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Innovationsmanagement in Unternehmen Gründer im warmen Nest

Um kreative Köpfe anzulocken, bauen Unternehmen eigene Innovationsplattformen auf – als Start-up innerhalb des Konzerns. Sie bieten viel Freiraum – und erweisen sich häufig als Karrieresprungbrett.
25.03.2017 - 10:55 Uhr Kommentieren
Konzerne wollen Gründertypen für sich gewinnen. Quelle: mauritius images
Schicke Büros, lockere Atmosphäre

Konzerne wollen Gründertypen für sich gewinnen.

(Foto: mauritius images)

Hilden Solveig Schulze bewegt sich in zwei Welten. Die 28-Jährige gehört zum Organisationsteam des Lufthansa Innovation Hub in Berlin. Die Tochtergesellschaft der Lufthansa entwirft eigenständig Produkte rund um das Thema Mobilität. Zugleich arbeitet Schulze an digitalen Geschäftsmodellen für den Konzern mit, die hier in Gründeratmosphäre entstehen. „Durch meine Rolle zwischen Corporate und Start-up habe ich gelernt, beide Sprachen zu sprechen“, sagt sie.

Mit einem Master in International Business ist Schulze bei der Fluggesellschaft eingestiegen. Nach zweieinhalb Jahren zieht sie eine durchweg positive Bilanz: Der Lufthansa Innovation Hub habe sie „auf persönlicher wie auch auf professioneller Ebene extrem weitergebracht“: „Ich hatte hier die Möglichkeit, mit erfolgreichen und inspirierenden Leuten aus beiden Welten zusammenzuarbeiten und mein Netzwerk stark auszubauen.“

Ein internationaler Trend erreicht Deutschland: Unternehmen bauen eigene Innovationsplattformen auf – quasi als Start-up im Konzern. So wollen sie kreative Kräfte anlocken, die sich nicht auf die klassischen Firmenstrukturen einlassen würden. Die etablierten Player hoffen auf neue Geschäftsideen, mit denen sie im Wettbewerb bestehen können, den etwa junge Digital-Start-ups anheizen. Im Gegenzug bieten sie Know-how, Kontakte und Sicherheit – und ermöglichen so einen Karriereschritt mit vielen Chancen und wenig Risiko.

Solveig Schulz, Lufthansa Innovation Hub. Quelle: privat
„Die Entwicklung von Prototypen und Verantwortung für deren Umsetzung haben meine unternehmerischen Fähigkeiten stark vorangebracht“

Solveig Schulz, Lufthansa Innovation Hub.

„Große Gestaltungsfreiheit“ verspricht der Lufthansa Innovation Hub. „Wir arbeiten nach dem Lean-Start-up-Prinzip, was für uns bedeutet, Prototypen schnell umzusetzen und zu testen“, erläutert Solveig Schulze. „Im ersten Aufschlag geht es nicht um ein ausgereiftes, lang abgestimmtes Produkt.“ Ein sogenanntes Minimum Viable Product werde schnellstmöglich auf den Markt gebracht.

Das stärkste Argument für eine Innovationsplattform aus Sicht der Beschäftigten ist das Rundum-Komfort-Paket. „Nichts außer einer richtig guten Idee“, erwartet „Play“, die 2016 gestartete Denkfabrik von Sky Deutschland. Für alles andere sorgt der Medienkonzern: schicke Räume mitten in München, Beratung durch erfolgreiche Gründer sowie eigene Entwicklungsteams, die den kreativen Köpfen beim Programmieren und beim Design unter die Arme greifen.

Unterschlupf auf Zeit

Anders als die Lufthansa bietet Sky den Talenten in seinem „Open Innovation Hub“ einen zeitlich begrenzten Unterschlupf an. Die Eintrittskarte wird nach einer schriftlichen Vorauswahl beim „Play Pitch“ gelöst, einer fünfminütigen Präsentation auf Englisch. Wer überzeugt, kann bis zu sechs Monate lang im „Play Office“ einen Prototyp und eine erste Produktversion entwickeln. 25.000 Euro erhalten Teilnehmer für den Lebensunterhalt. Nach Ablauf der Frist gibt es drei Möglichkeiten: Das Produkt wird von Sky vermarktet; das Produkt ist noch nicht ausgereift, wird aber von Sky weiterentwickelt; das Produkt ist gut, hat aber zu wenig mit Sky zu tun – in diesem Fall unterstützt der Konzern eine Gründung.

„Es gibt kein Risiko für dich“, verspricht Play. Ganz so offen, wie es der Name verspricht, ist die Plattform des Konzerns aber nicht. So wie Lufthansa den Fokus auf digitale Geschäftsmodelle für die Mobilitätsbranche richtet, will Sky Ideen für die Medienindustrie gewinnen.

