Korruptionsverfahren „An keine Regeln gebunden“– Schwere Vorwürfe des US-Aufsehers gegen Ex-Bilfinger-Chef Roland Koch

Der Industriedienstleister Bilfinger fordert von seinem Chef vor Gericht Schadenersatz.
Düsseldorf Der US-Monitor Mark Livschitz erhebt laut einem Bericht des „Spiegel“ schwere Vorwürfe gegen den früheren Bilfinger-Chef Roland Koch. Der ehemalige CDU-Politiker habe sich wie seine Vorstandskollegen „an keine Regeln gebunden“ gefühlt und strategische Entscheidungen gefällt, „ohne die Korruptionsproblematik zu bedenken“, zitiert das Magazin aus zwei vertraulichen Berichten aus dem Jahr 2015.
Der Industriedienstleister steht seit 2013 unter der Aufsicht des Schweizer Anwalts Livschitz, der im Auftrag des US-Justizministeriums die Einhaltung von Compliance-Regeln überwacht. Von seinem Urteil hängen auch mögliche US-Strafen gegen den Konzern ab.
Die Firma leide an einem „ernsten Problem mit ihrer Unternehmenskultur, offenbar verdorben durch das Erbe seiner früheren Spitzenmanager, die sich für Könige in ihren Schlössern hielten“. Koch habe Firmen in Ländern, in denen Korruption zum Alltag, gekauft, ohne ausreichend zu prüfen, ob sie sauber arbeiteten. „Trotz evidenter Compliance-Risiken“, so der Bericht, „gibt es keinerlei Hinweise, dass derartige Themen im Vorstand in Erwägung gezogen wurden.“
Im Februar hatte Bilfinger mitgeteilt, dass der Aufsichtsrat ehemalige Vorstände auf Schadensersatz verklagt. Betroffen sind alle Vorstandsmitglieder aus den Jahren 2006 bis 2015, die bis Jahresende 2014 in das Gremium eintraten. Der Grund: fehlendes Handeln in Sachen Compliance – also die Nicht-Einhaltung von Gesetzen und Richtlinien. Die Ansprüche belaufen sich laut Bilfinger auf 120 Millionen Euro.
Die fraglichen Vorgänge fielen in die Amtszeit der Vorstandsvorsitzenden Herbert Bodner (1999 bis 2011 sowie 2014/15) und Roland Koch (2011 bis 2014), dem früheren hessischen Ministerpräsidenten. In dem genannten Zeitraum waren insgesamt zwölf Manager als Vorstände für Bilfinger tätig. Koch hat bisher alle Vorwürfe als „substanz- und haltlos“ zurückgewiesen.
2003 waren drei Bilfinger-Manager in Nigeria an der Bestechung einer staatlichen Ölgesellschaft beteiligt gewesen. Bilfinger hatte nigerianischen Regierungsvertretern sechs Millionen Dollar Bestechungsgelder gezahlt, um an Aufträge bei dem Pipeline-Projekt Eastern Gas Gathering System (EGGS) zu kommen.
Zehn Jahre nach dem Korruptionsfall in Nigeria zahlte Bilfinger eine Strafe in Höhe von 32 Millionen Dollar und akzeptierte eine Aufsicht der US-Justizbehörde und deren Auflagen, darunter auch die Einsetzung von Livschitz als sogenannter Monitor. Roland Koch, der Bilfinger damals anführte, sagte: „Wir sind froh, diese Vorgänge aus lang zurückliegender Vergangenheit nun abschließen zu können.“ Doch ganz so einfach war es nicht.
2014 gab es einen weiteren Korruptionsfall: Die Bilfinger-Tochter Mauell zahlte hohe Summen an Schmiergeldern, um sich Bauaufträge für die Fußball-Weltmeisterschaft 2014 in Brasilien zu sichern. Auch dieser Vorfall fällt in die Zeit, als Koch Bilfinger-Chef war.
Eigentlich sollte die Aufsicht durch Livschitz nur drei Jahre dauern. Aufgrund seines Berichts aus dem Jahr 2015 wurde sein Mandat bis Ende 2018 verlängert.
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