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Korruption in Unternehmen Es läuft wie geschmiert

Eine Exklusive Umfrage unter 500 Topmanagern zeigt: Korruption ist allgegenwärtig. Unternehmen zeigen sich bei der Strafverfolgung zwar kooperativ. Doch nur wenige Chefs verstehen die Regeln in ihrer eigenen Firma.
20.05.2016 - 12:07 Uhr
Alle in der Studie Befragten gaben an, dass es bereits Korruptionsfälle in ihrer Organisation gegeben hat. Quelle: dpa
Geldübergabe

Alle in der Studie Befragten gaben an, dass es bereits Korruptionsfälle in ihrer Organisation gegeben hat.

(Foto: dpa)

Berlin Kämpfer gegen Korruption nennen ihn den „großen Wendepunkt“. Der Korruptionsskandal bei Siemens, der den Münchener Konzern vor rund zehn Jahren dazu veranlasste, seine Compliance-Strukturen auf den Kopf zu stellen.

Heute gehört der Konzern laut Transparency International zu den Vorzeigekonzernen: In einem Ranking der 105 weltweit größten Konzerne rangieren die Münchener immerhin unter den Top 20.

So viel Engagement im Kampf gegen Schmiergelder zeigen offenbar nur wenige Unternehmen. Zu diesem Fazit kommt eine neue internationale Studie, die dem Handelsblatt exklusiv vorliegt. Die erschreckenden Ergebnisse: Knapp die Hälfte der befragten Unternehmenslenker räumt ein, dass ihre Abwehrmaßnahmen gegen Bestechung nicht greifen. Dies ist umso schwerwiegender, da alle Befragten angaben, dass es bereits Korruptionsfälle in ihrer Organisation gegeben hat.

Die internationale Wirtschaftskanzlei Eversheds hatte für die Studie 500 Führungskräfte aus zwölf Ländern befragt, darunter auch Deutschland. Die Befunde zeigen, wie große Unternehmen auf Bestechungs- und Korruptionsfälle vorbereitet sind. Joos Hellert, Jurist bei Eversheds in München, sieht, dass es zwar ein Bewusstsein dafür gibt, wie sehr solche Fälle Gewinne und Reputation beschädigen können. Doch es gelinge der Führungsriege noch nicht, „Korruptionsfälle mit entsprechenden Compliance-Programmen konsequent zu erkennen und zu verhindern“.

Auch in Deutschland gaben alle befragten Manager an, dass Bestechung und Korruption in ihrem Geschäftsumfeld vorkommt. Aber nur 25 Prozent verstehen nach eigener Aussage tatsächlich die Details der Antikorruptionspolitik ihres eigenen Unternehmens. Nur 15 Prozent fühlten sich ausreichend geschult im Umgang mit diesem Thema.

Heiko Willems, Leiter der Rechtsabteilung beim Bundesverband der Deutschen Industrie, weiß, dass der Kampf gegen Bestechlichkeit ein aufwendiges Unterfangen ist. Regeln für die Lieferanten, Schulungen der Mitarbeiter, anonyme Hotlines für Whistleblower und das Vieraugenprinzip bei Vertragsverhandlungen zählten zu den gängigen Maßnahmen gegen Bestechlichkeit.

Doch gerade mittelständische Unternehmen hätten oft nicht die Ressourcen, große Compliance-Abteilungen aufzubauen, beobachtet BDI-Experte Willems. Besser stünden Dax-Konzerne da, die mittlerweile gut funktionierende Compliance-Abteilungen hätten. Dabei fällt auf, dass vielfach auch die großen Konzerne erst nach Skandalen umsteuern. Neben Siemens ist das etwa auch beim Autobauer Daimler der Fall. Nach der Korruptionsaffäre im Jahr 2008 in den USA hat Daimler mit Renata Jungo Brüngger sogar ein Vorstandsmitglied für „Integrität und Recht“.

Dass Bestechlichkeit global noch immer allgegenwärtig ist, liegt auch an den laschen Strafen und globalen Transparenzvorschriften. Wie groß der Nachholbedarf ist, wurde erst vor einer Woche beim Anti-Korruptions-Gipfeltreffen in London mit etwa 40 Regierungen deutlich. Neben Großbritannien bekannten sich anschließend fünf weitere Staaten, darunter die Niederlande und Frankreich, öffentliche Register aufzubauen, in denen heimische Unternehmen über ihre Eigentümerstrukturen informieren müssen – also über all jene Personen, die von den Geschäftserlösen profitieren.

So soll verhindert werden, dass Besitztümer verschleiert werden. In der EU sind solche Register der wirtschaftlich Berechtigten von Unternehmen und Trusts ohnehin ab 2017 Pflicht. Allerdings können die Mitgliedstaaten entscheiden, ob das Transparenzregister für die breite Öffentlichkeit einsehbar ist.

Der Leiter der Arbeitsgruppe Strafrecht bei Transparency International, Reiner Hüper, fordert neben der Transparenz, auch die Strafen für bestechliche Unternehmen zu erhöhen. „Deutschland hinkt beim Unternehmensstrafrecht im internationalen Vergleich hinterher“, sagt Hüper.

Doch es kommt Bewegung in den Kampf gegen Korruption. Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) kündigte an, noch in diesem Jahr einen Vorschlag vorzulegen, um Unternehmen und Banken stärker in Haftung zu nehmen. Bisher liegt die starre Obergrenze für Bußgelder bei zehn Millionen Euro. Maas will, dass sich die Höhe der Strafe künftig an Umsatz oder Gewinn orientiert.

Auch in der Gesundheitsbranche will die Bundesregierung nun härter durchgreifen. Nach dem kürzlich verabschiedeten Gesetz gegen Korruption im Gesundheitswesen, drohen korrupten Ärzten und Vertretern der Pharmabranche nun bis zu drei Jahre Haft, in besonders schweren Fällen von Bestechung sogar fünf Jahre. In dieselbe Richtung deutet das geplante Gesetz zur strafrechtlichen Vermögensabschöpfung. Mit dem Gesetz soll durch Korruption erwirtschaftetes Geld leichter als bisher sichergestellt werden können. Dazu sollen Vermögen unklarer Herkunft auch unabhängig von einem Nachweis einer rechtswidrigen Tat eingezogen werden können. Dann gelte endlich „crime doesn‘t pay“, wünscht sich Hüper.

Unternehmen zeigen sich bei der Strafverfolgung durchaus kooperativ. Laut der Studie entschieden sich 70 Prozent der deutschen Unternehmen dazu, festgestellte Fälle unlauterer Geschäftspraktiken selbst an die Strafverfolgungsbehörden zu melden. „Es wird zur Strategie der Gesetzgeber gehören, mehr Anreize zur Selbstanzeige zu schaffen“, meint Eversheds-Anwalt Hellert. Allerdings falle es multinationalen Unternehmen zunehmend schwer, den Überblick über all die Vorschriften zu behalten.

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