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Kulturwandel im Management Tausche Macht für Freizeit

Manager haben es satt, nur zu arbeiten und keine Zeit für Familie und Hobbys zu haben. Work-Life-Balance gilt als das neue Status-Symbol – und ein Schritt zurück auf der Karriere-Leiter ist nicht länger tabu.
28.02.2015 - 16:54 Uhr Kommentieren
Spitzenkräfte setzen neue Prioritäten und schalten einen Gang zurück. Quelle: dpa
Der Schreibtisch bleibt zunehmend leer

Spitzenkräfte setzen neue Prioritäten und schalten einen Gang zurück.

(Foto: dpa)

Düsseldorf Baby statt Bank. Für Alexander Dibelius war die Entscheidung klar. Doch so mancher Managerkollege und Geschäftspartner des Chefs von Goldman Sachs in Deutschland staunte nicht schlecht, als er vom freiwilligen Rücktritt des 55-Jährigen hörte und dass sich der frischgebackene Vater künftig vor allem seinem Nachwuchs widmen wolle.

Bis zur Schwangerschaft seiner zweiten Ehefrau schien ein solcher Schritt undenkbar. Dibelius galt als Prototyp für ausgeprägten Ehrgeiz und Machtinstinkt. Die Karriere des studierten Mediziners war extrem steil verlaufen, und noch höhere Positionen waren durchaus drin. Schließlich war Dibelius der deutsche Drahtzieher hinter den wichtigsten Deals der letzten zwei Dekaden: Ob Daimler-Chrysler, Vodafone-Mannesmann oder Conti-Schaeffler – an allen war er beteiligt. Und nun wollte der Top-Investmentbanker, statt in den Zirkeln der Macht den Ton anzugeben, lieber zu Hause Windeln wechseln?

Wendepunkt für den Ex-Chef von Esprit: Es hieß „Job oder Familie“ für den Vielflieger. Quelle: Ralph Sondermann für Handelsblatt
Ronald van der Vis

Wendepunkt für den Ex-Chef von Esprit: Es hieß „Job oder Familie“ für den Vielflieger.

(Foto: Ralph Sondermann für Handelsblatt)

Auch für viele Arbeitgeber in Deutschland ist eine solche Entscheidung einer männlichen Spitzenkraft gewöhnungsbedürftig, und dennoch zeigt sich hier ein Trend, auf den Unternehmen reagieren müssen: Denn Alexander Dibelius ist nicht der einzige erfolgreiche Manager, der plötzlich neue Prioritäten setzt. Auch einige andere haben bereits einen Gang zurückgeschaltet: Esprit-Chef Ronald van der Vis zum Beispiel gab 2012 nach drei Jahren als CEO seinen Geschäftsführungsposten ab und begründete seinen Rückzug gegenüber dem Handelsblatt so: „Ich bin 150 Tage im Jahr im Flieger zwischen Düsseldorf und China. Meine Familie in Amsterdam will das nicht mehr mitmachen. Auch ein Umzug, entweder nach Ratingen oder Hongkong, kam für Frau und Kinder nicht infrage. „Es hieß: der Job oder die Familie“, sagt der Ex-Manager. Der Niederländer entschied sich gegen die Rolle als Sanierer beim wankenden Modekonzern. Inzwischen ist van der Vis als Aufsichtsrat mehrerer Unternehmen tätig und kann sich seine Zeit dadurch viel freier einteilen als je zuvor. Das Privatleben des einstigen Vielfliegers kommt nicht länger zu kurz.

Der Exot: ein malender Manager

Dirk Salz ist ein weiteres Beispiel. Der Bereichsleiter beim zentralen IT-Dienstleister im Düsseldorfer Ergo-Versicherungskonzern hat nach 23 Berufsjahren die Teilzeit für sich entdeckt: Der 52-jährige Chef von 25 Mitarbeitern, die zum Beispiel Apps für Versicherungskunden entwickeln, arbeitet seit knapp einem Jahr nur noch vier Tage pro Woche. So kann er freitags ausschließlich seiner privaten Leidenschaft frönen – und in seinem Atelier in Mülheim an der Ruhr malen. „Mit einem Vollzeitjob konnte ich mich meiner Kunst nur spätabends und am Wochenende widmen“, erzählt Dirk Salz. Ungünstig, um mit Galeristen zusammen Ausstellungen vorzubereiten. Das Pilotprojekt des Versicherungskonzerns, mit dem seit letztem Frühjahr Manager erstmals in Teilzeit arbeiten können, kam Dirk Salz gerade recht. Zu seinem durchorganisierten Manageralltag ist das Künstlerdasein das komplette Gegenteil. „Ich bin ein Exot auf beiden Seiten. Aber ich fühle mich wohl in dieser Rolle“, sagt der malende Manager.

Alexander Dibelius, Ronald van der Vis, Dirk Salz – solche prominenten Vorbilder könnten Schule machen. Denn insgeheim haben etliche Führungskräfte ihren Berufsalltag satt, der ihnen kaum Zeit für Privates lässt. Das zeigt das aktuelle Manager-Barometer der Personalberatung Odgers Berndtson. Die regelmäßige Befragung von mehr als 2 000 Führungskräften aus Deutschland, Österreich und der Schweiz ergab, dass die Bereitschaft, mehr als die durchschnittlichen 50 Wochenstunden zu arbeiten, sinkt. Auch der Ehrgeiz in der deutschen Führungsriege hat offenbar Grenzen: Für einen karrierefördernden Jobwechsel eine längere Wochenarbeitszeit zu akzeptieren hat in den letzten drei Jahren kontinuierlich abgenommen – nur noch 52 Prozent sind dazu bereit. Zum Vergleich: 2012 waren es noch 60 Prozent der Befragten. Auch innerhalb Deutschlands oder gar weltweit umzuziehen, um aufzusteigen, wollen immer weniger Manager. Und eine räumliche Trennung vom Lebenspartner oder von der Familie über einen längeren Zeitraum kommt für etliche von ihnen erst recht nicht infrage.

„80 Stunden pro Woche sind für niemanden gut“
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