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Nachfolge in Dax-KonzernenAngreifer gesucht
Sie sind international, vernünftig, teamorientiert – und noch immer nahezu ausschließlich männlich: In vielen Dax-Konzernen greift eine neue Garde von Managern nach der Macht. Die aussichtsreichsten CEO-Anwärter in der Nahanalyse – wer sie sind, wo sie herkommen und was sie antreibt.
Düsseldorf Die erste Reise des Jahres führt Ola Källenius nach Las Vegas. In der Spielerstadt trifft sich Anfang Januar die Techbranche auf der Digitalmesse CES. Für den Daimler-Entwicklungsvorstand ist diese bunte Bühne der Zukunftsprojekte ein Muss-Termin, wichtiger inzwischen als die Automesse im eiskalten Detroit eine Woche später. In Las Vegas trifft sich der fast zwei Meter große Schwede mit Branchengrößen wie Jen-Hsun Huang. Der Gründer des Chipentwicklers Nvidia propagiert das autonom fahrende Auto, gesteuert von den firmeneigenen Hochleistungsprozessoren. Es sind Visionen, die auch Källenius begeistern. „In allen Marktforschungen rund um die Welt sagen uns die Kunden: ,Wow, das will ich haben‘“, propagiert Källenius das autonome Fahren, und seine Augen leuchten dabei.
Bis Ende 2019 ist Dieter Zetsche noch das Gesicht von Daimler, spätestens dann wird jemand anders seine Rolle übernehmen. Viel spricht für den heutigen Entwicklungsvorstand Ola Källenius als Zetsche-Nachfolger. Der 48-jährige Källenius leitet neben der konzernweiten Forschung und Entwicklung auch die Kernmarke Mercedes. Dies ist, um im Autojargon zu bleiben, die Poleposition für den Sprung in die Konzernspitze.
Källenius’ Weg nach oben verlief bislang so geradlinig wie eine Bundesautobahn. Direkt nach dem Wirtschaftsstudium in Stockholm und St. Gallen stieß er über das internationale Nachwuchsprogramm zu Daimler. Die Leitung des Mercedes-Werks in Alabama ziert ebenso seinen Lebenslauf wie die Geschäftsführung der Motorsporttochter AMG. 2013 wurde er Vertriebsvorstand, seit Januar ist der Kaufmann Chef der mehr als 10.000 Mercedes-Entwickler.
Zetsches Kronprinz bei Daimler
Ola Källenius, 48 | Funktion: Entwicklungsvorstand | Studienabschluss: „International Management“ und „Finance and Accounting“ | Auslandserfahrung: rund 13 Jahre | Berufserfahrung: 25 Jahre bei Daimler | Kennzeichen: erster Entwicklungschef in der Mercedes-Geschichte, der kein Ingenieur ist
(Foto: Marie Emmermann für Handelsblatt)
Källenius’ schwedischer Akzent erzeugt beim Zuhörer gleich jenes Gefühl von Ehrlichkeit und Sympathie, das jedem Skandinavier im Ausland als Bonus anhaftet. Verheiratet ist er mit einer Schwäbin. Der Vater von zwei Söhnen nimmt sich viel Zeit für die Familie und fröhnt gerne seinen beiden Hobbys: Basketball und Motorsport.
Källenius ist der Prototyp einer neuen Generation von Dax-Vorständen, die sich derzeit für den Sprung an die Konzernspitze bereitmachen. So zum Beispiel bei Siemens, wo Michael Sen bereitsteht, um seinen Mentor Joe Kaeser 2021 auf den Chefposten nachzufolgen – sofern Siemens-Aufsichtsratschef Jim Hagemann Snabe nicht andere Pläne hegt. Auch bei Infineon, der Deutschen Bank und Volkswagen steht in den kommenden Jahren der CEO-Posten zur Neuvergabe an. Überall halten sich inoffizielle Kronprinzen vom Schlage eines Källenius oder Sen bereit, die sich in mancher Hinsicht von der derzeitigen CEO-Riege unterscheiden.
Nachfolge bei Daimler
Sein schärfster Rivale ist aus dem Rennen. Seitdem der Zetsche-Vertraute Wolfgang Bernhard im vergangenen Jahr überraschend Daimler verließ, gilt Entwicklungsvorstand Ola Källenius inoffiziell als Kronprinz. Ein Machtwechsel steht bevor: Ende 2019 läuft der Vertrag von Daimler-Chef Dieter Zetsche aus.
