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Managementvergütung Boni stützen Gehaltskonten der Dax-Chefs – Post-CEO Frank Appel ist Topverdiener

Die Einkommen der Dax-Chefs sind 2020 nur um zehn Prozent gesunken. Die Manager profitieren von Sonderboni und starren Vergütungsregeln.
29.03.2021 - 04:00 Uhr Kommentieren
Fotos: ap, Reuters, Bernd Roselieb für Handelsblatt

Fotos: ap, Reuters, Bernd Roselieb für Handelsblatt

Düsseldorf Die Katastrophe ist im Krisenjahr 2020 ausgeblieben. Jedenfalls auf den Gehaltskonten der Vorstandschefs. Keine zehn Prozent weniger verdienten die CEOs der führenden Dax30-Konzerne. Im Median, also ohne Berücksichtigung extrem hoher oder niedriger Gehälter, kassierten sie 4,9 Millionen nach 5,5 Millionen Euro in 2019.

Topverdiener waren die Vorstandschefs Frank Appel (Post) mit zehn Millionen Euro, gefolgt vom ausgeschiedenen Joe Kaeser (Siemens) und dem scheidenden Merck-Chef Stefan Oschmann. Appel war der einzige CEO mit einer Vergütung im zweistelligen Millionenbereich.

Gemessen am schweren Gewinneinbruch von etwa 50 Prozent über alle Dax-Konzerne haben die Topmanager recht ordentlich abgeschnitten. Operativ lief es zwar unerwartet gut für viele Unternehmen. Doch verhagelten hohe Wertberichtigungen bei einigen das Ergebnis, nicht aber die Gehälter. Bayer-CEO Werner Baumann und BASF-Chef Martin Brudermüller hielten sogar ihr Vorjahreseinkommen.

„Gemessen an den wirtschaftlichen Ergebnissen sind die Chefs glimpflich davongekommen – und das auf hohem Vergütungsniveau“, lautet das Fazit des Gehaltsexperten Heinz Evers, der die Daten für das Handelsblatt analysiert hat.

Aktionärsschützer machten ein besonderes Ärgernis aus. Manager verkündeten Gehaltsverzicht, der später ausgeglichen wurde. Aufsichtsräte genehmigten Sonderzahlungen wegen „außergewöhnlicher Leistungen“. Davon profitierte etwa SAP-Chef Christian Klein. Für DSW-Hauptgeschäftsführer Marc Tüngler ein Hinweis darauf, dass Vergütungssysteme nicht richtig funktionieren.

Abschreibungen bleiben ohne Folgen für das Gehalt

Für Aktionäre ist es schon überraschend, dass Milliarden schwere Wertberichtigungen, die schließlich eine Folge von Fehleinschätzungen sind, weitgehend an den Vergütungen der verantwortlichen Manager vorbeigehen. Die Abschreibungen bei Bayer, BASF und Continental waren gravierend.

Fotos: Imago Images/Sepp Spiegl, Covestro, Christoph Papsch für Handelsblatt

Fotos: Imago Images/Sepp Spiegl, Covestro, Christoph Papsch für Handelsblatt

Nur dem ausgeschiedenen Conti-Vorstandsvorsitzende Elmar Degenhart fehlten 20 Prozent in der Kasse im Vergleich zum Vorjahr. Das allerdings dürfte daran liegen, dass Degenhart schon im November seinen Posten geräumt hatte.
Extreme Vergütungen blieben allerdings 2020 aus. Was auch daran liegt, dass unter den Top-Führungskräften einige Neuzugänge sind, die zu Beginn ihrer CEO-Karriere mit vergleichsweise geringeren Bezügen antreten. SAP-Chef Christian Klein ist ein Beispiel dafür.

Der Chef des größten deutschen Softwarehauses ging 2020 mit 3,3 Millionen Euro nach Hause, sein Vorgänger Bill McDermott hatte sich mit 15,2 Millionen Euro verabschiedet – und das für zehn Monate Arbeit an der SAP-Spitze.

Extras für den Vorstand bei SAP

SAP ist allerdings auch ein Beispiel dafür, wie das von der Pandemie belastete Geschäftsjahr 2020 dazu genutzt wurde, vermeintlich unterbezahlten Vorständen ein Extra zu gönnen. Christian Klein, seit einem Jahr durch den Rückzug von Co-Chefin Jennifer Morgan alleiniger Vorstandssprecher des Unternehmens, kassierte nach dem Vergütungssystem regulär nur 2,2 Millionen Euro.

