Die neuen Gründer – Spendit: Die größte Kantine der Welt
Benachrichtigung aktivierenDürfen wir Sie in Ihrem Browser über die wichtigsten Nachrichten des Handelsblatts informieren? Sie erhalten 2-5 Meldungen pro Tag.
Fast geschafftErlauben Sie handelsblatt.com Ihnen Benachrichtigungen zu schicken. Dies können Sie in der Meldung Ihres Browsers bestätigen.
Benachrichtigungen erfolgreich aktiviertWir halten Sie ab sofort über die wichtigsten Nachrichten des Handelsblatts auf dem Laufenden. Sie erhalten 2-5 Meldungen pro Tag.
Jetzt Aktivieren
Nein, danke
Anzeige
Die neuen Gründer – SpenditDie größte Kantine der Welt
Sie wollen nicht immer in die Kantine und trotzdem günstig essen? Das Start-up Spendit bietet dafür eine digitale Lösung. Die Finanzämter haben das Verfahren abgenickt. Und auch die Gastronomen profitieren davon.
Spendit-Gründer Florian Gottschaller und Ralph Meyer (v.l.)
Mitarbeiter können Kostenfaktor sein – oder Ressource.
(Foto: PR)
München Im Kampf um die besten Köpfe muss man Mitarbeitern etwas bieten. Das Start-up Spendit hat sich ihretwegen extra im angesagten Münchener Glockenbachviertel eingemietet. Am Eingang steht ein Obstkorb. Einmal im Monat macht die Mannschaft etwas zusammen, geht Wandern am Schliersee oder auch mal auf ein Filmfest. „Die einen sehen Mitarbeiter als Kostenfaktor“, sagt Florian Gottschaller, „die anderen als Ressource.“
Für Spendit ist das Thema von doppelter Bedeutung. Natürlich muss die junge Firma, die 25 Leute beschäftigt, selbst um Talente werben. Vor allem aber gründet ihr Geschäftsmodell auf Mitarbeiter-Benefits. Vorstandschef Gottschaller und sein Mitgründer Ralph Meyer bieten eine Lösung, mit der Firmen ihren Angestellten steuerlich begünstigte Sachzuwendungen zukommen lassen können, oder einfach gesagt: „Die größte Kantine der Welt.“
Wie viele kleine Unternehmen gewährt Spendit seinen Mitarbeitern einen Essenszuschuss. Bis zu 6,20 Euro pro Tag dürfen Arbeitgeber steuerfrei dazugeben. Viele Unternehmen nutzen dafür Gutscheine, die in Partnerrestaurants oder Supermärkten eingelöst werden.
App ermittelt Restaurant und Betrag
Die Nutzer von Lunchit, eins der Hauptprodukte von Spendit, können mittags einkehren, wo immer sie wollen. Nach dem Essen müssen sie nur die Rechnung fotografieren. Die App ermittelt Restaurant und Betrag, der Arbeitgeber überweist mit der Gehaltsabrechnung bis zu 6,20 Euro steuerfrei. Die Finanzämter haben das Verfahren abgenickt.
„Der administrative Aufwand ist für die Unternehmen kleiner als mit Gutscheinen oder einer Kantine“, sagt Meyer. Die Firmen sparten mehr, als die Nutzung von Lunchit sie koste – nämlich 149 Euro pro Jahr und Nutzer. Die App ist gerade an den Markt gegangen. Zu den ersten Kunden gehört der Main Incubator, eine Commerzbank-Tochter.
Spendit auf einen Blick
Florian Gottschaller hat es schon mal mit einem Start-up für Roboter an Flughäfen probiert. So lernte er den Unternehmensberater Ralph Meyer kennen.
Spendit bietet digitale Lösungen für steuerbegünstigte Mitarbeiterbenefits an.
Konkurrenten sind Gutscheinanbieter wie Edenred (eine Milliarde Euro Umsatz).
Drei private Investoren haben sich mit insgesamt 2,3 Millionen Euro engagiert.
Experten schätzen, dass es hierzulande mehr als eine halbe Million Nutzer von Essensgutscheinen gibt. Populär sind sie vor allem in Frankreich und Italien. In Paris sitzt auch der Dienstleistungskonzern Edenred, der die Gutscheine produziert und damit zuletzt auf einen Umsatz von einer Milliarde Euro kam.
