Reinhold Würth „Entspannt in den Sarg hüpfen“

Als Chef des Stiftungsaufsichtsrats hat der 80-Jährige das letzte Wort im Unternehmen.
Ein bisschen sehnsüchtig schaut er aus dem Fenster: Draußen zieht gerade knatternd ein Sportflugzeug seine Kreise – auch das ein Geburtstagsgruß an den Jubilar, den Künzelsauer Schraubenmilliardär und Hobbyflieger Reinhold Würth. Auf das Thema Fliegen wird er gleich noch melancholisch zu sprechen kommen. Aber erst schließt er mal das Fenster, sonst versteht man ihn ja gar nicht.
Herr Würth, Sie haben gerade Ihren 80. Geburtstag gefeiert. Und selbst die Ansprache an Ihre Mitarbeiter geriet noch zur Mahnung: „Bedenken Sie bei allem, Sie sind nicht beim Würth angestellt. Ihr Arbeitgeber ist der Kunde … Wenn Sie das Wohlwollen Ihrer Kunden nicht mehr haben, sind Sie Ihren Job los.“ Können Sie nicht mal abschalten?
Ach, das war doch ein schöner Abend! Und am nächsten Morgen hat es mir einen Heidenspaß gemacht, mal wieder mit einem meiner Außendienstler hier aus der Region loszuziehen – auch wenn ich befürchte, dass er die Kunden präpariert hat, bevor er mit mir losfuhr.
Worauf kommt’s im Leben wirklich an?
Vielleicht darauf, dass man sich frühzeitig Netzwerke schafft – in einem ganz positiven Sinne. Menschen kennen zu lernen, die einen bereichern – das ist wichtig. Und da geht’s nicht nur um den Job. Auch ein begnadeter Witzeerzähler kann eine große Bereicherung sein.
Als Sie nach dem frühen Tod Ihres Vaters 1954 dessen kleinen Künzelsauer Schraubenladen übernehmen mussten, waren Sie 19 und hatten zwei Mitarbeiter. Was ist eigentlich aus den beiden geworden?
Einer davon ging kurz nach dem Tod meines Vaters. Ihm war das alles zu unsicher mit mir. Mit dem anderen habe ich heute noch Kontakt. Er wohnt nicht weit von hier in einem Dorf – mit seiner Frau, die er bei mir in der Firma kennen gelernt hat. Eigentlich ist er mir dafür noch was schuldig.
Würth, das sind heute über zehn Milliarden Euro Umsatz und rund 66.000 Beschäftigte. Dennoch – oder deshalb? – haben Sie vor zwei Jahren gesagt: „Wir sind viel zu satt und zu fett.“ Gilt das immer noch?
Auf jeden Fall. Schauen Sie sich unsere Zahlen an. Return on Investment und all die modernen Ausdrücke – alles bestens bei einem Gewinn von rund 15 Prozent. Wir haben 45 Prozent Eigenkapitalquote – ohne Salat in den Regalen, der faulig werden kann. Insofern muss ein Unternehmen auch immer aufpassen, dass es ihm nicht zu gut geht.
Was macht man dagegen?
Die primitive Antwort wäre, dass ich mir als Eigentümer mehr Geld ausschütten lasse. Ich finde es andererseits unfair, wie das amerikanische Konzerne machen: Allen Gewinn an die Aktionäre weiterreichen, und jedes Jahr muss die Firma quasi wieder von vorn anfangen. Das kann’s auch nicht sein.
Sie müssen jedenfalls nicht zur Bank, wenn Sie Geld für Investitionen brauchen.
Wir sind unsere eigene Bank, wenn Sie so wollen. Gelegentlich begeben wir Anleihen für 500 Millionen Euro. In wenigen Stunden sind die vielfach überzeichnet. Unser A-Rating bei Standard & Poor’s ist mir sehr wichtig. Mit denen bespreche ich mich vor großen Entscheidungen. Gegenseitiges Vertrauen ist einfach sehr wichtig. Auch Transparenz. Ich habe lange Zeit „Bank-Briefe“ geschrieben, die den Instituten immer unsere aktuellen Eckdaten präsentierten. Da wurde nix beschönigt.
Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.