Tatsächlich war es mehr. Wer den Vergütungsbericht komplett liest, findet noch eine Sonderzahlung wegen „außerordentlicher Leistung“ im Coronajahr. Insgesamt bewilligte der Aufsichtsrat den Vorstandsmitgliedern von SAP vier Millionen Euro extra, davon 1,1 Millionen für den CEO. Für Klein immerhin ein Drittel mehr Jahreseinkommen.
Kompliziert ist es auch bei Adidas und Covestro. Die Vorstände der beiden Firmen hatten unter dem Eindruck der aufziehenden Coronakrise im Frühsommer Verzicht angekündigt – wie sechs weitere Führungsgremien anderer Dax-Konzerne auch.

Doch liefen sowohl bei dem Sportschuhkonzern wie auch beim Chemiespezialisten die Geschäfte besser als anfangs befürchtet. Die Notbremse wurde im Herbst wieder aufgehoben.

Bei Covestro war es eine konzertierte Aktion. Fast die gesamte Belegschaft (96 Prozent) hat auf Gehalt verzichtet und entsprechend weniger gearbeitet. Die Einbußen waren sehr unterschiedlich. Vorstand und Aufsichtsrat verzichteten fünf Monate auf 15 Prozent ihrer Festbezüge, Arbeiter und Angestellte deutlich weniger. Offizielle Kurzarbeit gab es keine, weil die Werke weiterliefen.
Im November haben dann alle eine Sonderzahlung bekommen, die den Einkommensausfall wieder ausglich. Einschließlich des Vorstands. Unterm Strich wurde beim Chemiekonzern weniger gearbeitet bei gleichem Verdienst.

Auch der Sportartikelkonzern Adidas besann sich nach der Schockstarre im Frühjahr 2020 eines Besseren. Erst verzichteten die Vorstände auf jegliche variable Vergütung. Das wären zwei Drittel ihrer Jahresbezüge gewesen. Zum Jahresende genehmigte der Aufsichtsrat einen „Sonderbonus“ von 25 Prozent der Langfristboni. Das sind zehn Prozent der Gesamtbezüge. So etwas geht bei Adidas nur in „begründeten seltenen Ausnahmefällen und bei außerordentlichen Leistungen“, heißt es. Und genau diesen Anlass sah der Aufsichtsrat 2020 als gegeben an.

Adidas hatte sich wegen des massiven Geschäftseinbruchs eine drei Milliarden Euro schwere Garantie des Bundes organisieren müssen, dann aber nur 500 Millionen Euro davon in Anspruch genommen und die Garantie später zurückgegeben. Diese „Stabilisierung“ honoriert der Aufsichtsrat.

„Stabilisierung“ wird bei Adidas besonders honoriert

Andere Dax-Konzerne verkündeten ebenfalls Abschläge für ihre Chefetage, blieben dann allerdings auch dabei: BASF drei Monate lang 20 Prozent vom Fixum, Deutsche Bank zehn Prozent der Gesamtbezüge, Daimler neun Monate 20 Prozent vom Grundgehalt.

Beiersdorf macht es den Aktionären besonders schwer nachzuvollziehen, was denn nun die Corona-Maßnahmen bewirkten. Im Zuge eines Solidarpaktes verzichtete der Vorstand auf 20 Prozent Festvergütung ab April bis zum Jahresende. Für Vorstandschef Stefan De Loeker waren das beispielsweise 150.000 Euro.

Zugleich revidierte der Aufsichtsrat aber die Performance-Vorgaben nach unten. Folge: Die Zielvorgaben waren leichter zu erfüllen.

In vielen Unternehmen sind im Corona-Jahr die bislang ohnehin kaum noch nachzuvollziehenden Vergütungssysteme ihrer Vorstände noch undurchschaubarer geworden. Heinz Evers, Gehaltsexperte

„Was für die Vorstände aus solchem Hin und Her letztlich auf ihren Einkommenskonten ankommt, ist nur schwer abzuschätzen,“ sagt Berater Evers. „In vielen Unternehmen sind im Corona-Jahr die bislang ohnehin kaum noch nachzuvollziehenden Vergütungssysteme ihrer Vorstände noch undurchschaubarer geworden.“ Da wäre eine „grundlegende Revision“ angebracht, empfiehlt er.

Intransparenz sorgt für Kritik der Aktionärsschützer

Intransparenz kommt auch bei Vertretern von Aktionärsinteressen nicht gut an. Marc Tüngler, Hauptgeschäftsführer der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW), sieht durchaus den Konflikt, in denen viele Unternehmen steckten: Mehr Arbeit für die Vorstände wegen der Pandemie, aber kein Bonus wegen der schlechten Ergebnisse. Was den Chef der Aktionsvertreter DSW allerdings bedenklich stimmt ist die „Anpassung der Unternehmensziele während des Jahres und das natürlich mit einem Upside für die Vorstände“.