Seitdem der 48-jährige Källenius als heißester Kandidat für eine Zetsche-Nachfolge gehandelt wird, versteht er es, jede Art von Angriffsfläche zu vermeiden. So hat er bereits die politische Feuertaufe bestanden: Als Mercedes im vergangenen Sommer wegen zu hoher Abgaswerte angeprangert wurde, stand er in Berlin Rede und Antwort und meisterte das nach Ansicht vieler Experten höchst professionell.
Källenius gilt als Menschenfänger. Zugutekommt ihm dabei sein schwedischer Akzent, der bei Zuhörern oft jenes Gefühl von Ehrlichkeit und Sympathie erzeugt, dass den Skandinaviern im Ausland gerne als Bonus anhaftet.
Der Wechsel an der Daimler-Spitze fällt in eine Zeit des Umbruchs. Finanzvorstand Bodo Uebber will den Konzern in eine Holding umwandeln: eine Muttergesellschaft mit rechtlich eigenständigen Töchtern. Dann wäre Mercedes, mit Källenius an der Spitze, mit Abstand die wichtigste.
Die Aspiranten setzen stärker als ihre Vorgänger auf Dialog. Der Administrator an der Konzernspitze, der in der abgeschirmten Vorstandsetage nach Aktenlage entscheidet, dürfte schon bald der Vergangenheit angehören. Ebenso wie der Choleriker, der Autorität durch Lautstärke ersetzt. Stattdessen ist heute das gefragt, was im Managementdeutsch „Leadership“ heißt und in der Praxis bedeutet: erst zuhören, dann entscheiden, dann die Beweggründe transparent machen. Andere zu jenen Höchstleistungen anspornen, die man auch sich selbst abverlangt.
Wie ein AMG-Motor ist auch die Generation Källenius ganz auf kompromisslose Performance ausgelegt. Um dieses Tempo auf der Langstrecke durchzuhalten, setzen die künftigen CEOs noch stärker als ihre Vorgänger auf Sport und gesunde Lebensweise und bewusste zeitliche Freiräume für die Familie.
Es überwiegen Kaminkarrieren
In anderer Hinsicht hingegen gleicht die neue CEO-Generation auf geradezu erschreckende Weise der alten. Noch immer überwiegen Kaminkarrieren im Konzern, noch immer ist ein mächtiger Mentor der beste Garant für einen schnellen Aufstieg. Und noch immer sind die Kronprinzen in den Dax-Konzernen vor allem eines: Prinzen. Eine Kronprinzessin ist nicht darunter.
Zwar ist der Anteil weiblicher Dax-Vorstände 2017 gewachsen – allerdings nur auf etwas mehr als 13 Prozent, wie eine Analyse der Personalberatung Odgers Berndtson zeigt. Die meisten weiblichen Vorstände sind allerdings noch zu jung im Amt oder agieren mit ihren Ressorts zu weit weg vom Kerngeschäft, als dass ihnen beim jetzt anstehenden Generationswechsel der Sprung an die Spitze gelingen könnte.
Dafür steigt der Grad der Internationalität, und das nicht nur dank Källenius. 2017 hat der Anteil ausländischstämmiger Vorstände in Dax-Unternehmen einen historischen Höchststand von etwas mehr als 30 Prozent erreicht, wie die Strategieberatung Simon-Kucher errechnete.
In ein paar Jahren könnten dann auch Frauen realistische Chancen auf die Dax-Spitzenpositionen haben. Zum Beispiel bei BASF. Auch dort wird gerade ein CEO-Wechsel vollzogen: Martin Brudermüller (56) soll im Frühjahr den bisherigen Chef Kurt Bock (59) ablösen, der wiederum zwei Jahre später, nach der gesetzlich vorgeschriebenen Abkühlphase, den Vorsitz im Aufsichtsrat übernehmen soll.
