Mitarbeiter-Prämien Dax-Konzerne verwöhnen nicht nur ihre Aktionäre
Düsseldorf Die Daimler-Aktionäre hatten auf der Hauptversammlung am Mittwoch ein Lächeln im Gesicht: 3,25 Euro Dividende erhalten sie pro Aktie nach dem starken Geschäftsjahr 2015. Insgesamt beteiligen die Dax-Konzerne ihre Anteilseigner in diesem Jahr so stark am Geschäftserfolg wie noch nie. 29,2 Milliarden Euro fließen in die Taschen der Aktionäre – gegenüber dem Vorjahr steigen die Ausschüttungen damit noch einmal um sechs Prozent.
24 der 30 Dax-Konzerne erhöhen ihre Dividenden. Doch wer schlussfolgert, die Unternehmen beschenken nur ihre Aktionäre und vernachlässigen ihr wichtigstes Kapital, die Mitarbeiter, der irrt. Auch sie profitieren – und oftmals sogar noch mehr als die Anteilseigner, wie Berechnungen des Handelsblatts belegen.
Allerdings, Dividenden zahlen Unternehmen in allen Branchen – vorausgesetzt sie haben im vergangenen Jahr Geld verdient. Doch in den Genuss der Prämien kommen Mitarbeiter fast nur in den typisch deutschen Erfolgsbranchen Automobil, Chemie und Pharma. Fast alle Handels-, Konsum- und Dienstleistungsfirmen lassen ihre Mitarbeiter dagegen leer ausgehen.
Am meisten profitieren die Beschäftigten in der erfolgsverwöhnten Autobranche. Daimler-Aktionäre streichen mit ihrem Depotauszug am Donnerstag nach der Hauptversammlung die Rekorddividende von 3,5 Milliarden Euro ein. Das ist ein Zuwachs um 33 Prozent. Niemand in Deutschland schüttet mehr aus. Doch auch die Mitarbeiter können sich mit ihrer Gehaltsabrechnung Ende April freuen: Der Bonus für 2015 fällt mit 5650 Euro um 30 Prozent höher aus als im Vorjahr.
Konkurrent BMW zeigt sich noch etwas großzügiger. Ein Facharbeiter der Gehaltsgruppe fünf beispielsweise erhält eine Erfolgsbeteiligung von 8375 Euro angesichts des Rekordergebnisses, dass die rund 120.000 Mitarbeitern ihrem Konzern beschert haben. „Damit haben sie sich eine ordentliche Erfolgsbeteiligung verdient“, frohlockte Gesamtbetriebsratschef Manfred Schach. Allerdings sind das nur zehn Euro oder 0,1 Prozent mehr als im vergangenen Jahr. Der BMW-Konzernüberschuss war um zehn Prozent auf 6,4 Milliarden Euro gestiegen.
Nicht ganz so gut läuft es für die tariflichen und außertariflichen Beschäftigten bei BASF. Der eingebrochene Ölpreis und eine schwächere Weltwirtschaft haben Europas größtem Chemiehersteller zugesetzt. Der Nettogewinn fiel im vergangenen Jahr um knapp ein Viertel auf vier Milliarden Euro. Das spüren auch die Mitarbeiter, deren Erfolgsbeteiligung um 20 Prozent auf insgesamt 276 Millionen Euro sinkt. Die Aktionäre dürfen sich dagegen glücklicher schätzen: Sie erhalten trotz des kräftig gesunkenen Gewinns eine Rekorddividende von insgesamt 2,7 Milliarden Euro. Das sind 2,90 Euro pro Aktie, zehn Cent mehr als im Vorjahr.
Vor solchen Verteilungsschwierigkeiten steht Deutschlands zweitwertvollster Konzern Bayer – nach SAP – nicht: Stolz verkündete der scheidende Konzernchef Marijn Dekkers nicht nur historische Höchstwerte bei Umsatz, Gewinn und Dividende, sondern auch rekordhohe Einmalzahlungen für die Mitarbeiter. Für die 36.700 Beschäftigten in Deutschland zahlt der Pharmariese mit der anstehenden Gehaltsabrechnung Ende April insgesamt 510 Millionen Euro aus. Das ist ein Plus von 90 Millionen Euro gegenüber dem Vorjahr. Die individuelle Höhe setzt sich aus Zielvorgaben des Gesamtkonzerns, der einzelnen Teilbereiche des Unternehmens und der persönlichen Leistung zusammen. Tarifangestellte erhalten 110 bis 150 Prozent eines Monatsgehalts.
Am meisten streichen wie schon im Vorjahr die Angestellten bei der VW-Tochter Porsche ein. Trotz des Abgasskandals beim Wolfsburger Mutterkonzern erhalten die 15.600 Tarifbeschäftigten in Stuttgart sowie die 3.800 Angestellten in Leipzig 8.911 Euro. Das sind gut 300 Euro mehr als im Jahr davor. Porsche hatte sein Betriebsergebnis 2015 um ein Viertel auf 3,4 Milliarden Euro gesteigert.
Die Mitarbeiter hätten dazu beigetragen, dass der Autobauer in „einem keinesfalls einfachen Umfeld“ erfolgreich gewesen sei, begründete Porsche-Chef Oliver Blume die Rekordzahlung. Damit bezog er sich wohl auch auf die Krise des Mutterkonzerns, der im September vergangenen Jahres erstmals zugeben hatte, weltweit rund elf Millionen Autos manipuliert zu haben.
Einen deutlicheren Seitenhieb in Richtung Wolfsburg teilte Porsches Betriebsratschef Uwe Hück aus: „Da reiben sich jetzt sicher einige erstaunt die Augen.“ Es habe einige im Unternehmen gegeben, die laut nachgedacht hätten, ob die Sonderzahlung gekürzt oder ganz gestrichen werden solle. Doch Porsche sei eine eigenständige Marke im Konzern. Es dürfe nicht sein, dass die Mitarbeiter weniger Sonderzahlung bekommen sollen, „nur weil einige Dummheiten gemacht haben“.
VW-Mitarbeiter hatten im Vorjahr 5900 Euro Prämie kassiert. Sie werden in diesem Jahr wohl weniger bekommen. Ganz leer ausgehen werden sie aber auch nicht, denn über die Höhe einer „Anerkennungsprämie“ verhandeln derzeit Betriebsrat und Vorstand in Wolfsburg. Ein Ergebnis gibt es spätestens am 28. April, wenn Volkswagen seine um sieben Wochen verschobenen Geschäftszahlen für das abgelaufene Jahr präsentieren wird.