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Die neuen Gründer – Teleclinic Digitale Sprechstunde

Ärztliche Hilfe bequem vom Bett aus? Das bietet die App des Start-ups Teleclinic. Das Problem: Fernbehandlung ist in Deutschland verboten. Ärzte sind trotzdem von der Idee überzeugt – und auch eine Krankenkasse macht mit.
31.05.2016 - 20:00 Uhr Kommentieren
TeleClinic, Doctor in the Pocet, Doctor at Home, Smartphone, App Quelle: PR
App von TeleClinic auf einem Smartphone

„Wir wollen für alle Menschen die erste Anlaufstelle für Fragen rund um ihre Gesundheit sein.“

(Foto: PR)

Frankfurt „Ist der Insektenstich meiner Tochter gefährlich?“, „Sollte ich mit meinen Rückenschmerzen zum Notarzt?“ oder „Stimmt die Diagnose meines Orthopäden?“. Wer würde solche Fragen nicht gerne ohne stundenlange Wartezeit mal eben schnell über das Internet oder Telefon mit einem Arzt abklären? Doch bei aller Euphorie um Telemedizin – in Deutschland ist das nicht so einfach.

Der Grund ist das Verbot einer ausschließlichen Fernbehandlung. Es besagt, dass ein Arzt ein telefonisches oder Online-Behandlungsgespräch mit einem Patienten nur führen darf, wenn er ihn auch persönlich behandelt. Dennoch startet das Telemedizin-Start-up Teleclinic am heutigen Mittwoch sein Angebot. Via Videochat im Internet und per Smartphone können die Patienten derzeit 18 Ärzte kontaktieren. Ein Rezept ausstellen etwa, das dürfen die Mediziner von Teleclinic zwar nicht, aber sehr wohl können sie ihre Meinung zum Gesundheitszustand des Patienten äußern und einen Rat geben.

Die Ziele des Start-ups sind hoch gesteckt: „Wir wollen für alle Menschen die erste Anlaufstelle für Fragen rund um ihre Gesundheit sein“, sagt Katharina Jünger, Geschäftsführerin und Gründerin des Unternehmens. Dass sie dafür noch sehr viel bewegen muss, ist der 25-Jährigen sehr wohl bewusst. Schließlich gibt es im deutschen Gesundheitssystem jede Menge Hürden, an denen schon andere Start-ups gescheitert sind.

(von links) Reinhardt Meier, Katharina Jünger, Patrick Palacin, Gründer, TeleClinic  Quelle: PR
Das Team von Teleclinic

Die digitale Arztpraxis entwickelten Reinhard Meier (v.l.) und Katharina Jünger ab Ende 2014. Hinzu kam der Wirtschaftsinformatiker Patrick Palacin.

(Foto: PR)

So hat beispielsweise die 2014 gestartete Berliner Firma Klara, die die Diagnose von Hauterkrankungen via Smartphone-App bietet, ihr Geschäft wegen der Regulierung in Deutschland nach wenigen Monaten in die USA verlagert. „Mit telemedizinischer Beratung in Deutschland Geld verdienen zu wollen, ist ein schwieriges Unterfangen, solange das Fernbehandlungsverbot gilt“, sagt Roman Rittweger, der viele Jahre als Berater im Gesundheitsmarkt unterwegs war. Am Potenzial des Marktes zweifelt er aber nicht. Zum Jahreswechsel hat er deshalb seinen Beraterjob aufgegeben und baut nun eine digitale private Krankenversicherung nach dem US-Vorbild Oscar in Deutschland auf. Deren Mitglieder sollen ebenfalls digitale Sprechstunden nutzen können. Rittweger geht davon aus, dass das ausschließliche Fernbehandlungsverbot eines Tages fallen wird.

„Wir glauben, dass es für viele Menschen, die plötzlich krank werden oder Schmerzen haben, wichtig ist, möglichst umgehend eine erste Einschätzung von einem Arzt zu bekommen“, sagt Dr. Reinhard Meier, Orthopäde und medizinischer Leiter bei Teleclinic. Der 38-jährige Mediziner hatte sich im Herbst 2014 an das Center for Digital Technology and Management (CDTM) der Hochschulen in München gewandt, um ursprünglich eine telemedizinische Zweitmeinungsberatung aufzubauen. Katharina Jünger, die nach ihrem Jurastudium am CDTM ein Technologiestudium anschloss, war schnell bei dem Projekt mit dabei, das dann zur Teleclinic weiterentwickelt wurde. Als dritter Gründer kam der Wirtschaftsinformatiker Patrick Palacin hinzu, dem die technische Leitung obliegt. Unterstützt von Privatinvestoren und Mitteln aus der Gründerförderung des Bundeswirtschaftsministeriums legten die drei los.

