Die neuen Gründer – Restube: Lebensretter am Bikini
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Die neuen Gründer – RestubeLebensretter am Bikini
Christopher Fuhrop wäre beim Surfen fast ertrunken. Seitdem ließ ihn eine Idee nicht los: die einer tragbaren Rettungsboje für Wassersportler. Mit seiner Firma könnte er bereits Geld verdienen, doch er hat eine Mission.
PfinztalEs gibt angenehmere Arten, auf Geschäftsideen zu kommen: Christopher Fuhrop wäre vor fünf Jahren beinahe beim Kitesurfen ertrunken. Er schaffte es gerade noch so an Land.
Losgelassen hat ihn das Erlebnis nicht. Gemeinsam mit seinem Freund und Kommilitonen Marius Kunkis entwickelte der Maschinenbauingenieur eine Rettungsboje, eine Art Airbag für Wassersportler, die Restube heißt – wie die neugegründete Firma.
Seine weit aufgerissenen Augen sagen: Hier erzählt jemand eine Geschichte, von der er überzeugt ist, für die er brennt. „Ich will etwas Großes bewegen mit kleiner Struktur“, sagt Fuhrop. Und die Struktur ist wirklich klein. Im ersten Stock eines nüchternen Gebäudes im Pfinztaler Industriegebiet, unweit von Karlsruhe, arbeitet nur eine Handvoll Menschen. „Noch passt alles auf eine Etage: Verkauf, Verwaltung und Produktion. Aber der elterlichen Garage sind wir schon entwachsen“, sagt der 32-Jährige.
Ein Lebensretter
Die Technik der Restube ist simpel: Ein kräftiger Zug an einer Schnur durchstößt eine Druckluft-Kapsel, ein gelbes Luftpolster wird binnen einer Sekunde aufgeblasen. Schwimmer können sich daran festhalten und Kraft holen. Mit einem Auftrieb von sieben Kilogramm ersetzt Restube keine Rettungswesten, aber es kann Menschen im Wasser länger am Leben halten.
Christopher Fuhrhop and Marius Kunkis
Ausgezeichnet mit dem deutschen Gründerpreis.
(Foto: German Select/Getty Images)
Der Luftsack hält notfalls eine ganze Nacht auf See und lässt sich zusätzlich mit dem Mund aufblasen. Im Auslöser ist eine Signalpfeife integriert. Nach dem Auslösen lässt sich die Restube wieder neu laden und in die kleine Hüfttasche zurückfalten. Das Tragen der Restube ist somit kein großes Hindernis beim Schwimmen, Surfen, Kiten.
„Wir sind ein Unternehmen, das nicht nur Geld verdienen will, sondern auch eine Mission hat“, sagt der Firmengründer. „Wir wollen den Wassersport sicherer machen.“ Seine Vorbilder sind der Lawinen-Rucksack oder der Skihelm. Auch diese Technologien brauchten Jahre, bis sie sich durchsetzten.
Sympathie ist alles
Deshalb sei Restube auch kein Selbstläufer. Es braucht viel Mühe, um als Produkt und Marke sichtbar zu werden. Wichtig für das Start-up ist es darum, bei Großveranstaltungen präsent zu sein, etwa bei Swim-the-island in Italien, wo 100 Teilnehmer um eine Insel schwimmen, oder bei dem Kitesurf-Wettbewerb Coast2coast, bei dem Sportler von Fehmarn nach Dänemark und zurück 40 Kilometer übers Meer preschen.
Solche Events sind für das Unternehmen eine Chance, aber auch eine große Herausforderung: Denn Partner wie der Getränkeriese Red Bull machen ihre Verträge kurzfristig. „Da müssen wir dann schon mal 500 Restubes in zwei Wochen herstellen“, sagt Fuhrop.
Noch wichtiger sind Vertriebspartner wie der weltgrößte Sporthandelsverband Intersport Dort hat es Restube geschafft, gelistet zu werden. Mehr als 1 500 Sportfachhändler können die Restubes über den Verbund ordern. Zudem können Kunden im Onlineshop von Intersport direkt einkaufen. „Restube ist ein unkompliziertes und kleines Produkt, das sich für jeden Wassersportler eignet – vom Triathleten bis zum Stand-up-Paddler. Das passt gut zu unserer Ausrichtung“, sagt Heiko Selbach, Produktmanager bei Intersport.
