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Wirtschaft Ungarn Wie Ungarns Regierungschef Viktor Orban seine Günstlingswirtschaft vorantreibt

Erneut könnte ein Günstling Orbans den Zuschlag für ein Projekt bekommen. Doch es gibt Beispiele, dass man auch als Großunternehmer eigenständig bleiben kann.
30.08.2021 - 18:55 Uhr Kommentieren
Dem Unternehmer aus dem „inner circle“ von Viktor Orban winkt ein weiterer lukrativer Auftrag. Quelle: imago/EST&OST
Lörinc Meszaros

Dem Unternehmer aus dem „inner circle“ von Viktor Orban winkt ein weiterer lukrativer Auftrag.

(Foto: imago/EST&OST)

Zürich Ungarn rätselt derzeit, wer sich wohl die nächste finanzielle Beute aus staatlichem Besitz sichern kann. Kommt erneut ein Geschäftsmann aus dem Umfeld von Ministerpräsident Viktor Orban zum Zug? Im Angebot ist eine Konzession, um einen Teil des ungarischen Autobahnnetzes zu betreiben. Wer den Zuschlag bekommt, muss zwar die Straßen unterhalten, erhält dafür aber während 35 Jahren eine jährliche Gebühr. In einer Zeit extrem niedriger Zinsen ist solch ein regelmäßiger Geldfluss genau das, was sich viele Investoren wünschen.

Angeblich bewirbt sich auch die österreichische Baufirma Strabag um die Konzession; sie ist in Ungarn bereits im Autobahngeschäft tätig. Aber wie meist, wenn es in Ungarn etwas zu verteilen gibt, fällt auch ein bestimmter Name: jener des Bau- und Tourismusunternehmers Lörinc Meszaros.

Der ehemalige Gasinstallateur aus Orbans Heimatort Felcsut hat innerhalb weniger Jahre ein riesiges Vermögen angehäuft und sich in immer mehr Sektoren ausgebreitet. Derzeit entsteht in Ungarn beispielsweise aus drei Banken das zweitgrößte Finanzinstitut des Landes – maßgeblich daran beteiligt ist Orbans Jugendfreund Meszaros.

Er zählt zum engsten Zirkel des Ministerpräsidenten, so wie auch sein Vater und der Schwiegersohn Istvan Tiborcz. Meszaros sei eine reine Marionette Orbans, sagt die Finanzspezialistin und ehemalige stellvertretende Chefin von Ungarns Notenbank, Julia Kiraly. Vor allem gut gebildete Ungarn lästern über den schwerreichen Unternehmer. Er sei etwas einfach gestrickt, und sein Ungarisch sei simpel, heißt es abschätzig.

Über diesen „inner circle“ hinaus hat Orban einen Kreis von zehn bis 15 Geschäftsleuten um sich geschart. Istvan Janos Toth vom Budapester Corruption Research Center bezeichnet dieses System als Günstlingswirtschaft. „Der Anteil öffentlicher Aufträge, die an Personen aus Orbans Umfeld gingen, hat seit 2011 stetig zugenommen“, sagt er.

Der Unternehmer und Präsident des Fußballverbandes ist in Ungarns Wirtschaft so stark verankert, dass er wohl unangreifbar ist. Quelle: AP
Sandor Csanyi

Der Unternehmer und Präsident des Fußballverbandes ist in Ungarns Wirtschaft so stark verankert, dass er wohl unangreifbar ist.

(Foto: AP)

Die Regierungspartei Fidesz sieht darin allerdings nichts Anrüchiges, sondern eine Art entwicklungspolitisches Konzept. Laut dem regierungsnahen Intellektuellen Andras Lanczi stärkt die Schaffung einer „patriotischen Kohorte von Unternehmern“ die Basis von Ungarns Wirtschaft.

Diese Geschäftsleute bilden allerdings keine fixe Gruppe. Manchmal verliert einer von ihnen die Gunst des Ministerpräsidenten, während andere aufsteigen. „Niemand darf Orban überragen“, sagt der ehemalige Wirtschaftsminister Istvan Csillag zu den Sitten in Orbans Zirkel. „Er entscheidet, wer gewinnt.“

Tief fiel beispielsweise der Bankier und Medienmanager Zoltan Speder im Jahre 2016. Zuvor hatte er ein Konglomerat von Sparkassen aufgebaut, mit seinen Großprojekt kam er Orban und Notenbankchef György Matolcsy aber in die Quere. Mittlerweile ist er von der Bildfläche verschwunden.

Erstaunlicherweise ist es in Ungarn wenigstens einem Geschäftsmann gelungen, eine gewisse Eigenständigkeit zu bewahren und gleichzeitig eine große wirtschaftliche Machtfülle auf sich zu vereinen: Sandor Csanyi ist nicht nur der unbestrittene Chef von OTP, Ungarns größter Bank, sondern ihm gehört auch das integrierte Agrar- und Nahrungsmittelunternehmen Bonafarm. Und er ist Präsident von Ungarns Fußballverband – die zur Schau gestellte Liebe zum Ballsport ist eine Gemeinsamkeit von Orbans Zirkel.

Csanyis Aufstieg begann bereits vor Orbans Umgestaltung der Wirtschaft

Csanyi ist in Ungarns Wirtschaft so stark verankert, dass er wohl unangreifbar ist. Allerdings begann sein Aufstieg bereits, bevor Orban 2010 zum zweiten Mal Ministerpräsident wurde und damit begann, die Wirtschaft umzugestalten. Csanyi führt OTP seit 1992, er kommt also aus einer anderen Zeit. In all den Jahren hat er aus dem Institut eine Großbank geformt, die in diversen Ländern Mittel- und Osteuropas tätig ist.

Eine solche internationale Ausrichtung ist untypisch für Ungarns Oligarchen, was ebenfalls ein Zeichen für Csanyis spezielle Position ist. Die Günstlinge sind fast ausschließlich im Binnensektor tätig. „Hier betreiben sie eine Ökonomie des Rent-Seeking“, sagt der ehemalige Minister Csillag. Die Geschäftsleute heimsen also dank ihren Beziehungen zu Orban Einnahmen ein, deren Quellen sich im Inland befinden. Der Wirtschaftshistoriker Janos Matyas Kovacs vergleicht dieses System im Gespräch mit einem Perpetuum mobile: Der Ministerpräsident verteile Geld und Posten, wodurch sich das System verfestige.

Mehr: Wie Viktor Orban ausländische Investoren bedrängt

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