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Karin Radström Vertriebsass und Rudermeisterin – So tickt die neue Lkw-Chefin von Mercedes

Seit Februar leitet die Schwedin das kriselnde Europageschäft bei Daimler Truck. Ihr Sanierungsplan: Overengineering stoppen und Service verbessern.
02.05.2021 - 18:23 Uhr Kommentieren
Die Schwedin ist die einzige Frau im Vorstand von Daimler Truck. Quelle: Scania CV AB
Karin Radström:

Die Schwedin ist die einzige Frau im Vorstand von Daimler Truck.

(Foto: Scania CV AB )

München Der Ruderklub in Stuttgart hat seit Kurzem ein prominentes neues Mitglied: Karin Radström. Die 42-Jährige ist zwölffache schwedische Meisterin im Zweier und belegte vor mehr als einer Dekade Platz fünf bei der Weltmeisterschaft. Doch nach ihrer Karriere im Profisport mied die Skandinavierin zehn Jahre lang jedes Boot.

„Das hat sich irgendwie so ergeben“, sagte Radström dem Handelsblatt. „Vor einem Jahr habe ich aber gemerkt, dass ich es vermisse zu rudern.“ Daher fing sie wieder an. Vielleicht auch, weil die ehemalige Scania-Managerin für ihren neuen Job mehr Ausdauer denn je benötigt. Radström leitet seit Februar bei Daimler Truck das Geschäft in Europa und Lateinamerika.

Die Schwedin ist die einzige Frau im Vorstand der Lastwagensparte des schwäbischen Industriekolosses und soll schaffen, woran schon viele Männer vor ihr scheiterten: die Kernmarke Mercedes-Benz auch bei Nutzfahrzeugen ganz an die Spitze zu führen. Anders als im Pkw-Geschäft kämpft die Marke mit dem Stern bei Sattelschleppern und Bussen seit Jahren mit bröckelnden Marktanteilen und dünnen Margen.

Die Probleme sind vielfältig. In der letzten „Heavy Truck Study“ landete Mercedes unter den europäischen Lkw-Herstellern bei der Kundenzufriedenheit in der Kategorie Produkt nur auf Platz vier, beim Service lediglich auf Rang fünf und beim Vertrieb an der dritten Position. „Das Ergebnis zeigt, dass wir die Erwartungen unserer Kunden zuletzt nicht in Gänze erfüllen konnten. Hier müssen wir besser werden, keine Frage“, bekundet Radström.

In den vergangenen Jahren büßten die Schwaben beispielsweise jede Menge Vertrauen durch Qualitätsmängel beim Retarder ein – das ist eine verschleißlose Dauerbremse. Das Lkw-Flaggschiff Actros ist aus Sicht vieler Spediteure zudem „overengineered“ und damit unnötig teuer. In einem Geschäft, in dem schon geringe Cent-Beträge pro Kilometer einen großen Unterschied ausmachen, ist dies ein entscheidender Makel.

Nächte in der Fahrerkabine

Radström verspricht Abhilfe. „Wir haben die besten Ingenieure der Welt hier, aber wir müssen sicherstellen, dass wir genau das entwickeln, was unsere Kunden wirklich benötigen.“ Der strategische Ansatz der neuen Lkw-Chefin von Mercedes ist klar: Sie will das Geschäft von Speditionen, Busunternehmen und Kommunen noch viel besser verstehen lernen. Bei Problemen jedweder Art plant Radström, schnell und unkompliziert Lösungen anzubieten.

Die Managerin hat eine steile Karriere hingelegt. Bevor sie zu Daimler kam, wirkte sie in verschiedenen Führungspositionen beim schwedischen Konkurrenten Scania, der zum MAN-Mutterkonzern Traton zählt. Radström arbeitete sich dort vom Trainee bis zur Vertriebsvorständin hoch. Sie hat in Stockholm studiert (Master of Engineering).

Während ihrer Ausbildung bei Scania begleitete sie tagelang Lkw-Fahrer und übernachtete teils selbst in der Kabine. Auch heute noch versucht Radström, nicht nur Vergleichsfahrten auf Teststrecken zu absolvieren, sondern auch zumindest einmal im Jahr eine längere Runde auf öffentlichen Straßen zu drehen, um hautnah ein Gespür für die eigenen Produkte zu bekommen. „Das hilft mir, die Wünsche und Nöte unserer Kunden besser zu verstehen.“

Daimler Truck ist zwar der größte Nutzfahrzeughersteller der Welt, scheitert aber regelmäßig daran, seine Skalenvorteile in hohe Gewinne umzumünzen. 2020 war da keine Ausnahme. Infolge des Corona-Schocks stürzte die Marge der Stuttgarter sogar auf 1,5 Prozent ab, während die Rivalen Volvo Trucks (8,1 Prozent) und Scania (7,1 Prozent) selbst in der Krise noch auskömmliche Renditen erzielten.

Dabei ist Daimler Truck in Nordamerika, der wichtigsten Absatzregion für schwere Sattelschlepper, stark positioniert. Die US-Töchter Freightliner und Western Star kommen zusammen auf einen Marktanteil von mehr als 41 Prozent. Das „Problemkind“ von Daimler Truck ist das Geschäft in Europa. Hier hat Mercedes-Benz Lkw seit 2014 gut sechs Prozentpunkte im Vergleich zur Konkurrenz eingebüßt und weist aktuell nur noch einen Marktanteil von 18,2 Prozent aus.

40 Milliarden Euro schwerer Börsengang

Radström muss den Kundenschwund schleunigst stoppen und eisern sparen. Nicht zuletzt, weil Daimler das Lastwagengeschäft von der Autodivision abspalten und bis Jahresende mehrheitlich an die Börse bringen will. Daimler Truck könnte mehr als 40 Milliarden Euro wert sein, sofern der Konzern seine Hausaufgaben erledigt, konstatieren Analysten. Bernstein-Experte Arndt Ellinghorst fordert von den Stuttgartern eine „klare Strategie“, um den Serviceanteil am Umsatz von aktuell unter 20 auf gut 50 Prozent zu erhöhen. Dies sei der Weg vorwärts.

„Wir setzen alles daran, hier künftig deutlich zu wachsen, etwa indem wir Lücken im Vertriebsnetz schließen“, kündigt Radström an. Sie stellt ambitionierte Ziele in Aussicht, will aber noch keine Details nennen. „Wir befinden uns gerade mitten in einem Strategieprozess“, sagt sie entschuldigend.

Noch dürften ihr die Investoren solch ausweichende Antworten verzeihen. Schon am 20. Mai wird Radström aber einen klaren Fahrplan zur Margensteigerung vorlegen müssen. Dann lädt Daimler Truck seine Shareholder zu einem lange erwarteten Kapitalmarkttreffen ein.

Mehr: Daimler und Volvo starten Aufholjagd bei Brennstoffzellen für Fernverkehr-Lkws.

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