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Daniel Rogger neuer Faber-Castell-Chef Auf gräfliches Geheiß

Erstmals übernimmt mit Daniel Rogger ein familienfremder Manager den Vorstandsvorsitz von Faber-Castell. Die Führungskrise bei einem der ältesten Industriebetriebe Deutschlands scheint beendet – zumindest vorerst.
23.05.2017 - 19:00 Uhr Kommentieren
Die Buntstifte sind das Herz des Unternehmens Faber-Castell. Quelle: Faber-Castell
Farbenfroh

Die Buntstifte sind das Herz des Unternehmens Faber-Castell.

(Foto: Faber-Castell)

Düsseldorf Daniel ... wer? Daniel Rogger kennt zunächst einmal niemand am traditionsreichen Firmensitz von Faber-Castell in Stein nahe Nürnberg. Das ist nicht verwunderlich. Der neue Chef ist kein Mitglied der gräflichen Familie. Daniel Rogger ist zudem auch noch Schweizer. Der 49-Jährige wurde in Luzern geboren und wirkte in den vergangenen Jahren in Konzernen in Österreich und seinem Heimatland.

Willkommen ist Daniel Rogger in Franken dennoch sehr. Der erfahrene Manager von Luxus- und Premiummarken beendet schließlich ab dem 1. Juni ein Führungsvakuum, das nach dem Tod von Anton-Wolfgang Graf von Faber-Castell im Januar vergangenen Jahres entstanden war. Der Patriarch hatte den Konzern fast 40 Jahre lang geprägt. Er starb Anfang 2016 im Alter von 74 Jahren nach schwerer Krankheit in Houston. Seine Nachfolge hatte er nicht eindeutig geregelt. Die Folge – wie in vielen Familienbetrieben: ein Machtkampf.

Sein erstgeborener Sohn Graf Charles hatte Ambitionen, sein Nachfolger zu werden. Der heute 36-Jährige ist seit 2013 im Unternehmen aktiv und verantwortete zudem das vielversprechende Luxussegment der Marke „Graf von Faber-Castell“. Doch der gelernte Unternehmensberater war nicht Mitglied des Vorstands. Und auch nach dem Tod seines Vaters konnte er sich nicht durchsetzen. Resigniert erklärte Charles von Faber-Castell im vergangenen Herbst: „Das Ziel ist, dass ich vielleicht später mit mehr Erfahrung die Führung der Firma übernehme.“

Familie muss sich einigen

Zur kommissarischen Sprecherin des Vorstands ließ sich an seiner statt seine Stiefmutter Gräfin Mary küren. Die gebürtige US-Amerikanerin verantwortet seit Jahren die kleine Kosmetiksparte des Konzerns und war erst kurz vor Graf Antons Tod in den Vorstand aufgestiegen. Grundlegende Machtansprüche wies die 65-Jährige jedoch stets von sich. So erklärte sie: „Ich habe eine Übergangsrolle, ich helfe nur beim Übergang von der achten auf die neunte Generation.“ Ihre Stellung war dennoch dominant. Das gefiel nicht jedem: So verließ der langjährige Finanzvorstand Thomas Dippold Ende 2016 den Konzern.

Der Schweizer führt ab Juni Faber-Castell. Quelle: Faber-Castell
Daniel Rogger

Der Schweizer führt ab Juni Faber-Castell.

(Foto: Faber-Castell)

Alle Macht gehört der Familie, doch die muss sich einig sein. Zur nächsten, der neunten Generation zählen neben Charles aus einer ersten, kurzen Ehe von Graf Anton mit der Luxemburgerin Carla Lamesch auch die drei Töchter Katharina, 28, Sarah und Victoria, beide 20, aus der Ehe mit Gräfin Mary. Jedes der vier leiblichen Kinder erbte nach Informationen des Handelsblatts 22,5 Prozent der Anteile. Die Witwe Mary selbst hält drei Prozent. Die verbleibenden sieben Prozent liegen beim zweiten Stamm der Familie von Kölichen.

Die Machtverhältnisse im Schloss zu Stein bei Nürnberg sind deshalb seit über einem Jahr ein- und vieldeutig zugleich. Die nächsten fünf Jahre haben nach Informationen des Handelsblatts deshalb drei Testamentsvollstrecker das Sagen: Aufsichtsratschef Gerhard Berssenbrügge, Gräfin Mary sowie der Neffe des einstigen Patriarchen, Roland von Kölichen. Erst nach dieser Zeit übernehmen und entscheiden die eigentlichen Erben, die Kinder.