„Die Erwartung an das Geschäftsjahr sei doch angesichts sinkender Gewinne gewesen, dass auch die Vergütungen entsprechend sinken.“ Dort, wo das nicht der Fall ist, müssten sich Vorstände und Aufsichtsräte fragen lassen „funktioniert das Vergütungssystem richtig“, sagt Tüngler.

Die DSW lehnt insbesondere Sonderzahlungen ab, wie etwa die bei Thyssen-Krupp. Das Gründungsmitglied des Dax war 2019 aus dem Leitindex herausgefallen. Bei dem Essener Industriekonzern erhielt der Vorstand einen Sonderbonus von insgesamt knapp eine Million Euro. Was zu kräftigen Protesten nicht nur der Arbeitnehmer führte. Auch hier begründete der Aufsichtsrat die Zahlung mit einer „Ausnahmesituation“ für die es eine „Ausnahmeregelung“ gebe.

Sonderklauseln wie bei Thyssen-Krupp geben den Aufsichtsräten freie Hand

Solche Klauseln finden sich bei zahlreichen Konzernen. Beim Autokonzern Volkswagen führte die Ausnahme beispielsweise dazu, dass Vorstandschef Herbert Diess in 2020 auf dem Papier weniger verdiente als tatsächlich. Der Aufsichtsrat hatte vor zwei Jahren einen Abschlag auf Langfristtantieme in Höhe von 1,4 Millionen Euro gewährt. Anlass war die Umstellung des Vergütungssystems. Tatsächlich verdiente Diess 2020 also 9,1 Millionen Euro und würde damit auf Rang Drei der Topverdiener aufrücken.

Eine neue gesetzliche Regelung macht den Überblick über die Bezahlung der Topmanager nicht unbedingt einfacher. Die Aktiengesellschaften müssen künftig eine Obergrenze für die individuellen Vorstandsgehälter festlegen. Ziel der Politik ist es, damit Gehaltsexzesse zu verhindern.

Gehaltsdeckel

10

Millionen Euro

beträgt die Obergrenze für die Vergütung des Vorstandschefs künftig bei Volkswagen.

Einige Unternehmen wie VW haben schon Grenzen genannt, bei zehn Millionen Euro ist für den CEO in Wolfsburg Schluss. Selbst wenn die Boni mehr zuließen. Die Spanne im Dax30 reicht laut den Geschäftsberichten von 3,8 Millionen (Deutsche Wohnen) bis 34,5 Millionen Euro (SAP). Viele Dax-Konzerne haben sich aber noch nicht festgelegt und geben daher bislang nur das theoretisch mögliche Gehalt an, falls der Vorstand seine individuellen Ziele bestmöglichst erreicht hätte.

Aktionäre müssen Vergütungssysteme und Gehaltsdeckel genehmigen

Spätestens zur Hauptversammlung in diesem Jahr müssen die Unternehmen aber die Karten auf den Tisch legen und den Aktionären ein Maximum vorschlagen, dass dann in Zukunft gelten soll. Was zu der kuriosen Situation führen kann, dass ein Vorstand mehr verdient als möglich wäre. Dax.-Spitzenverdiener Postchef Appel ist so ein Fall. Sein Einkommen liegt 2020 um zwei Millionen Euro über dem Maximum. Folge einer so genannten Ausgleichszahlung

Post-Aktionäre dürften allerdings ratlos sein. Zum einen ist kaum nachvollziehbar, wie eine solche Zahlung zustande kommt, zum anderen war das Maximum anfangs ein „Gewährungs-Cap“, jetzt ist es ein ein „Zufluss-Cap“. Da helfen auch solch verdrehte Formulierungen nicht weiter, dass „im Jahr der Auszahlung einer Ausgleichszahlung sich das Gesamt-Cap für das Vorstandsmitglied, dem die Ausgleichszahlung gewährt wird, um den Ausgleichsbetrag“ erhöht.

Die vom Gesetzgeber verlangten Vergütungs-Obergrenzen sind generell meist großzügig angelegt. Das zeigt der Vergleich mit den aktuellen Einkommenszuflüssen. Viele Vorstandschefs hätten genügend Luft, ihr Jahreseinkommen zu verdoppeln.

Ob die Eigentümer der Unternehmen das allerdings durchgehen lassen, wird die Saison der Hauptversammlungen in diesem Jahr zeigen. Die Aktionäre werden darüber abstimmen dürfen.

Mehr: Thyssen-Chefkontrolleur Russwurm verteidigt die Sonderzahlung an den Vorstand

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