Für das Unternehmen bietet das Konzept einen großen Vorteil: Es schöpft so kreatives Potenzial inklusive Vermarktungschancen ab, ohne sich mit den Urhebern näher beschäftigen zu müssen. Hochschulabsolventen zu rekrutieren und zu erfolgreichen Produktentwicklern aufzubauen würde länger dauern und mehr kosten, als ungeschliffene Talente sechs Monate experimentieren zu lassen und ihnen dafür einen Festbetrag zu zahlen. Eine schlaue Kalkulation auch angesichts des Fachkräftemangels.

Da die Bewerber wissen, worauf sie sich einlassen, erscheint der Deal dennoch fair. Das Gastspiel auf einer Innovationsplattform bedeutet ja nicht, dass die Teilnehmer ihr ganzes Pulver verschießen müssen – sie können immer noch woanders Karriere machen, mit einem finanziellen Polster und einer guten Referenz im Rücken. So sahen das wohl auch die Bewerber für den ersten Play-Durchgang: Sky nennt „eine hohe dreistellige Zahl an Einreichungen“ – von denen sieben ausgewählt wurden. „Wir sind sehr zufrieden“, sagt Senior-Projektmanagerin Mareike Lassner. „Es ist unheimlich viel Potenzial erkennbar.“ Bei den bisherigen Ideen sei es um virtuelle Realität, Computerspiele, Sport und Fitness sowie Edutainment – also die Verbindung von Bildung und Unterhaltung – gegangen.

Lukrative Konditionen und professionelle Öffentlichkeitsarbeit zeichnen die Innovationsplattformen bekannter Konzerne aus. Regionale Technologiezentren und Start-up-Initiativen an Hochschulen müssen nachlegen. War ihr Schwerpunkt bislang die Qualifizierung von Jungunternehmern, so bemühen sie sich nun ebenfalls, Produktentwickler direkt an den Markt zu begleiten. Die Wirtschafts- und Wissenschaftsministerien Nordrhein-Westfalens haben Anfang 2017 fünf Innovationslabore ausgewählt, die Tech-Ausgründungen von Hochschulen fördern und dafür bis zu 4,3 Millionen Euro erhalten sollen.

Bei der Namensgebung können die Projekte mit der privatwirtschaftlichen Konkurrenz mithalten. Der „Future Champions Accelerator Rhein-Ruhr“ etwa bringt die Hochschulen Duisburg-Essen, Köln und Düsseldorf mit Unternehmen aus der Region zusammen; im „StartUP.InnoLab – Westfälisches Ruhrgebiet“ mischen unter anderem die TU Dortmund und die Hochschule Hamm-Lippstadt mit. Studenten und Absolventen können mit ein bis drei Jahren Förderung rechnen.

Hochschulen ziehen nach

Initiativen im Umfeld von Hochschulen haben nicht nur kommerzielle Interessen und fördern auch Innovationen etwa zu sozialen Themen. Die Innovationsfabrik der Uni Duisburg-Essen kooperiert dazu mit der Folkwang Universität, der TU Eindhoven und der Uni Nijmegen. Federführend ist das Gründungszentrum IDE der Uni Duisburg-Essen. Interessierte bekommen nicht nur die übliche Gründungsschulung und -beratung, sondern werden „frühzeitig im Prozess der Ideenfindung betreut“, nennt Wolf-Thomas Nußbruch, Co-Leiter des IDE, eine Besonderheit. Es sei ein Instrument für das Innovationsmanagement entwickelt worden, „bei dem mit Unterstützung von Industriedesignern Ideen aus der Wissenschaft oder von Studierenden zu neuartigen Produkten und Dienstleistungen sowie darauf aufbauend zu innovativen Geschäftsmodellen weiterentwickelt werden“.

Auch der Mittelstand zieht mit. So schlägt das „futureTEX-Basisvorhaben Open Innovation“ im sächsischen Oelsnitz eine Brücke zwischen jungen Produktentwicklern und Textilunternehmen aus der Region. Das Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation in Stuttgart sorgt für die wissenschaftliche Begleitung.

Das Innovationszentrum „Connected Living“ in Berlin vernetzt Hotels, die die Themen Smart Home und Internet der Dinge vorantreiben. Mittlerweile arbeiten hier mehr als 50 Institutionen zusammen, wobei Start-ups eine wichtige Rolle spielen. Sie suchen gemeinsam nach Lösungen für vernetztes Wohnen, Gesundheit, Mobilität und urbanes Leben. Bei Connected Living ist wie bei allen Innovationsplattformen der entscheidende Antrieb: die richtige Idee im richtigen Moment zu finden.

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