Direktvertrieb boomt Dating für die Shopping-Party

Der österreichische Direktvertrieb Luna.at veranstaltet nun auch Shopping-Partys in Deutschland.
Düsseldorf Neue Geschäftsideen entstehen oft dann, wenn sich Leute über etwas ärgern. So war es auch bei Andreas Schneck aus Bietigheim. Für seine Frau wollte er als Geburtstagsüberraschung eine Verkaufsparty im heimischen Wohnzimmer organisieren. Doch die verwirrende Suche im Internet nach einer passenden Party und Beraterin frustrierte ihn. „In Zeiten des World Wide Web sollte es doch einen Dienst geben, mit dem ich Firmen und Vertriebler für eine Shopping-Party finden und direkt kontaktieren kann“, wunderte er sich. Schneck recherchierte und entdeckte lediglich in den USA und Kanada Plattformen. Die informieren zwar über verschiedene Verkaufspartys, aber ermöglichen keinen Austausch zwischen Gastgeber und Direktvertriebler.
Die Sache ließ dem Online-Marketing-Experten keine Ruhe. Mit seinem Kollegen Sven Günzel begann er, an einer Web-Plattform zu basteln. Anfang 2015 gründeten sie das Start-up Verkaufspartys.net. Rund 2000 selbstständige Berater, fast ausschließlich Frauen, von etwa 60 verschiedenen Direktvertrieben sind laut Schneck inzwischen auf der Plattform registriert. Die Palette reicht von Putzutensilien über Schmuck und Duftkerzen bis zu Dildo-Partys. Schneck wählt die Anbieter vorher genau aus. „Dubiose Strukturvertriebe oder Esoterik kommen nicht auf die Seite“, betont er.
Der Direktvertrieb boomt. Fast eine Million meist selbstständige Beraterinnen – so viele wie noch nie – arbeiten hierzulande für rund 500 Unternehmen, von Tupperware über Vorwerk und Avon bis Amway. Warum der gesellige Einkauf im Wohnzimmer, dem lange etwas Altbackenes anhaftete, einen solchen Aufschwung erlebt? „Im Zeitalter des anonymen Einkaufs im Internet und der virtuellen Freundschaften über Facebook ist die soziale Komponente auf der Strecke geblieben“, meint Manfred Krafft, Marketing-Professor an der Universität Münster. Homepartys seien der ideale Anlass für Freundinnen, zusammen Spaß zu haben. Der Verkauf sei eher ein Nebeneffekt.
Ein Nebeneffekt, der sich für die Branche allerdings auszahlt. Der Umsatz stieg nach Schätzungen des Bundesverbands Direktvertrieb Deutschland (BDD) 2015 um neun Prozent auf mehr als 16 Milliarden Euro. Zum Vergleich: Der Online-Handel setzte zuletzt 52,9 Milliarden Euro um, so einen Studie im Auftrag des Marktplatzes Retail-Me-Not. „Die Direktvertriebsbranche wächst kontinuierlich und hat überdurchschnittliche positive Zukunftserwartungen“, konstatiert Florian Kraus, Marketing-Professor der Universität Mannheim.
Alle 22 Sekunden findet in Deutschland eine Verkaufsparty statt – vom Thermomix über Dessous bis zur Tupperdose. Insgesamt 7,3 Millionen Bestellungen wurden in einem Jahr getätigt, berichtet der Bundesverband. Im Schnitt nehmen fünf Gäste an einer Party teil. Bislang kamen Social-Shopping-Partys meist durch Mund-zu-Mund-Propaganda zustande. „Die meisten Verkaufspartys werden direkt über den persönlichen Kontakt zu den Vertriebspartnern und über die Internetseiten der BDD-Mitgliedsunternehmen vermittelt. Dort finden die Kunden alle Berater der Unternehmen“, sagt Jochen Clausnitzer, Geschäftsführer des BDD.
Wer jedoch auf keine bestimmte Verkaufsparty festgelegt ist und sich auch über kleinere und unbekanntere Anbieter informieren möchte, dem will Schneck mit seiner Plattform weiterhelfen. „Oft wird dem Gastgeber eine Beraterin zugewiesen. Auf Verkaufspartys.net dagegen haben Beraterinnen ihr Profil samt Foto und Kontakt und oft auch Kalender hinterlegt. Schließlich will jeder wissen, welche Person er sich für eine Party ins Wohnzimmer holt“, so Schneck.
Mit der Postleitzahl können interessierte Kunden nach Vertrieblern in der Nähe suchen und sie direkt kontaktieren. Schneck will bald auch Restplätze von Shopping-Partys anbieten: „Manche Party kommt nicht zustande, nur weil noch zwei Gäste fehlen.“