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Olivier Wöhrl Erst aussteigen, dann einsteigen

Noch im Januar entscheidet sich, wie es mit dem traditionsreichen, aber insolventen Modeunternehmen Wöhrl weitergeht. Jetzt tritt auch noch Chef Olivier Wöhrl, Enkel des Gründers, ab. Doch er verfolgt einen Plan.
02.01.2017 - 17:20 Uhr Kommentieren
Der Firmenlenker und Unternehmererbe steigt aus – vorerst. Quelle: Bernd Telle für Handelsblatt
Olivier Wöhrl

Der Firmenlenker und Unternehmererbe steigt aus – vorerst.

(Foto: Bernd Telle für Handelsblatt)

Düsseldorf Was musste sich Olivier Wöhrl in den vergangenen Jahren nicht so alles anhören: Ob er, der studierte Maschinenbauingenieur überhaupt etwas von Mode verstehe? Warum gerade er es schaffen sollte, die familieneigene Textilkette wieder erfolgreicher am Markt zu positionieren?

Schließlich übernahm der Enkel des Firmengründers Rudolf Wöhrl das traditionsreiche Nürnberger Modeunternehmen mit dem Knopf im Firmenlogo in einer schwierigen Zeit. Die Kundenfrequenz in den Fußgängerzonen deutscher Innenstädte sinkt von Jahr zu Jahr, vor allem in den sogenannten Mittelzentren, in denen Wöhrl mit seinen Filialen stark vertreten ist. Online-Plattformen wie Zalando und Shopping-Center abseits der Innenstädte setzen den Filialisten zu.

Doch Olivier Wöhrl, der 2012 Vorstandschef und damit Nachfolger seines Vaters Gerhard wurde, wusste, auf was er sich einlässt. Er, der seine Karriere beim Automobilzulieferer Mahle startete, saß schon seit 2007 im Aufsichtsrat der Firma. Mit seiner Entscheidung, operativ tätig zu werden, übernahm er Verantwortung. Er modernisierte, veränderte, arbeitete sich ein. Mit mäßigem Erfolg: Im Geschäftsjahr bis Ende Juli 2016 ist der Verlust noch höher ausgefallen als im Jahr zuvor. Damals stand am Schluss ein Minus von einer Million Euro. Der Jahresumsatz sank in den vergangen zwei Jahren von 331 auf 300 Millionen Euro.

Doch auch als Wöhrl vor vier Monaten ein Schutzschirmverfahren beantragen musste, das einen vorübergehenden Schutz vor der Vollstreckung von Gläubigerforderungen gewährt, machte er als Strategievorstand weiter. Am vergangenen Wochenende nun lief sein Vertrag offiziell aus. Der 36-Jährige mit der markanten Brille und dem zurückhaltenden Auftreten ist zum Jahreswechsel aus dem Vorstand und damit aus dem Unternehmen ausgeschieden. Das bestätigte Wöhrl am Montag. Auch Oliviers Vater Gerhard, mittlerweile 72 Jahre alt und Vertreter des Mehrheitsaktionärs, der Familie Wöhrl, hat sich rund um die Feiertage aus dem Unternehmen zurückgezogen.

Dabei braucht das Unternehmen dringend einen neuen Investor, seitdem am 1. Dezember ein Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung eröffnet wurde. Vier von 34 Filialen sollen schließen, sowie drei Outlets. Von den 2000 Beschäftigten müssen rund 140 gehen.

Familiengeschichte voller Zwistigkeiten

„Wir sind mit drei bis vier Investoren auf der Zielgeraden“, verspricht Vorstandschef Andreas E. Mach jetzt. Dazu gehörten sowohl strategische-, als auch Finanzinverstoren. Mach rechnet „bis Ende Januar mit einer Entscheidung“. Auch Olivier Wöhrl gehört zum Kreis der Bieter. Das bestätigte er jetzt dem Handelsblatt.

Ein Comeback des Juniors, so kurz nach dem Rückzug? Auch andere Mitglieder der Familie machen kein großes Geheimnis aus dessen Plan, nach dem geordneten Rückzug wieder einzusteigen: „Olivier Wöhrl hat ein Angebot abgegeben, um gemeinsam mit seinen Schwestern und Cousins, sowie zwei weiteren Investoren die Firma fortzuführen“, sagte Hans Rudolf Wöhrl dem Handelsblatt. Er ist der jüngere Bruder von Gerhard Wöhrl und damit Onkel von Olivier. „Es würde mich freuen wenn das klappt, denn Oli hat keinen schlechten Job gemacht, er kam nur ein paar Jahre zu spät.“

Aber es sind auch noch andere Investoren im Rennen. Wie zu hören ist, sind der mittelständische Textilfilialist Röther zusammen mit dem Mode-Dienstleister Katag aus Bielefeld interessiert. Michael und Thomas Röther wollten sich auf Anfrage nicht äußern, ebenso Katag-Vorstandschef Daniel Terberger.

Was wäre nun besser – ein Wiedereinstieg der Familie oder externe Investoren? Auch Hans Rudolf Wöhrl, der vor allem als Luftfahrtunternehmer bekannt geworden ist (Deutsche BA, LTU), wäre nach eigenen Aussagen bereit gewesen, wieder ins Familienunternehmen einzusteigen. Wohl wissend, dass das nicht einfach ist.

Denn die Geschichte des bayerischen Unternehmens ist nicht nur lang (Rudolf Wöhrl gründete im Jahr 1933 ein Geschäft für ‚Herren- und Knabenbekleidung‘), sondern auch geprägt von Streitigkeiten. Rudolfs Söhne Gerhard und Hans Rudolf hatten selten die gleiche Meinung, was das Geschäft und vor allem die Besetzung des Vorstands anging.

Bis 2011 waren noch beide Gesellschafter. Dann verkaufte Hans Rudolf seine 30 Prozent an den Bruder. Es war eine gütliche Einigung, die Olivier Wöhrl helfen sollte, endlich für Harmonie in der Firma zu sorgen.
In der aktuell schwierigen Lage wollte auch Onkel Hans Rudolf der Firma „nicht tatenlos beim Untergang zusehen“. Aber es war „kein leichtes und schon gar kein billiges Unterfangen“, das Unternehmen als Ganzes zu erhalten. Am Ende blieb ihm nichts anderes übrig, als sein Angebot zurückzuziehen. Doch er wollte es zumindest versucht haben.

Vielleicht hat Olivier Wöhrl mehr Glück.

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