Sistema Ron Sommer, der heimliche Herrscher

Der ehemalige Vorstands-Vorsitzende der Deutschen Telekom ist der starke Mann beim größten russischen Mobilfunkanbieter Sistema.
MOSKAU. Sein neuer Job in Russland hat einen riesigen Vorteil: Ron Sommer ist hier ein Unbekannter. Wenn der zierliche Mann mit den eisgrauen Locken irgendwo zwischen St. Petersburg und Wladiwostok in einem Geschäft von MTS auftaucht, dem größten russischen Mobilfunkanbieter, um sich wie ein „Mystery-Shopper“ ein Bild vom Service an der Basis zu machen, kann er davon ausgehen, dass ihn keiner erkennt. Daheim in Deutschland wäre das undenkbar für den Ex–Chef der Deutschen Telekom.
Seit Mai ist Ron Sommer Chef des Telekom- und Mediengeschäfts des Mischkonzerns Sistema, dem MTS gehört – ein Comeback in Russland.
Es ist noch nicht so lange her, da galt Sommer in Deutschland als Watschenmann der Nation: Er war der Manager, der durch seine smarte, vertrauenerweckende Art Millionen Deutsche mit dem Börsenfieber angesteckte – und ihnen nachher erklären musste, warum sie die T-Aktie nicht in fünf Jahren reich gemacht hat, sondern das Ersparte fast futsch war.
Nun steht der 59-Jährige wieder am Ruder eines Unternehmens. Wenn er aus den Fenstern seines Büros im prunkvollen ehemaligen Sitz des sowjetischen Reiseveranstalters Intourist schaut, kann er den Kreml sehen. Will Sommer einen Termin klären, ruft er Olga herbei. Und wenn er über seinen neuen Job bei Sistema redet mit dem leichten österreichischen Tonfall in der Stimme, dann blitzt hier und da wieder seine Begeisterungsfähigkeit auf.
Sein Weg in die Nachbarschaft des Kremls hat aber auch etwas mit der Vergangenheit zu tun, mit der Deutschen Telekom. „MTS war eine der erfolgreichsten Investitionen der Telekom“, sagt Sommer. 1994 hatte sich der Konzern einen Platz auf dem rasant wachsenden russischen Mobilfunkmarkt gesichert – für rund 100 Millionen Dollar. Gegen den Widerstand der hauseigenen Berater, erinnert sich Sommer. Wenig später habe MTS zur Überraschung aller eine Million Kunden gehabt.
Als anno 2002 bei der Telekom die Schulden drückten und die Aktionäre rebellierten, ging Sommer. Und sein Nachfolger Kai-Uwe Ricke legte in Russland eine Vollbremsung hin und stieg bei Sistema aus. „Die Entscheidung, sich ganz von dieser Beteiligung zu trennen, war zwar aus der damaligen Situation heraus vielleicht verständlich, grundsätzlich aber leider falsch“, sagt Sommer.