Einzelhandel Wanderschuh-Hersteller Hanwag macht mit Intersport Schluss

Viele Händler und Marken in der Sportbranche sind gerade dabei, ihr Geschäftsmodell zu verändern.
München., Düsseldorf Weniger ist mehr: Der Wanderschuh-Hersteller Hanwag hat seinen Vertrag mit Intersport gekündigt, Deutschlands größtem Sporthändlerverbund. Künftig werde das traditionsreiche Unternehmen aus Oberbayern nur noch ausgewählte Läden der Genossenschaft beliefern, sagte Geschäftsführer Thomas Gröger dem Handelsblatt.
„Die suchen Massenprodukte, die für alle Händler passen“, betonte der Manager. „Und das möglichst exklusiv für Intersport.“ Das sei aber nicht das, was eine Marke wie Hanwag auszeichne. Sie stehe nicht für Mittelmaß. Sondern vielmehr für handwerklich außergewöhnliche Stiefel, die sich nur mit intensiver, fachkundiger Beratung verkaufen ließen.
Mit dem Abschied von Intersport spart sich Hanwag die Auftritte auf den Hausmessen der Genossenschaft und auch die Verhandlungsrunden, in denen um Kollektionsempfehlungen und Konditionen gerungen wird. Die dadurch frei werdenden finanziellen und personellen Ressourcen werde Hanwag einsetzen, so Gröger, um enger mit einzelnen Geschäften zusammenzuarbeiten.
So wie Hanwag sind derzeit viele Händler und Marken in der Sportbranche dabei, ihr Geschäftsmodell zu verändern. „Die Wertschöpfungskette muss effizienter werden“, sagt Uwe Seibicke von der Unternehmensberatung Hachmeister + Partner. Denn der Markt stagniere bestenfalls. Und die Sportindustrie sei noch immer gekennzeichnet durch lange Vorlaufzeiten von der Bestellung über die Produktion bis zu Auslieferung und Verkauf. Das schmälert die Margen und erhöht das Risiko.
Der von Natur aus eher träge Händlerverbund Intersport kommt dabei immer stärker unter Druck. Für die Marken verliert der Zusammenschluss zunehmend an Bedeutung. Viele Labels eröffnen eigene Shops, andere bauen den Onlinevertrieb aus.
Und mancher der selbstständigen Sporthändler aus ganz Deutschland, die sich mit ihren knapp 1500 Läden bei Intersport zusammengeschlossen haben, verdient kaum noch etwas. Wie dramatisch die Lage ist, zeigte sich in diesem Sommer bei Voswinkel, einer Tochter von Intersport. Die Kette ging pleite, fast jede dritte Filiale macht dicht.
Selbst treue Partner fliehen
Selbst die treuesten mittelständischen Lieferanten erschließen sich inzwischen Alternativen zu den Fachhändlern. So wie Deuter. Um die Läden vor Ort zu stützen, hat Deutschlands beliebteste Rucksack-Marke reine Internetanbieter jahrelang überhaupt nicht beliefert. Geschäftsführer Martin Riebel zog sogar mehrfach vor Gericht, um diesen sehr selektiven Vertrieb aufrechtzuerhalten. Die Schwaben haben bislang auch auf einen eigenen Internetstore bewusst verzichtet.
Das ist aber inzwischen alles Geschichte. Die Onlinestores mussten die Augsburger nach einigen verlorenen Prozessen ohnehin schon länger mit Rucksäcken versorgen. Nun geht Deuter auch mit einem eigenen Internetladen an den Start. Eigentümer Sebastian Schwanhäußer hält das für unabdingbar, die Kunden würden es einfach erwarten. Deuter werde keine Rabattschlacht anzetteln, verspricht der Chef und Gesellschafter des Konsumgüterherstellers Schwan-Stabilo, zu dem Deuter gehört. Aber die Preise würden wettbewerbsfähig sein. Sprich: Der neue Onlinestore ist mehr als nur Dekoration.
Es sind aber nicht allein die Marken, die Intersport verlassen. Mit Sport Bründl hat sich diesen Sommer einer der renommiertesten Fachhändler Österreichs verabschiedet. Österreich gehört zusammen mit Ungarn, Tschechien und der Slowakei zur Intersport-Zentrale in Heilbronn. Fünf Jahrzehnte war die Firma Teil von Intersport. Premium-Marken und exzellent ausgebildetes Personal sind für Eigentümer Christoph Bründl der Schlüssel, um sich künftig im Konkurrenzkampf zu differenzieren. Die Genossenschaft scheint da eher hinderlich.
Auch Karstadt hat innerhalb kürzester Zeit das Interesse an Intersport verloren. Die Sportsparte Karstadt Sports hatte im Januar vergangenen Jahres mit großen Erwartungen eine Kooperation mit der Verbundgruppe geschlossen. Karstadt-Chef Stephan Fanderl hatte davon geschwärmt, das stärke die „Beschaffungs- und Servicekompetenz“ und bilde eine Basis für weiteres Wachstum in Europa. Doch nur 15 Monate später gab der Konzernherr das Ende der Zusammenarbeit bekannt.
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