Der Haken: Restaurants müssen eine Provision an den Anbieter zahlen. Der profitiert zusätzlich, wenn die Bons nicht eingelöst werden. Bei Lunchit hingegen wird nur bezahlt, wenn wirklich gegessen wird.
Prepaid Mastercard im Angebot
Beim Branchenverband Dehoga beobachtet man die Neuentwicklung genau. Generell begrüße man alle digitalen Lösungen, sagt Dehoga-Chefin Ingrid Hartges. „Umso besser sind die Angebote, wenn sie für die Gastronomie weder mit Kosten noch mit Provisionen verbunden sind.“ Auch Frank Unruh, Geschäftsführer bei „Hans im Glück“, sieht Vorteile für Gastronomen. Die eigene Buchhaltung bleibe unberührt. Die Burgerkette setzt Lunchit auch für die eigenen Mitarbeiter ein – „ein sehr gutes Tool zur Mitarbeitermotivation“.
Lunchit habe das Potenzial, „die Gutscheine auf lange Sicht abzulösen“, glaubt selbst ein großer deutscher Kantinenbetreiber. Er empfiehlt seinen Kunden die App als Alternative zur Kantine an kleineren Standorten.
Gutschein-App Lunchit
Vom Finanzamt akzeptiert.
(Foto: PR)
Spendit hat noch ein zweites Produkt: eine Prepaid Mastercard. Der Gesetzgeber erlaubt es Unternehmen, Beschäftigten steuerfreie Sachzuwendungen zukommen zu lassen. Manche finanzieren ein Jobticket, andere Tankgutscheine. Erlaubt sind 44 Euro monatlich pauschal, weitere Zuwendungen sind möglich, etwa Geschenke zu persönlichen Anlässen. Zudem dürfen Arbeitgeber bis zu 10.000 Euro im Jahr pauschalversteuert an Mitarbeiter auszahlen. Mit der Karte von Spendit können die Empfänger kaufen, was sie wollen – nur eine Barauszahlung ist nicht möglich. Deshalb akzeptieren Finanzämter die Lösung als Sachbezug.
Rund 500 Unternehmen hat Spendit mit seinen Angeboten bislang als Kunden gewonnen. Das Geschäft soll schnell ausgebaut werden. „Wir haben einen Jumbo gebaut, der auf der Rollbahn steht. Der muss jetzt durchstarten“, sagt Meyer. Bevor andere auf die Idee kommen, die bislang einmalige Lösung zu kopieren, muss Spendit eine kritische Masse gewinnen.
Expansion geplant
Carsten Rudolph, Geschäftsführer des Netzwerks BayStartUp, der die Gründer kennt, ist zuversichtlich. Spendit greife ein Thema auf, das für viele kleine Unternehmen relevant sei. Die Umsetzung sei einfach, die rechtlichen Rahmenbedingungen wohl geklärt. „Bleibt der Vertrieb an viele, viele kleine Firmen als Herausforderung. Das kann aber viral durch Mund-zu-Mund-Propaganda gut klappen.“
In den ersten 16 Monaten arbeitete das Start-up mit dem Kapital der Gründer. Vor gut einem Jahr sicherten sie sich die erste Finanzierungsrunde über eine Million Euro. Beteiligt hat sich unter anderem Michael Riemenschneider, der Geschäftsführer des Family Office der Familie Reimann, mit seinem privaten Vermögen. Bei der zweiten Runde vor ein paar Monaten sammelte Spendit knapp 1,3 Millionen Euro ein. Das Kapital reicht bis zum nächsten Frühjahr, schätzen die Gründer. Danach bräuchten sie Geld für die Expansion, etwa nach Frankreich.
Immerhin: Die Karte macht bereits deutlich Umsatz und schreibt schwarze Zahlen, Verluste macht Spendit wegen der Anfangsinvestitionen für Lunchit. Die Gründer, beide Jahrgang ‘74, wollten in jedem Fall an Bord bleiben betont Gottschaller: „Wir wollen aus einer jungen Firma eine alte Firma machen.“
Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.