fruchtbar, dass es bald um eine Übernahme ging. Visionär Musk versprach, die Produktion deutlich auszuweiten.

1000 neue Mitarbeiter sollen kommen

Im kleinen Prüm träumte man davon, ein entscheidender Standort für die Elektromobilität der Zukunft zu werden; einige hofften sogar auf eine Batterieproduktion in der Eifel. 1000 neue Ingenieure und Mitarbeiter sollen zur bislang 700-köpfigen Firma stoßen. In den Worten des Silicon Valleys: Grohmann sollte „skalieren“.

Stattdessen eskalierte die Lage in Prüm in den vergangenen Monaten. Um die Aufträge für Tesla schneller zu erledigen, verdonnerte Musk die Eifler, die nun als „Tesla Grohmann Automation“ firmieren, exklusiv für Tesla zu arbeiten. Das sorgte in der Belegschaft für Verstimmung. Einige fürchteten, man könnte zu abhängig vom neuen Eigentümer werden.

Auch Gründer Klaus Grohmann soll nicht glücklich über die Entscheidung gewesen sein, Stammkunden wie Bosch, BMW und Daimler vor den Kopf zu stoßen. Immerhin machten die bisherigen Kunden noch etwa die Hälfte des Umsatzes aus, der zuletzt auf 150 Millionen Euro geschätzt wurde.

Noch bei der Übernahme hatte Musk dem Gründer größten Respekt ausgesprochen und angekündigt, dass man gemeinsam weitermachen wolle. Doch das Verhältnis zwischen den beiden war schon in den vergangenen Monaten merklich abgekühlt. „Im November wurde uns noch gesagt, es bleibe alles beim Alten. Ende März waren wir überrascht zu hören, dass er in Ruhestand geht“, erklärt Betriebsratschef Uwe Herzig.

Im April verließ Grohmann das Unternehmen. Der Nachrichtenagentur Reuters gestand der Gründer, dass sein Abgang nicht ganz freiwillig gewesen sei. „Ich bin sicherlich nicht ausgeschieden, weil ich keine Lust mehr habe.“

Machtkampf mit der IG Metall

Ein Tesla-Sprecher widerspricht dieser Darstellung. Schon mit dem Verkauf des Unternehmens habe Grohmann seinen Rückzug vorbereitet. Unter den aktuellen Voraussetzungen habe man gemeinsam entschieden, dass nun der richtige Zeitpunkt für einen Generationswechsel gekommen sei.

Grohmanns Position soll nun Lothar Thommes einnehmen, der bisher den Vertrieb im Automobilbereich geleitet hatte. Insgesamt kommt der relativ kleine Mittelständler damit auf vier Geschäftsführer, zwei weitere sitzen bei Tesla in den USA, einer in den Niederlanden. In Prüm spielen sie kaum eine Rolle, erzählen mehrere Mitarbeiter. Ohnehin sei derzeit nicht ersichtlich, wie genau die Firma geführt werde, heißt es aus dem Gewerkschaftsumfeld.

Mit der IG Metall führt Tesla bereits seit Wochen eine öffentliche Auseinandersetzung um einen Tarifvertrag . Neue Talente in die Eifel zu locken, gestalte sich schon wegen der Gehaltsstruktur schwierig, sagen die Gewerkschafter. Derzeit verdiene die Belegschaft 25 bis 30 Prozent weniger, als der Flächentarifvertrag der Metallindustrie vorsehe.

Deswegen wird das Wachstum, das im Silicon Valley so geschätzt wird, in der Eifel zum Problem. Zuletzt sei man mit der Arbeit kaum hinterhergekommen, erzählen Mitarbeiter, die ihre Namen nicht in der Zeitung lesen möchten. Schon vor der Übernahme hatte die Gewerkschaft auf einen Tarifvertrag gepocht, war aber an Patriarch Klaus Grohmann gescheitert.

„Wir würden uns gerne an den Verhandlungstisch setzen, aber es gibt keine Bereitschaft zu Verhandlungen vonseiten der Geschäftsführung“, sagt Christian Schmitz, der Bevollmächtigter der IG Metall Trier. Einen Großteil der Gespräche mit Tesla führe man über die Öffentlichkeit. „Das ist eigentlich nicht üblich“, gibt Schmitz zu. Der Kulturkampf von Prüm ist auch eine Frage der Kommunikation.

Bonus statt Tarifvertrag

Vor einigen Wochen verschickte Tesla-Chef Elon Musk dann einen Brief an die Grohmann-Belegschaft, in dem er versprach, „dass wir ganz sicher nicht in den nächsten fünf Jahren einen Personalabbau durchführen oder betriebsbedingte Kündigungen aussprechen werden“.

Jeder Grohmann-Mitarbeiter solle einen sofortigen Bonus von 1.000 Euro erhalten, zusätzlich solle das Gehalt um 150 Euro pro Monat steigen. Statt auf einen Tarifvertrag setzt Musk auf das Instrument der Erfolgsbeteiligung. Insgesamt sollten die Mitarbeiter in den kommenden vier Jahren Tesla-Aktien im Wert von 10.000  Dollar erhalten.

Ein Angebot, das in der Eifel durchaus Anklang finden könnte. Auch wenn einige Gewerkschaften weiter auf einen Tarifvertrag drängen und sogar offen mit Streik drohen, gibt es Mitarbeiter, die auf eine Zukunft mit Tesla hoffen. Selbst in Gewerkschaftskreisen gibt man zu, dass die Belegschaft derzeit gespalten sei.

„Vielleicht“, sagt ein Mitarbeiter am Tesla-Stand auf der Grenzschau, „muss man sich einfach noch besser kennen lernen“. Auch wenn die kulturellen Gräben zwischen den Hügeln in der Eifel und dem Silicon Valley tief sind – unüberwindbar scheinen sie nicht.

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