Von einem Generationenwechsel bei Europas führendem Chemiekonzern zu sprechen wäre mit Blick auf den relativ geringen Altersunterschied zwischen dem neuen und dem alten BASF-Chef allerdings übertrieben. Und so könnte bei BASF in einigen Jahren die Stunde von Saori Dubourg gekommen sein. Die 46-Jährige ist Anfang Mai in den siebenköpfigen Vorstand von BASF aufgerückt, zuständig für die wichtigen Sparten Bauchemie und Pflanzenschutz.
Potenzielle Bock-Nachfolger bei BASF
Martin Brudermüller, 56 und Saori Dubourg, 46 | Brudermüllers Funktion: stellvertretender Vorstandsvorsitzender | Studienabschluss: Chemiker, Promotion | Auslandserfahrung: neun Jahre | Berufserfahrung: 29 Jahre bei BASF | Kennzeichen: begabter Handwerker | Dubourgs Funktion: Vorstand (für Pflanzenschutz, Bauchemie, Bioscienceforschung und Europa) | Studienabschluss: BWL, Diplom | Auslandserfahrung: neun Jahre | Berufserfahrung: 21 Jahre bei BASF | Kennzeichen: ausgebildete Geigenspielerin
(Foto: Marie Emmermann für Handelsblatt)
Frühere Mitarbeiter beschreiben Dubourg als analytisch stark und trotzdem sozial kompetent. Sie suche das Gespräch mit den Mitarbeitern und sei bereit, auf den einzelnen einzugehen. Als Chefin des Unternehmensbereichs Lebensmittelzusätze führte sie wöchentliche Frühstückssessions ein, für die sich jeder Mitarbeiter anmelden kann.
Geboren und aufgewachsen ist sie in Augsburg, als Tochter eines mittelständischen Unternehmers und einer japanischen Lehrerin. Als Jugendliche ist sie leidenschaftliche Geigerin. Doch nach dem Abitur entschließt sie sich zum BWL-Studium anstatt zu einer Musikerkarriere. Ihre Laufbahn bei BASF startet sie 1996 im Marketing des Chemiekonzerns. Nur wenige Wochen nach der Geburt ihrer Tochter geht sie als Stabsmitglied des damaligen Asien-Vorstands Helmut Becks nach Singapur.
Nachfolge bei BASF
Anfang Mai 2018 steht der nächste Führungswechsel bei der BASF an: Martin Brudermüller, 56, soll den bisherigen Chef Kurt Bock, 59, ablösen. Es wäre abwegig, von einem Generationenwechsel zu sprechen. Zwar gilt Brudermüller als hemdsärmeliger und kommunikationsfreudiger als Bock. Doch beide sind altgediente BASF-Manager, Brudermüller gehört dem Vorstand seit fast zwölf Jahren an.
Saori Dubourg repräsentiert tatsächlich die nächste Führungsgeneration. Die 46-jährige Deutsch-Japanerin, die ihre Karriere bei BASF 1996 im Marketing begann und im vorigen Mai in den Vorstand aufrückte, ist die erste Frau, die es aus den eigenen Reihen bis in dieses Gremium schaffte. Das „Manager Magazin“ kürte die gebürtige Augsburgerin jüngst gar zur wichtigsten „Businessfrau“ der deutschen Industrie.
Dubourg kennt das System BASF hervorragend, tritt offensiv auf. So unterzeichnete sie im vorigen Jahr die Übernahme eines Teils des Bayer-Saatgut- und -Pflanzenschutzgeschäfts – mit knapp sechs Milliarden Euro die größte Akquisition in der BASF-Geschichte. Ob ihr das den Weg auf den Chefsessel ebnen könnte, wird sich aber frühestens in vier bis fünf Jahren entscheiden.
