Profil: John Fredriksen 600 000 Dollar Miete pro Tag

John Fredriksen, ein Mann der niemals aufgibt.
LONDON. Als John Fredriksen vor drei Jahren eine Wette einging, war für die meisten Manager der Weltölbranche die Sache klar: Der Norweger war endgültig wahnsinnig geworden. Fredriksen hatte sein Unternehmen Seadrill Ltd. angewiesen, eine der eisernen Regeln im Ölgeschäft zu brechen. Die lautet: Kauf dir erst eine Ölbohrplattform, wenn du auch einen Mieter dafür hast. Fredriksen bestellte zwei Hochsee-Plattformen, die in tieferem Wasser - mindestens 2 300 Meter - bohren können als die meisten anderen. Und er zahlte dafür fast 900 Millionen Dollar, ehe er auch nur einen einzigen Kunden dafür hatte.
"Wir hielten das nicht für ein Risiko", sagt John Fredriksen. Mit elegantem Blazer und Krawatte sitzt er in seinem Londoner Büro. "Wir wussten, dass ein Boom kommen würde."
Der Boom ist da, und nun gebietet Fredriksen über eine der lukrativsten Nischen im Ölmarkt. Weil leicht zugängliche Ölfelder immer weniger hergeben, müssen Shell, Exxon oder BP in immer schwierigerem Terrain fördern, etwa in den tiefen Gewässern im Golf von Mexiko oder vor Brasilien und Westafrika.
Dazu brauchen sie Servicefirmen wie Fredriksens Seadrill: Sie sind die neuen Mächtigen im Ölgeschäft.
Das zahlt sich aus. Waren Tiefsee-Bohrplattformen vor fünf Jahren für 70 000 Dollar am Tag zu mieten, sind heute 600 000 Dollar fällig. Bei solchen Leasingraten amortisiert sich eine Plattform, die eine halbe Milliarde Dollar kostete, in gerade einmal vier Jahren. Was danach kommt, ist Profit, und zwar reichlich.
Wieder einmal hat John Fredriksen bewiesen, dass er den richtigen Riecher hatte, die Entschlossenheit, sich durchzusetzen, und genug Wagemut, das Geschäft auch zu machen.
Wie hartnäckig ein John Fredriksen sein kann, das erlebt Michael Frenzel gerade. Dem Chef von Tui, Europas größtem Reisekonzern, bereitete Fredriksen unlängst die wohl größte Niederlagen seiner Karriere. Der norwegische Milliardär, der fünf Prozent an Tui hält, blockierte Frenzels Pläne für eine Verschmelzung der Touristik- und der Schifffahrtssparte Hapag -Lloyd. Der Vorstandschef unterlag.
Aber Fredriksen lässt nicht locker: Bis zur Hauptversammlung der Tui am 7. Mai will er weitere Tui -Aktien kaufen und dann zwei Aufsichtsratsmandate fordern.
John Fredriksen ist es gewohnt, das zu bekommen, was er will. Als er 1944 in einem Vorort von Oslo als Sohn eines Schweißers geboren wird, ist er Lichtjahre entfernt von Norwegens Reeder-Aristokratie, von Männern wie Sigval Bergesen und Anders August Jahre, den skandinavischen Äquivalenten der Rockefellers oder Vanderbilts. Die Norweger sind es, die gemeinsam mit Griechen wie dem Onassis-Clan und einigen Hongkong-Chinesen den Weltmarkt der Reeder beherrschen. "John war ein Außenseiter", sagt heute Boris Nachamkin, einer von Fredriksens ersten Bankiers.