Berlin Cuisine Wie ein Caterer mit digitalen Kochevents für N26 und Porsche durch die Krise kommt

Der Unternehmer Max Jensen machte aus der Not eine Tugend – und brachte sein Cateringangebot in die digitale Sphäre.
Düsseldorf Caterer leben von Großveranstaltungen. Je mehr Personen beköstigt werden, desto besser. In der Coronakrise brach der Umsatz der Branche um ein Drittel ein auf 6,7 Milliarden Euro, ermittelte der Verband Dehoga. Denn einträgliche Events wie Hochzeiten, Konferenzen oder Firmenfeiern fielen aus. Prominente Cateringunternehmer wie Sarah Wiener und Alfons Schuhbeck mussten deshalb in der Pandemie Insolvenz anmelden.
Max Jensen, der seit Juni 2020 auch das traditionsreiche Berliner In-Lokal „Clärchens Ballhaus“ betreibt, machte aus der Not eine Tugend – und brachte sein Cateringangebot in die digitale Sphäre. So kam sein Unternehmen Berlin Cuisine mit innovativen Konzepten mit einem leichten Umsatzminus von nur fünf Prozent durch die Krise.
Allein in der Weihnachtszeit verkaufte das Unternehmen mehr als 22.000 seiner „Taste-Boxen“ über seine Webseite. Das sind kleine Kartons mit kulinarischen Kleinigkeiten etwa für einen „Weihnachtsmarkt zu Hause“: Die Boxen eignen sich auch als Begleitgeschenk zu Konferenzen oder Sitzungen. Mit der Taste-Box könnten Veranstalter ein „geschmackliches Ausrufezeichen hinter ihre Botschaft setzen“, preist der 34-jährige Gastronom sein Angebot an.
Der gebürtige Bayer Jensen wollte schon immer in die Gastronomie einsteigen. Seine Kochausbildung absolvierte er bei Fernsehkoch Kolja Kleeberg. Danach machte er 18 Praktika in 13 Ländern, vor allem in Asien, um seinen kulinarischen Horizont zu erweitern.
Berlin Cuisine gründete er 2013, derzeit arbeiten dort 65 Beschäftigte, 20 davon im „Clärchens Ballhaus“. Jensen will „Catering auf Sterneniveau“ anbieten. Nachhaltigkeit ist für ihn mehr als ein Trend. So werden die Gerichte vor Ort ohne Geschirr serviert zum Beispiel in einem Kohlrabi. Hinter den Speisen warte ein Erlebnis, so Jensen.
Fernsehstudio mit Showküche eingerichtet
Dabei gehen Digitales und Essensgenuss beim Berliner Caterer Hand in Hand. Das neue Konzept des „Virtual Taste“ wurde von den Kunden ebenfalls gut angenommen. In einem Livestream kochen Profiköche den Gästen eines Firmenevents live vor. Spontan hatte Berlin Cuisine im Januar 2021 dafür ein Fernsehstudio mit Showküche in seinen Räumlichkeiten eingerichtet.
Zwar ist das Konzept des Vorkochens auf dem Bildschirm nichts Neues. Kochsendungen sind im Fernsehen seit Jahrzehnten Quotenschlager. Doch der Berlin-Cuisine-Gründer geht mit seinen virtuellen Kochevents noch einen Schritt weiter. Die Zuschauer gucken nicht nur zu, sondern kochen aktiv mit. Alle notwendigen Zutaten für die Gerichte werden ihnen vorab nach Hause geliefert.
Ein Livestream ermöglicht die Interaktion zwischen Koch, Zuschauer und Mitkochendem. Die Hobbyköche können per Chat Fragen stellen, wenn sie einmal nicht weiterwissen. Jensen nennt es augenzwinkernd „die erste Kochshow mit Geschmack“.

Seine Kochausbildung absolvierte der Cateringunternehmer bei Fernsehkoch Kolja Kleeberg.