Wachstumsmarkt Sicherheit
Bislang konzentriert sich Restube auf Freizeitkunden. Der Markt in Deutschland ist seit Jahren stabil. 2014 wurden mit Produkten rund um Sportarten, die in oder auf dem Wasser ausgetragen werden, rund 1,8 Milliarden Euro umgesetzt. In der Sparte Surfen waren es rund 47 Millionen Euro.
Künftig will das Start-up seine Rettungsboje auch als Schutzmaßnahme zum Beispiel für Hafenarbeiter anbieten. Der Markt für persönliche Schutzausrüstungen wie Kleidung, Handschuhe oder Schuhe hat nach Angaben des Portals "forward textile technologies" weltweit ein Volumen von 17 Milliarden Euro.
Auch namhafte Sportler konnte Restube als Testimonials gewinnen, bislang sogar, ohne dafür bezahlen zu müssen. „In diesem frühen Stadium geht es noch über Sympathie“, sagt Fuhrop. So gehört Sebastian Steudtner, der im vergangenen Winter im portugiesischen Nazare die größte Welle der Welt ritt, zu den Restube-Fans. Der Extremsurfer sagt, es beruhige ihn, in den hohen Wellen den kleinen Lebensretter dabei zu haben. Angesprochen fühlen sich aber auch ganz normale Freizeitsportler: „Seit ich meiner Mutter einen Restube gegeben habe, traut sie sich wieder, durch den heimischen Baggersee zu schwimmen“, erzählt Steudtner.
Es reichte gerade zum Leben
40.000 Restubes haben die Badener schon hergestellt. Angefangen hat alles ganz bescheiden. 2011 schrieb Fuhrop am Karlsruher KIT seine Diplomarbeit zu dem Thema „Analyse eines miniaturisierten Wasserrettungssystems“. Im Oktober war der erste Prototyp fertig. Gebastelt in der Werkstatt seines Elternhauses aus Luftmatratzen, Schwimmflügeln und einer handelsüblichen CO2-Patrone. Vom Existenzgründerprogramm „exist“ bekam er 2013 die ersten 90 000 Euro. „Wie der Name schon sagt, es reichte gerade zum Leben“, erinnert sich der Gründer.
Restube-Set
Ganz schön aufgeblasen.
(Foto: PR)
Inzwischen hat er rund eine Million Euro Kapital bei Investoren eingesammelt. Noch halten die Gründer über 60 Prozent der Anteile. Ziel ist es, über 50 Prozent zu behalten. Das dürfte schwierig werden. Denn Restube ist auf weiteres Kapital angewiesen.
Theoretisch könnte das Unternehmen zwar schon Gewinne einfahren. Fuhrop will aber zügig weiterwachsen. „Wachstum kostet erst mal Geld“, betont der Start-up-Unternehmer. Derzeit verhandele er über die weitere Finanzierung für den Ausbau der Produktion – und die Internationalisierung, Gespräche mit einem russischen Vertriebspartner liefen schon. „Vielleicht wird es eine Mischung aus Banken, Investoren oder Vorverkaufsmodellen wie die Internet-Plattform Kickstarter, bei der die Kunden bezahlen, bevor produziert wird“, sagt Fuhrop.
Das Jungunternehmen verfügt auch über Patente. „Aber auf Patenten können wir uns nicht ausruhen“, sagt der Unternehmer. „Wir müssen einfach schneller sein und eine Welt um das Produkt bauen.“ Mögliche neue Kundengruppen wären Hafenarbeiter. Auch Kooperationen mit Bekleidungsherstellern wären denkbar. „Wir haben noch viel in der Schublade.“
Zunächst aber wird sich das Schicksal der Firma daran entscheiden, ob das Sicherheitsbedürfnis den Kunden in der einfachsten Version des Restube 59 Euro wert ist. In Deutschland ertrinken jährlich rund 500 Menschen. In Ländern mit längeren Küsten sind es weit mehr. Rund 40.000 Menschen sterben nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation jedes Jahr in europäischen Gewässern. Der Restube solle der Schutzhelm des Wassers werden, sagt Fuhrop. So etwas wie eine Helmpflicht beim Radfahren wäre für Restube ein Segen, ist aber noch nicht in Sicht.
Das Gespräch muss Christopher Fuhrop pünktlich beenden. Das Telefon klingelt. Mit weit aufgerissenen Augen sagt der Gründer: „Russland ist dran.“