Schichtdienst am Smartphone

Unter anderem wurde eine eigene Software entwickelt, die es Patienten und Ärzten erlaubt, auch Dateien wie Röntgenaufnahmen, Fotos oder aber Blutbilder direkt in die Beratung miteinzubinden. Hochgeladen werden diese Daten aus der Cloud, beziehungsweise von IBM-Servern in Deutschland. Denn das junge Unternehmen will ebenfalls Anlaufstelle für Patienten sein, die sich eine zweite Meinung einholen wollen und bietet Kunden an, ihre komplette Gesundheitsakte in der Cloud zu speichern.

Wer nicht im Videochat via Internet und Smartphone dem Arzt sein Gesicht zeigen will, kann auch einfach nur telefonieren. Bei den Ärzten im Netzwerk ist für alle Kommunikationswege die entsprechende Software installiert. Ein Schichtdienst regelt den Einsatz, so dass der Service täglich von 6 bis 23 Uhr erreichbar ist. Erste Kontaktperson ist eine Krankenschwester, die das Anliegen aufnimmt und zum Arzt weiterleitet.

Viele Ärzte, die bei Teleclinic mitmachen, sind von den Chancen, die die Digitalisierung der Medizin bietet, überzeugt. So auch Tobias Kraus, Orthopäde und Unfallchirurg in Tübingen. „Heutzutage können wir schon fast alles mobil erledigen — Mails, Banking, Shopping. Ärztliche Beratung fehlt hier noch“, sagt er. Als Mediziner werde er sehr oft von Freunden oder Bekannten um Rat gefragt. Wenn der Arztbesuch aus Zeitgründen gescheut werde, könnten sich gesundheitliche Probleme auch zu einem chronischen Leiden entwickeln, warnt Kraus.

Als Facharzt für Unfallchirurgie muss er zudem häufig im Ausland erlittene Unfallverletzungen deutscher Patienten versorgen. Für diese Verletzten sieht der 36-jährige Mediziner einen erheblichen Nutzen, wenn sie über eine telemedizinische Beratung eine fachlich fundierte Meinung über die angebotene Behandlung vor Ort einholen könnten. Entlohnt werden die Ärzte für ihren Einsatz bei dem Start-up mit einem Honorar, das sich an der Gebührenordnung für Ärzte orientiert. Patienten zahlen je nach Leistunspaket zehn bis 50 Euro pro Monat aus eigener Tasche.

Schweizer Vorbild

Als erste private Krankenkasse kooperiert die Barmenia mit den drei Gründern. In einem dreimonatigen Pilotprojekt, das wissenschaftlich begleitet wird, will die Krankenversicherung prüfen, wie das Angebot von ihren Versicherten angenommen wird und welche Vorteile es bringt. Mit den gesetzlichen Krankenkassen in Deutschland ist Jünger auch im Gespräch, allerdings sind hier die Regularien komplizierter. So müsste Teleclinic beispielsweise vor einem Vertragsabschluss mit den Kassen belegen, dass diese Kosten sparen, wenn die Patienten digital statt in der Praxis beraten werden.

Doch das haben Katharina Jünger und ihr Team noch nicht evaluiert. Sie verweisen zurzeit noch auf das Schweizer Vorbild Medgate. Mit dessen Kontakt-Center können bis zu zehn Prozent der Kosten einer herkömmlichen Beratung einspart werden. In der Schweiz wird das 1999 gegründete Medgate mittlerweile breit genutzt, weil die Versicherungen ihren Kunden günstigere Tarife anbieten, wenn sie ihre Arztkonsultationen mit einer telemedizinischen Sprechstunde beginnen.

Die Teleclinic-Gründerin findet, dass man irgendwann aber auch einfach anfangen muss, wenn man etwas bewegen will. Sie hofft, dass der Markt reagiert. Die Jury des Bayrischen Innovationspreises jedenfalls hat Teleclinic schon vor ihrem offiziellen Start überzeugt und sie kürzlich für das innovative Angebot ausgezeichnet. Im hohen Norden rüstet sich übrigens bereits das Start-up Doc Sofort mit einem ähnlichen Angebot: Die telefonische Arztsprechstunde. Gerade läuft die Crowdfunding-Kampagne für den direkten Draht zum Arzt.

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