Das Trio bestimmt die Geschicke eines der ältesten Industriebetriebe Deutschlands. Faber-Castell wurde im Jahr 1761 gegründet und ist heute eigenen Angaben zufolge mit 2,4 Milliarden Blei- und Farbstiften pro Jahr der größte Hersteller von holzgefassten Stiften und einer der weltweit führenden Anbieter von hochwertigen Produkten zum Schreiben und Malen. Die Rendite vor Zinsen und Steuern liegt bei rund zehn Prozent. Zur Konkurrenz zählen im allgemeinen Schreibbereich Staedtler, Schwan-Stabilo, BIC und im Luxussegment Montblanc und Caran D‘Ache.

Mit Daniel Rogger soll erstmals in der fast 300-jährigen Geschichte ein externer Manager das operative Geschäft führen. Einen solchen Topmanager suchen zu lassen, dazu hatten sich die Testamentsvollstrecker und der Aufsichtsrat nach einigem Hin und Her im Laufe des vergangenen Jahres entschieden. Beauftragt wurde die Personalberatung Spencer Stuart. Und die brachte nun Daniel Rogger nach Stein. Im Vorstand zur Seite stehen ihm Technik-Chef Hans-Kurt von Werder sowie Rolf Schifferens, der den Vertrieb verantwortet. Die Stelle des Finanzvorstands ist noch vakant.

Schwierige Verhältnisse

Mit dem Vorstandsvorsitz stellt sich Rogger einer großen Herausforderung. Faber-Castell ist mit einem Jahresumsatz von 630 Millionen Euro (2015/2016) und weltweit rund 7 500 Mitarbeitern deutlich größer als das zuletzt von ihm geführte Unternehmen. Rogger leitete von 2013 bis 2016 den österreichischen Brillenkonzern Silhouette, bekannt für seine rahmen- und schraubenlosen Modelle. Im April vergangenen Jahres schied er dort überraschend aus. Über die Gründe wurde Stillschweigen vereinbart. Silhouette befindet sich wie Faber-Castell in der Hand einer Familie, der Familie Schmied aus Linz. Vor dieser Station in Österreich stand Rogger einige Jahre im Dienst der Schweizer Konzerne Swatch und Richemont. Für das Luxusgüterkonglomerat Richemont verantwortete er zunächst acht Jahre das Geschäft der Uhrenmarke Jaeger-LeCoultre in Hongkong. Im Anschluss verschlug es Rogger dann als Director International in die deutsche Provinz nach Glashütte in Sachsen, wo er drei Jahre als Direktor International für die Lange Uhren GmbH arbeitete.

Die Konstellation bei Faber-Castell, deutsche Provinz, Familien-AG und international etablierte Marke, ist also nichts Neues für Rogger. Die Nachfolge von Graf Anton anzutreten ist jedoch nicht einfach, genauso wie die Eigentumsverhältnisse mit den sechs Gesellschaftern und einem selbstbewusst agierenden Aufsichtsrat. Im Kontrollgremium sitzt neben dem früheren Nestlé-Deutschland-Chef Berssenbrügge unter anderen noch der Stuttgarter Anwalt Mark K. Binz, der die gräfliche Familie seit Jahrzehnten kennt und berät. Das Gremium verstärken soll in naher Zukunft auch Gräfin Mary, die sich aus dem Vorstand wieder zurückzieht. „Es ist gut, dass ein familienfremder Manager die Geschäfte von Faber-Castell nun führt. Die Marke braucht über kurz oder lang aber wieder einen kreativen Kopf und eine Leitfigur“, kommentiert der auf internationale Markenführung spezialisierte Strategieberater Franz-Maximilian Schmid-Preissler die Personalie.

Die gräfliche Familie begrüßte den neuen Chef am Dienstag zunächst einmal überschwänglich. „Herr Rogger überzeugt nicht nur durch eine langjährige und erfolgreiche Arbeit im Top-Management global agierender Konzerne. Er bringt auch wertvolle Erfahrung speziell im asiatischen Raum mit und passt mit seiner persönlichen Haltung zur wertegesteuerten Unternehmenskultur des Familienunternehmens Faber-Castell“, erklärten Gräfin Mary und Graf Charles selten einträchtig.

Die Mitarbeiter hoffen, dass so eine Einstimmigkeit auch bei künftigen Entscheidungen herrschen wird.

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