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Siemens-Chef auf Tour Joe Kaeser und die Kunst der Reisediplomatie

Joe Kaeser hat nach dem Brexit im britischen Unterhaus ein Bekenntnis zum Standort abgegeben. Der Kontakt zur Politik gehört für ihn zum Geschäft, ist zuweilen aber heikel. Das weiß der Konzernchef aus Erfahrung.
13.07.2016 - 12:09 Uhr Kommentieren
Ein ganz besonderer Besuch auf der Insel. Quelle: Dominik Butzmann für Handelsblatt
Siemens-Chef Joe Kaeser

Ein ganz besonderer Besuch auf der Insel.

(Foto: Dominik Butzmann für Handelsblatt)

Der 23. Juni 2016 dürfte Joe Kaeser noch länger in Erinnerung bleiben: Ausgerechnet an dem Tag, an dem die Briten über den Verbleib ihres Landes in der Europäischen Union abstimmten, feierte der Siemens-Chef seinen 59. Geburtstag. Gewünscht hätte er sich wohl, dass die Briten nicht aus der EU austreten.

Der Grund: Siemens und Großbritannien verbindet eine lange Geschichte. Der Dax-Konzern ist seit mehr als 170 Jahren in dem Land vertreten. Siemens UK ist mit einem Umsatz von knapp vier Milliarden Euro im Jahr 2015 der viertgrößte Markt für die Münchener weltweit.

Und so gehen auch nach dem Votum für den Brexit die Geschäfte in Großbritannien weiter. Das müssen sie auch angesichts der Bedeutung des Marktes für Siemens. Die zeigte sich nun auch in einem ganz besonderen Besuch auf der Insel: Kaeser und sein kompletter Vorstand gaben bei einem Empfang im Unterhaus des britischen Parlaments ein Bekenntnis zum Standort ab.

Zwar äußert sich der Siemens-Chef zu politischen Themen wie seine Vorgänger generell nur sehr zurückhaltend. Die hohe Kunst der Reisediplomatie ist aber auch für Kaeser nichts Neues, im Gegenteil. Auch er sucht den Kontakt zu den Großen, um Geschäfte zu machen. Am Rande einer Wirtschaftskonferenz in Scharm el-Scheich etwa handelte er im vergangenen Sommer mit Ägyptens Militärmachthaber Abdel Fattah al-Sisi den größten Auftrag in der Konzerngeschichte aus. Zuletzt setzten sich die Münchener bei einem 500-Millionen-Auftrag von Saudi-Arabien gegen Erzrivale General Electric durch.

In Großbritannien zeigt nach dem Brexit-Votum aber nicht nur Kaeser Präsenz. Auf der Luftfahrtmesse Farnborough nahe London machen in diesen Tagen viele Manager die Aufwartung. So konnte Noch-Premier David Cameron verkünden, dass Boeing Tausende neue Jobs schaffen wolle. Im Gegenzug sicherte Großbritannien Aufträge zu.

Siemens will Signal setzen

Den Termin in Großbritannien hatte Siemens nach Handelsblatt-Informationen bereits vor dem EU-Referendum vereinbart. Unabhängig vom Ausgang wollte die Führung um Kaeser ein Signal setzen. Man werde das Engagement nicht mindern, beteuerte der Siemens-Chef vor Politikern wie Energieministerin Amber Rudd, dem örtlichen Siemens-Management und Kunden. „Siemens wird die nächste Generation nicht im Stich lassen.“

Dem vorausgegangen waren für Siemens unangenehme Schlagzeilen. Die britische Tageszeitung „The Guardian“ hatte in einer Überschrift den Eindruck erweckt, der Konzern werde Investitionen in Großbritannien nun stoppen. Allerdings sollen zum Beispiel die Investitionen in die Offshore-Windkraft-Fabrik an der englischen Ostküste, ein Vorzeigeprojekt, nicht reduziert werden. Für die Bedienung des britischen Marktes, heißt es in Industriekreisen, würden die Kapazitäten ja weiterhin benötigt. Ob das Werk aber langfristig ausgebaut werde, um auch aus Großbritannien zu exportieren, müsse später analysiert werden, wenn die Folgen des beschlossenen EU-Austritts absehbar seien.

Auch Kaesers Vorgänger waren gut vernetzt und viel unterwegs. Heinrich von Pierer etwa, der von 1992 bis 2005 an der Spitze von Siemens stand, verbrachte eine Menge Zeit in China. Als Vorsitzender des Asien-Pazifik-Ausschusses der deutschen Wirtschaft pflegte von Pierer die Beziehungen über lange Jahre.

Kritik nach Putin-Besuch

Doch politische Kontakte können heikel sein. Kaeser weiß das nur zu gut. Vor gut zwei Jahren, als sich die Ukraine-Krise zuspitzte, musste der Siemens-Chef nach einem Besuch bei Wladimir Putin viel Kritik einstecken. Kaeser war in die Residenz des russischen Präsidenten am Rande Moskaus geladen. Der ließ ihn erst einmal warten, um dann Kaesers Komplimente für die Olympischen Spiele in Sotschi entgegenzunehmen. Die russischen Medien schlachteten den Besuch damals weidlich aus.

An dem Treffen nahm auch der damalige Chef der russischen Eisenbahn, Wladimir Jakunin, teil. Der war wegen der Krim-Besetzung gerade erst auf die Sanktionsliste der USA gesetzt worden. Kaeser sagte dazu bei einem ebenfalls wenig glücklichen Auftritt im ZDF-„heute journal“: „Wir schließen nicht Geschäfte mit Menschen ab, die zufällig ein Unternehmen leiten, sondern mit den Unternehmen als Ganzes.“ Zugleich betonte der Siemens-Chef, dass man sich natürlich an alle Sanktionen halte. Doch Siemens hat offenbar Lehren aus der Kritik gezogen: Beim Petersburger Wirtschaftsforum nahm Kaeser in diesem Jahr dann zwar teil, ließ sich aber auf keiner der öffentlichen Diskussionsveranstaltungen sehen.

Der Auftritt des Siemens-Chefs und seines Vorstands in Großbritannien war da doch weniger problematisch. Verhandlungen im Hintergrund gab es nicht, im Mittelpunkt stand der Auftritt im Parlament. „Trotz des Brexit-Votums glaube ich an ein vereintes Europa, ein Europa, das das Vereinigte Königreich mit einschließt“, beteuerte Kaeser.

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