
Weisheiten eines Mega-Managers: Amazon-Gründer Jeff Bezos
New YorkWenn Amazon-Chef Jeff Bezos sich zu Wort meldet, hören die Menschen zu. Das gleiche gilt, wenn der erfolgreiche Unternehmer seinen jährlichen Brief herausgibt, in dem er seine Weisheiten zum Besten gibt. Tatsächlich liest sich auch das letzte dreiseitige Schreiben wie ein Management-Ratgeber im Kurzformat.
Die Energie des Tag 1 ist in diesem Jahr das Thema - wie auch die Frage, wie man es verhindert, am Tag 2 anzukommen. Denn Tag 2, das ist in den Augen von Bezos schon der Anfang vom Ende: „Tag 2 ist Stillstand. Gefolgt von Irrelevanz. Gefolgt von entsetzlichem, qualvollem Niedergang. Gefolgt von Tod”. Nein, da will man nicht ankommen.
Aber wie kann man die Vitalität von Tag 1 beibehalten? Bezos gibt seinen Lesern ein „Startpaket mit Grundlagen für die Verteidigung des Tag 1“ in vier Punkten auf den Weg:
1. Wahre Kunden-Obsession
„Kunden sind immer wunderschön, wunderbar unzufrieden, auch wenn sie berichten, glücklich zu sein und das Geschäft großartig ist. Auch wenn sie es noch nicht wollen, die Kunden wollen etwas Besseres, und ihr Wunsch, Kunden zu begeistern, wird dich dazu bringen, in ihrem Namen Neues zu erfinden“, schreibt Bezos.
Jeff Bezos ist eine der spektakulärsten Manager-Persönlichkeiten der Welt. Die Lebensgeschichte des Amazon-Gründers bietet eine unglaubliche Vielfalt und zahlreiche interessante Erzählungen. Der Top-Journalist und Bestsellerautor Richard L. Brand hat die Biografie in seinem Buch „Mr. Amazon“ (Ambition Verlag) aufgeschrieben. Darin finden sich auch bemerkenswerte Geschichten über die Person Jeff Bezos.
Ironischerweise ist eine der wichtigsten Internet-Ikonen auf einem Bauernhof aufgewachsen – um genau zu sein auf einer Rinderfarm in Cotulla, Texas. Dort half der kleine Jeff schon als Vierjähriger tatkräftig mit, auch beim Ställe ausmisten.
Jahre später urteilte Jeff Bezos, dass seine Erfahrungen auf der Ranch zu seiner erfolgreichen Unternehmerkarriere maßgeblich beigetragen hätten. Das Reparieren von Traktoren und das Kastrieren von Rindern entsprach seiner Vorstellung von einer „idyllischen Kindheit“. Seine Mutter stand ihm stets bei. Jeff habe dort gelernt, dass es keine Probleme ohne Lösungen gebe.
Bezos hat seinen Vater nie kennengelernt. Der Teenager verließ die junge Mutter, als Jeff anderthalb war. Er existierte im Leben des Jungen gar nicht.
Der Nachname Bezos stammt laut Jeffs eigener Aussage vom „richtigem“ Vater. Und den hätte es ohne Fidel Castro wohl nie gegeben. Denn als er 1959 an die Macht kam, schickten viele kubanische Eltern ihre Kinder in die Staaten. So auch Miguel Bezos (vom spanischen besos: „Küsse“). Miguel setzte sich mit großer Ausdauer durch, machte einen Uni-Abschluss und wurde Erdölingenieur.
Jeff Bezos war ein unglaublich stures Kind. Mit drei Jahren quängelte er so lange herum, bis er das Gitterbett endlich verlassen durfte - ungeachtet der Sicherheitsbedenken seiner Mutter. Trotz seiner außergewöhnlichen Konzentrationsfähigkeit wurde Jeff so auch zum Schrecken seiner Lehrer. Sie mussten ihm mal mitsamt Stuhl und Tisch im Klassenraum umsetzen.
Seine Mutter und vor allem der Großvater erweckten und förderten Jeffs großes Interesse an Technik und Basteln. Sie schenkten ihm entsprechendes Spielzeug und Baukästen. Dennoch war sein erster Karrierewunsch (mit sechs Jahren), Archäologe zu werden.
Als die Familie nach Houston umzog, war Jeff im späten Kindergartenalter. Die Eltern schrieben ihn für Fördermaßnahmen für hochbegabte Kinder ein. Dafür musste er zwar 20 Meilen hin und zurück fahren, aber es lohnte sich.
Dass Amazon mit dem Verkauf von Büchern groß wurde, ist weit mehr als ein Zufall. Jeff Bezos ist seit der Kindheit ein Büchernarr. Er nahm mit Feuereifer an Literatur-Schülerwettbewerben teil und las mit seinen ebenfalls lesebegeisterten Mitschülern um die Wette.
Bezos war wie viele Nerds des 20. Jahrhunderts eher ein Einzelgänger, der viel las und viel Zeit vor dem Computer verbrachte. Seine Lehrer notierten damals, dass er „nicht besonders führungsbegabt“ sei. Auch rein körperlich wirkte er wie ein Nerd: Jeff brachte nicht einmal das Mindestgewicht für die Football-Mannschaft auf die Waage.
Als seine Eltern erneut umzogen – diesmal nach Florida – war Jeff 13 Jahre alt. Hier übernahm er seinen ersten Sommerjob. Und das ausgerechnet bei McDonalds. Doch der Teenager gab sich mit dem Burgerwenden nicht zufrieden und entwickelte Verbesserungsvorschläge, mit denen die Abläufe in dem Laden tatsächlich verbessert wurden.
In seinem ersten Jahr auf der Junior-Highschool lernte Jeff seine langjährige Freundin Ursula „Uschi“ Werner kennen. Sie träumten von einer gemeinsamen Firma und schufen diese tatsächlich auch in frühen Teenagerjahren. Werbeflyer begeisterten junge Schüler für einen sehr besonderen Nachhilfeunterricht. Die Beziehung endete wie so viele andere Highschool-Liebschaften in der Collegezeit.
Auf dem College setzte Bezos nebenbei seinen Kindheitstraum – übrigens inspiriert vom Großvater – in die Tat um. Seinen Abschluss machte er in Elektrotechnik und Informatik und auch die ersten Berufsschritte unternahm Bezos in anderen Bereichen – allen voran bei IBM. Aber seinen Traum, der heute in Blue Origin mündet, den hatte er, seitdem er fünf Jahre alt war.
Kein Kunde habe jemals nach Amazon Prime gefragt, aber wie man sehe, wollten sie es. Dabei müsse man geduldig experimentieren und Misserfolge annehmen.
2. Proxies (Stellvertreter-Dingen) widerstehen
Wenn Unternehmen größer und komplexer werden, gibt es eine Tendenz zu „Proxies“ – wenn auf einmal weniger wichtige Dinge verwaltet werden und das Wichtige in den Hintergrund gerät. Bezos nennt Prozesse als Beispiel für solche „Proxies“.
Eigentlich dienen die Prozesse dazu, den Kunden gut zu bedienen. Aber wenn man nicht aufpasst, geht es den Managern nur noch um die Prozesse. Erfahrene Manager müssten Prozesse untersuchen und hinterfragen, wenn etwas nicht läuft, statt diese als Ausrede nehmen nach dem Motto: Wir haben uns ja an die Prozesse gehalten.
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