Björn Peters und Thomas Wünsche BHs, Konserven und Laternen

Unternehmer mit viel Lust auf Neues. (Foto: Wünsche Gruppe)
Hamburg Thomas Wünsche und Björn Peters blicken in ihrem Konferenzraum auf eine Vitrine. In einer Reihe stehen dort: ein Vogelhäuschen, zwei Obstkonserven, ein Päckchen mit langen Herren-Unterhosen, ein Tennisschläger und die Leuchte einer Straßenlaterne. Für Außenstehende passt da nichts zusammen, für Wünsche und Peters allerdings ist nur ein Produkt ein Fremdkörper: die Straßenlaterne.
Die Leuchte steht für ein neues Feld der Hamburger Wünsche-Gruppe, das die beiden Inhaber ausbauen wollen: kriselnde Unternehmen, die mit der Finanzkraft des Familienunternehmens wieder auf die Beine kommen. So wie der Straßenlaternen-Hersteller Hellux, der trotz Tradition seit 1897 in die Insolvenz gerutscht war – und nun dank der Wünsche-Gruppe wieder schwarze Zahlen schreibt.
Die Wünsche-Gruppe ist eine weitgehend unbekannte Größe, dabei haben die meisten Deutschen schon einmal etwas gekauft, was die Hamburger handeln. Sie besorgen No-Name-Produkte für Discounter, Warenhäuser, Supermärkte und Online-Händler – eben von Obstkonserven über Vogelhäuschen bis zum Tennisschläger.
Und auch das hat eine lange Tradition. Denn Thomas Wünsche stammt aus einer Hamburger Handelsdynastie. Sein eigener Anteil daran begann mit einem Konflikt: Thomas Wünsches Vater Wolf-Jürgen sagte sich 1992 von der familieneigenen Gruppe los. Er verkaufte einen Großteil seiner Anteile, schied im Streit aus der Geschäftsführung aus und mache auf eigene Faust weiter. Eine weise Entscheidung: Die Wünsche AG scheiterte 2001 spektakulär an dem Versuch, sich mit Modemarken wie Joop und Cinque zum Lifestyle-Konzern zu wandeln.
Schon vorher, nämlich 1995, nutzte Thomas Wünsche das kleine Unternehmen seines Vaters, um zusammen mit Peters große Pläne umzusetzen. Beide hatten zuvor in Asien Erfahrungen gesammelt – Wünsche in Japan, Peters in Hongkong. Sie starteten das Handelsgeschäft neu.
Seitdem beschafft die Wünsche-Gruppe Aktionswaren für den Handel, etwa die Schnäppchen der großen Discounter. Inzwischen nennen die beiden Inhaber einen Umsatz von einer Milliarde Euro, aus den 20 Mitarbeitern vom Anfang sind in mehreren Gruppen-Unternehmen insgesamt 1.300 geworden. Finanziert habe er das Wachstum nur über das laufende Geschäft, sagt Wünsche.
Neues kommt ständig dazu. Gerade etwa hat die Gruppen-Tochter Jansen Fashion die Mädchen-BH-Marke BeeDees von Triumph übernommen. Ein Triumph-Sprecher lobt, die Wünsche-Gruppe pflege ihre Marken sorgfältig und biete solides Know-how. Trotz solcher neuen Projekte – etwa Audioprodukte unter der Lizenzmarke Blaupunkt für SB-Warenhäuser – reicht den beiden Unternehmern Wünsche und Peters die Herausforderung im Handel allein offenbar nicht mehr aus.
Sie halten nach Beteiligungen Ausschau, nach Unternehmen mit großen Problemen und noch mehr Potenzial. Fündig geworden sind sie im Lichtgeschäft, das mit dem Umbruch zur LED große Chancen bietet: Erst kauften sie Müller Licht, einen Hersteller von LED-Lampen für Privathaushalte. Dann nahmen sie einem Düsseldorfer Finanzinvestor den Lampenhersteller Hellux ab.
Der stellt traditionell dekorative Straßenlaternen für Städte her, daneben Lampen für Logistikhallen, Tankstellen, Parkhäuser und die Bahn. Geschäftsführer Mathias Schmidt baute ordentlich um: Standorte in Herzebrock im Münsterland, in Berlin und Braunschweig mussten schließen. Schmidt konzentrierte die Produktion auf Laatzen bei Hannover. Von einst 120 Mitarbeitern blieben 78 übrig.
Doch dann durfte Schmidt vor einem Jahr das Straßenlaternengeschäft des Autozulieferers Hella zukaufen. „Unser Sortiment war mit den dekorativen Lampen zu schmal. Wir brauchten Produkte für den Massenmarkt – und Hella hatte sie”, sagt Schmidt heute. Der Manager fusionierte Hellux und Hella zu Lunux. 120 Menschen arbeiten heute in dem gemeinsamen Werk, der Umsatz steigt. 2015 waren es 13 Millionen Euro, 2016 bereits 17 Millionen, 2017, also nach dem Zukauf, sollen es 35 Millionen werden.
Damit sei der Hersteller wieder profitabel. Schmidt rechnet sich große Chancen aus, schließlich sind erst wenige Straßenlaternen auf die energiesparende LED-Technik umgestellt. Doch das Geschäft ist kleinteilig: Die Kommunen unterscheiden sich in ihrer Einkaufspolitik stark.
Die konkrete Erfahrung in dem Geschäftsfeld Licht ist neu für Wünsche – aber nicht das generelle Prinzip. „Wir sind immer auch durch Akquisitionen gewachsen und haben so gelernt, wie man das macht”, sagt Wünsche. „Atypisch für uns ist, dass wir in diesem Fall in die Produktion eingestiegen sind, obwohl wir immer gesagt haben, dass das nicht zu unserer DNS passt.” Doch die Erfahrung bestärkt die Unternehmer: Jetzt wollen die beiden das Licht-Geschäft weiter ausbauen – und schließen auch weitere ähnliche Ausflüge in die produzierende Wirtschaft nicht aus.
Eine feste Zielsetzung bei den Vorhaben, angeschlagenen Unternehmen beim Turnaround zu helfen, gibt es nicht. Sowohl ein anschließender Verkauf als auch ein langfristiges Engagement seien möglich, sagt Wünsche. „Wir sind bislang eher schwächer im Verkaufen als im Kaufen”, scherzt er. „Veräußerungen sind aber nicht ausgeschlossen.“ Für solche Pläne sei aber das Engagement bei Lunux noch viel zu frisch. Klar ist nur: Der Bereich Beteiligungen soll wachsen.
Solche Ausflüge kann sich Wünsche nur leisten, weil das Kerngeschäft, der Handel, floriert. Derzeit baut die Gruppe das Geschäft mit E-Commerce-Anbietern aus. Ein 60-köpfiges Team bei der Tochter Latupo entwickelt im Hamburger Szenestadtteil Sternschanze Eigenmarken für die führenden Anbieter, dazu kommen eigene Marken wie Sportplus für Fitness-Geräte. „Unsere Mission bleibt: Wir sind ein wandelbarer Kaufmann. Die Firma wird sich immer wieder verändern müssen“, prognostiziert Wünsche.
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