Clemens, Robert und Maximilian Tönnies Friede den Schlachthöfen

Sorgsam inszenierte Versöhnung.
Die Schlacht war episch: Neffe und Onkel überzogen sich jahrelang vor Gericht mit Vorwürfen. Es ging um Versprechen am Totenbett, um letzte Telefonate, große Verträge am Heiligen Abend. Letztlich aber rangen beide um die Macht im gemeinsamen Unternehmen. Ebenso dramatisch inszenierten Robert und Clemens Tönnies ihre Versöhnung am Sitz ihrer Großschlachterei in Rheda-Wiedenbrück mit 6,4 Milliarden Euro Umsatz. Plötzlich sollte kein Blatt Papier zwischen die einstigen Erzfeinde passen, lachend gaben sie sich die Hand und scherzten.
Nach der demonstrativen Versöhnung im April steht jetzt die neue Führungsstruktur. Deutlich wird dabei auch, wie die Nachfolge des 61-jährigen Clemens Tönnies einmal aussehen soll. Er holt seinen Sohn Maximilian in das Unternehmen.
Kern der Umstrukturierung ist die streng gleichberechtigte Führung des Unternehmens zwischen Clemens Tönnies und seinem 22 Jahre jüngeren Neffen Robert. Der Sohn des verstorbenen Gründers hatte vor Gericht hart dafür gefochten. Zwischenzeitlich hatte ihn der Onkel aus den Büros verbannt – obwohl der Neffe die Hälfte der Anteile hält.
Obwohl Teil der sorgsam inszenierten Versöhnung im April war, dass Robert Tönnies Büroschlüssel und Firmen-Kittel zurückerhielt, tritt er nicht selbst in die Geschäftsführung ein. Stattdessen schickt er den 56-jährigen ehemaligen Apetito-Chef Andreas Ruff in die Geschäftsführung als Konterpart zu Clemens Tönnies. Zusammen mit zwei Finanzchefs, Ex-Europcar-Chef Reinhard Quante für Robert und Daniel Nottbrock für Clemens, bilden die vier die oberste Führung, die bislang allein Clemens Tönnies innehatte. Auf der Ebene darunter bleibt unter anderem Sparten-Geschäftsführer Josef Tillmann. Als Teil der Einigung gilt, dass der enge Vertraute von Clemens Tönnies im Amt bleibt, an dem sich Robert Tönnies störte.
An einer anderen Stelle musste dafür Clemens Tönnies nachgeben: Seine Wurst-Firma Zur Mühlen, die er außerhalb der Strukturen des Familienunternehmens Tönnies aufgekauft hatte, wird in die Tönnies-Gruppe integriert. Bei dem Wurst-Produzenten arbeitete zuvor schon Maximilian Tönnies. Er sorgte mit für die von Robert Tönnies so hart kritisierten Parallelstrukturen: So kaufte er im Alter von 25 Jahren formell die Wurstfabrik Meppen mit 130 Mitarbeitern.
Dazu, dass sich alle drei zusammenraufen, soll dennoch der schleichende Generationswechsel beitragen. Maximilian und Robert pflegten, so heißt es, keine persönlichen Animositäten. Dabei unterscheiden sie sich charakterlich: Robert Tönnies tritt eher zurückhaltend auf, Maximilian Tönnies ist mit gestylter Frisur und gewinnendem Lächeln eher der offensive Typ. Inhaltlich blieben die Veränderungen vage. Robert Tönnies wolle sich, so heißt es, unter anderem für mehr Tierwohl und Nachhaltigkeit einsetzen. Die Tönnies-Gruppe steht unter starker Kritik von Tierschützern und Gewerkschaften.
Im Hintergrund soll ein neuer Beirat die Gesellschafter zusammenhalten. Chef des Gremiums ist der 71-jährige Reinhold Festge. Er zählt zu den erfahrensten deutschen Unternehmern. Als Chef des Maschinenbauers Haver & Boecker führte er auch den Branchenverband VDMA. Die potenziell anstrengenden Posten im Tönnies-Beirat tun sich auch der ehemalige Siemens-Vorstand Siegfried Russwurm und Ex-Jungheinrich-Vorstand Helmut Limberg an.
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