Kochshows bietet Berlin Cuisine zurzeit Unternehmen für interne Veranstaltungen an. Liveevents hat Berlin Cuisine bereits bei Kunden wie Porsche, Zalando oder der Onlinebank N26 durchgeführt. Bea Seehafer, Leiterin Marketing & CRM der Porsche Zentren in Berlin, beschreibt diese Erfahrung als eine besondere. „Das Konzept und die Umsetzung sind außergewöhnlich“, sagt sie.
Man bekomme eine ansehnlich angerichtete Foodbox nach Hause geliefert und habe dadurch die Möglichkeit, im gewohnten Umfeld auf Restaurantniveau zu kochen. „Durch die sehr gute Anleitung durch die Moderatoren funktioniert das auch optimal, und man kann nicht viel falsch machen“, lobt sie.
Bald digitale Kochevents für Privatkunden
Eine digitale Kochshow mit 100 Personen kostet den Kunden etwa 70 Euro pro Person. Das ist nur etwa die Hälfte der Kosten für eine Veranstaltung mit Catering vor Ort, bei der laut Jensen mit ungefähr 150 Euro pro Person für Essen und Ausstattung zu rechnen ist.
Die Einnahmen pro Kopf sind für den Caterer zwar deutlich niedriger, dafür halten sich die Kosten in Grenzen. „Und das Konzept ist leicht skalierbar“, sagt der Gastronom. Zurzeit veranstaltet Berlin Cuisine fast ausschließlich virtuelle Kochevents für Firmenkunden. In Zukunft will Jensen seine digitalen Kochevents und Cateringangebote auch für Privatleute anbieten. Dazu will er sein Livestream-Studio ausbauen.
Das Unternehmen macht zurzeit 60 Prozent seines Geschäfts mit den digitalen Angeboten. Zum genauen Umsatz wollte der Unternehmer keine Angaben machen. Jensen rechnet zwar damit, dass der Digitalanteil mit dem Abklingen der Pandemie sinkt. Ein starkes digitales Standbein will er aber behalten.
Mit seiner Idee von Onlinecatering und Koch-Livestreams steht Jensen in der Branche nicht allein da. Unternehmen wie Kaiserschote aus Köln oder We celebrate aus Frankfurt wurden in der Pandemie ebenso wie Berlin Cuisine kreativ und bieten digitales Catering oder hybride Modelle an.
Auch Tim Mälzer bietet Kochboxen online an
Auch TV-Köche wie Tim Mälzer oder Alexander Herrmann trotzten der Schließung von Restaurants mit digital bestellbaren Kochboxen. Herrmann etwa liefert mit seinem Start-up Starchefbox Drei-Gänge-Menüs als Dinnerbox aus.
Gastronomie-Experte Axel Weber von der Beratung Soda Group bestätigt diesen Trend: „Trotz der vielen wirtschaftlichen und persönlichen Niederschläge und auch Katastrophen in der Gastronomie hat diese Zeit jetzt schon auch eine positive Dynamik hervorgebracht. Die verhilft immer mehr neuen Ideen, Services und Technologien zum Durchbruch.“
Dennoch ist er skeptisch, ob sich die neuen Konzepte langfristig halten können. Zwar werde Corona das Konsumentenverhalten und die Verpflegung in Betrieben nachhaltig verändern. Der soziale Aspekt werde allerdings, nach Einschätzung von Weber, weiterhin ein gewichtiger Grund für die Menschen sein, sich physisch zu treffen. Dabei trete das kulinarische Erlebnis teilweise in den Hintergrund und werde vom Bedürfnis nach sozialem Kontakt übertroffen, meint der Experte.
Beim Konzept von Berlin Cuisine müssten alle Komponenten reibungslos und perfekt ineinandergreifen, damit „eine neue Magie“ und ein gastronomisches Erlebnis entstehen könne, führt Weber weiter aus. Für Jensen dürften dabei seine Erfahrungen aus dem stationären Catering und der Fokus auf besondere Erlebnisse ein Vorteil sein.
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