Telekom, Deutsche Bank, Bayer, Eon, VW Konzerne lassen Luft aus den Bilanzen

Kumuliert über die vergangenen fünf Jahre hat die Deutsche Telekom mit 6,8 Milliarden Euro den höchsten Betrag an Goodwill abgeschrieben.
Frankfurt In Boomzeiten legen Unternehmen Höchstpreise für Übernahmen auf den Tisch. Zahlen sich die Zukäufe in der Folgezeit nicht aus, drohen empfindliche Abschreibungen auf den Geschäfts- und Firmenwert (Goodwill). Anleger müssen dann hohe Gewinneinbrüche hinnehmen, die im schlimmsten Fall das Eigenkapital aufzehren. Dass dann auch der Aktienkurs in den Keller geht, ist fast schon programmiert.
Laut einer aktuellen Studie der Unternehmensberatung Duff & Phelps haben sich die Goodwill-Abschreibungen deutscher Unternehmen im Jahr 2015 verachtfacht – von 1,5 Milliarden auf 11,7 Milliarden Euro. Bezogen auf den bilanzierten Goodwill entspricht dies einer Quote von vier Prozent – ein neuer Rekordwert.
Ein Großteil der Abschreibungen entfiel dabei auf die Deutsche Bank mit 4,9 Milliarden Euro und auf Eon mit 4,8 Milliarden Euro. „Die Goodwill-Abschreibungen sind ganz maßgeblich von wenigen Unternehmen, die in Krisensituationen sehr hohen Wertberichtigungen vorgenommen haben, geprägt“, betont Hartmut Paulus, Managing Director Valuation Advisory Services bei Duff & Phelps.
Kumuliert über die vergangenen fünf Jahre hat die Deutsche Telekom mit 6,8 Milliarden Euro den höchsten Betrag an Goodwill abgeschrieben, gefolgt von der Deutschen Bank mit 6,7 Milliarden Euro und Eon mit 5,4 Milliarden Euro.
Die gute Nachricht: Paulus rechnet derzeit nicht damit, dass der Abschreibungsbetrag im Jahr 2016 den Rekordwert aus dem Vorjahr übertreffen wird. Denn in der Gesamtheit befinden sich die meisten deutschen Unternehmen in bester Verfassung, auch die Aussicht ist auf kurze Sicht vielfach ungetrübt. Die schlechte Nachricht: „Sobald sich aber die globale wirtschaftliche Situation eintrübt oder andere Krisenfälle eintreten, ist durchaus mit einer Abschreibungswelle in größerer Breite zu rechnen“, betont Paulus. Diese werde dann aufgrund der ausgeweiteten Goodwillbestände in den Bilanzen auch eine breitere Anzahl von Unternehmen treffen.
Denn der Gesamtbetrag des von deutschen börsennotierten Unternehmen ausgewiesenen Firmenwerts hat sich zwischen 2005 und 2015 von 151 Milliarden Euro auf 314 Milliarden Euro mehr als verdoppelt. Der deutliche Anstieg der Firmenwerte ist den internationalen Bilanzierungsregeln geschuldet: Goodwill entsteht bei Übernahmen, wenn der Kaufpreis den Wert der übernommenen Vermögenswerte abzüglich der Schulden überschreitet. Inzwischen wird der Goodwill nicht mehr planmäßig abgeschrieben. Stattdessen müssen die Unternehmen einmal jährlich überprüfen, ob er noch werthaltig ist. Haben sich die ursprünglichen Ertragserwartungen an den Zukauf nicht erfüllt, muss das Unternehmen handeln und Abschreibungen auf diesen Firmenwert vornehmen.
Auch in diesem Jahr werden die Goodwill-Bestände aufgrund der Akquisitionstätigkeit vieler Unternehmen wohl weiter ansteigen. „Auffällig ist“, so Paulus, „dass 85 Prozent des Gesamtbetrags auf die 30 DAX-Unternehmen entfallen, während sie nur vier Prozent der deutschen börsennotierten Unternehmen ausmachen und zugleich auch nur 70 Prozent der gesamten Marktkapitalisierung repräsentieren.“