Dubourg hat noch Zeit für den Sprung an die Spitze. Die meisten CEO-Anwärter der Dax-30-Konzerne gehen eher auf die 50 statt auf die 45 zu. Diese Generation der um 1968 und später geborenen Vorstände ist die wahrscheinlich letzte, die noch ohne Commodore 64 im Kinderzimmer aufgewachsen ist. Sie sind keine Digital Natives, sondern Digital Immigrants. Gleichzeitig müssen sie mit ihren Konzernen jenen digitalen Wandel bewältigen, den die Generation vor ihnen lediglich angestoßen hat. Schon verloren hat, wer sich angesichts dieser Herausforderung nur auf die eigene Kompetenz verlässt, nach dem Motto: „Wenn ich es nicht besser wüsste, wäre ich ja nicht Chef.“
Vor allem eine Kompetenz müsse die neue Garde unbedingt mitbringen, sagt Jochen Menges, Professor für Führung und Personalmanagement an der Privatuniversität WHU in Vallendar bei Koblenz: emotionale Intelligenz. „Konzerne entwickeln sich immer mehr zu emotionalen Welten, in denen nicht nur Arbeit verrichtet wird, sondern in denen kollaborativ, innovativ und integrierend gearbeitet wird“, so der Wissenschaftler. „Wer diese emotionalen Welten gestalten will, muss zwingend selbst die Kompetenz haben, mit Emotionen umzugehen – auch mit den eigenen“, so Menges.
Generation Vernunft
„Sich nach oben zu beißen, so wie früher, das funktioniert nicht mehr“, sagt auch Christine Stimpel, Partnerin der Personalberatung Heidrick & Struggles. Sie hat in den vergangenen zehn Jahren die neue Generation der Dax-Vorstände analysiert und mit gut 50 von ihnen qualitative Interviews geführt. Auch Stimpels Eindruck ist: „Der einsame Leitwolf hat ausgedient. Das sind insgesamt sehr entspannte, sehr vernünftige Typen.“
Und wenn doch einmal eine harte Entscheidungen ansteht, weil zum Beispiel Mitarbeiter entlassen werden? „Dann werden die Gründe für die Entscheidung zumindest transparent gemacht“, weiß Stimpel aus ihren Gesprächen mit den Vorständen.
Bei Porsche in Stuttgart kann sich niemand in seinem Umfeld daran erinnern, dass Oliver Blume jemals laut geworden wäre. Er ist einer dieser Teamspieler der neuen Garde, die ihre Mannschaft nur mit Argumenten und nicht mit Dezibelstärke für sich gewinnen will. Umgekehrt verlangt der Porsche-Chef genauso, dass seine Mitarbeiter schnell auf den Punkt kommen. Lange Besprechungen sind ihm zuwider.
Blume gilt als aussichtsreicher Kandidat für Höheres, vielleicht sogar als Kronprinz von VW-Chef Matthias Müller, den Blume als Porsche-Chef vor gerade einmal gut zwei Jahren beerbt hat. „Bei Porsche habe ich mit Oliver Blume denjenigen empfohlen, der meinem Wertesystem am kompatibelsten ist“, sagt der VW-Vorstandsvorsitzende.
Nach dem Maschinenbaustudium ging Blume zunächst nach Ingolstadt zu Audi, wo er zehn Jahre verbrachte und ins obere Management aufstieg. Dann folgte 2004 der Wechsel zu Seat nach Barcelona als oberster Leiter der Planung. 2009 wurde Blume Leiter der Produktionsplanung bei VW in Wolfsburg. Dann dauerte es noch einmal vier Jahre, bis er bei Porsche Produktionsvorstand wurde, zwei Jahre später der Aufstieg zum Vorstandsvorsitzenden. Als Porsche-Chef muss der 49-Jährige heute die Transformation des Unternehmens zum Hersteller von Elektrosportwagen bewältigen – die Bewährungsprobe für noch höhere Weihen.
Die Vernunft der Generation Kronprinz zeigt sich auch im Privaten. Die neuen CEO-Aspiranten sagen über sich selbst, dass sie sich die Wochenenden in der Regel frei hielten – „weil das Zeit ist, die sie gerne mit ihren Kindern verbringen möchten“, wie Stimpel berichtet. Als Blumes Kinder noch klein waren, wollte er sie auch selbst ins Bett bringen. Weil er nie zu lange von seiner Familie getrennt war, ist ihm das nach eigenem Bekunden auch häufig gelungen.
So wie die Familie gilt auch der eigene Körper als Asset, das sorgfältig bewirtschaftet werden will. Statistisch gesehen läuft nur jeder sechshundertste Deutsche Marathon, unter den Dax- und MDax-Chefs ist es jeder zehnte. Regelmäßiger Sport ist in diesen Kreisen längst ein Muss, Rauchen nahezu ein No-Go. Ebenso wie das Dreigangmenü aus Steak, Barolo und Zigarre, das noch zu Zeiten eines Wendelin Wiedeking (Porsche) oder Jürgen Großmann (RWE) zur gängigen CEO-Diät zählte.
Doch während Großmann mit der Georgsmarienhütte sein eigenes Stahlwerk saniert hat und so vom Manager zum Unternehmer und später bei RWE wieder zum Manager wurde, wirken die Lebensläufe der meisten aus der heutigen Garde, als wären sie im Windkanal optimiert worden.
Es überwiegt die Kaminkarriere à la Källenius, der sich bei Daimler ein Vierteljahrhundert lang vom Trainee zum CEO-Aspiranten hochackerte. Schräge Lebensläufe, überraschende Branchenwechsel, Start-up-Erfahrung? Unter den Kronprinzen ebenso selten wie bei den Vorstandschefs, deren Erbe sie antreten wollen. „Das deutsche Management ist konservativ in jedem Sinne“, sagt Heidrick-Partnerin Stimpel. „Da wird es überhaupt nicht goutiert, wenn jemand mehr als drei, vier Mal in seiner Karriere den Arbeitgeber gewechselt hat.“
Das sei erst einmal kein verkehrter Ansatz, meint Michael Ensser, Deutschlandchef der Personalberatung Egon Zehnder, die viele Dax-30-Unternehmen bei der Rekrutierung von Aufsichtsräten und Vorständen unterstützt. „Wenn es zur Königsfrage kommt“, sagt Ensser, „entscheiden neben Erfahrung und Kompetenz mehr als bisher Persönlichkeit und Potenzial der Kandidaten, die zur Auswahl stehen.“
„Eine gewisse Kontinuität gibt einer Führungskraft oftmals überhaupt erst die Möglichkeit, eigene Akzente zu setzen – und diese vor allem durchzusetzen“, sagt auch WHU-Professor Menges. Kontraproduktiv seien klassische Kaminkarrieren jedoch in Unternehmen, in denen ein dringender Kulturwandel notwendig sei.
Sonntags in Shorts
Etwa bei der Deutschen Bank. Dort hat Aufsichtsratschef Paul Achleitner 2015 die Frischzelleninjektion von außen gewagt, als er überraschend den Briten John Cryan auf den Vorstandsposten berief. Dessen Vertrag läuft 2020 aus, eine Verlängerung gilt als unwahrscheinlich. Mit Christian Sewing und Marcus Schenck stehen zwei potenzielle Nachfolger bereit, von denen der eine (Sewing) für etwas mehr Beständigkeit steht, der andere (Schenck) für etwas mehr Wandel. Doch ob sie sich als Revoluzzer profilieren, muss sich noch zeigen.
Es gibt viele Dinge, in denen sich Schenck und Sewing ähneln: Beide haben vier Kinder, beide pendeln am Wochenende zu ihren Familien – Schenck nach Düsseldorf, Sewing nach Osnabrück. Zur Arbeit fahren sie häufiger mit S- und U-Bahn. Mittags in der Kantine setzen sie sich schon mal zu den Mitarbeitern. Schenck war zum Beispiel der erste Vorstand der Deutschen Bank, der beim großen Frankfurter Firmenlauf, der JP Morgan Corporate Challenge, mitgerannt ist. Und Sewing kreuzt bei (seltenen) sonntäglichen Meetings in der Bank schon einmal in Shorts und Polohemd auf.
Doch das lockere Bild darf nicht vom Druck ablenken, unter dem die beiden Kronprinzen stehen. Schenck muss das schwächelnde Investmentbanking der Bank wieder profitabel machen. Sewing soll das Privatkundengeschäft ins Zeitalter der Digitalisierung führen – und gleichzeitig die Postbank integrieren und das Kölner Traditionshaus Sal. Oppenheim abwickeln.
Derjenige von beiden, der sich bei seinem jeweiligen Sanierungsjob bewährt, empfiehlt sich für noch höhere Weihen. Das Risiko dabei: Sollte die Bank die Nachfolge für Vorstandschef John Cryan schon in den nächsten Monaten und damit deutlich vor dessen Vertragsende im Jahr 2020 regeln wollen, könnten beide leer ausgehen. Denn in dem Fall hätten sie noch nicht die Zeit gehabt, sich unter Beweis zu stellen.
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