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Covid-19-Impfstoff Biontech-Partner Dermapharm will sich langfristig bei Impfstoffen engagieren

Firmenchef Hans-Georg Feldmeier plant, im nächsten Jahr bis zu 500 Millionen Dosen des Biontech-Impfstoffs zu produzieren – und will Kapazitäten für künftigen Bedarf vorhalten.
06.10.2021 - 12:21 Uhr Kommentieren
Neben dem Werk in Brehna hat Dermapharm eine zweite Produktion des Comirnaty-Impfstoffs aufgebaut: bei der Tochter Allergopharma in Reinbek bei Hamburg. Quelle: Getty Images; Per-Anders Pettersson
Dermapharm baut Produktion von Biontech-Impfstoff aus

Neben dem Werk in Brehna hat Dermapharm eine zweite Produktion des Comirnaty-Impfstoffs aufgebaut: bei der Tochter Allergopharma in Reinbek bei Hamburg.

(Foto: Getty Images; Per-Anders Pettersson)

Frankfurt Fast genau vor einem Jahr stieg die Arzneimittelfirma Dermapharm als Partner des Mainzer Unternehmens Biontech in die Produktion des mRNA-Impfstoffs Comirnaty ein. In den ersten drei Monaten bis zum Jahresende 2020 produzierte Dermapharm etwa 17 Millionen Dosen. Mittlerweile stellt Dermapharm Kapazitäten bereit, um im kommenden Jahr bis zu 500 Millionen Dosen herzustellen.

Firmenchef Hans-Georg Feldmeier plant, dass sich das von ihm geführte Unternehmen auch langfristig in der Impfstoffproduktion engagiert: „Wir gehen derzeit davon aus, dass wir mit Biontech ein dauerhaftes Geschäft etablieren können“, sagt er im Gespräch mit dem Handelsblatt.

So wurde Dermapharm neben Biontech bereits in den Kreis der Firmen aufgenommen, mit denen künftig bestimmte sogenannte Leerkapazitäten für die Produktion von Impfstoffen vorgehalten werden sollen. Im Falle einer neuen Pandemie könne dann die Impfstoffherstellung innerhalb kürzester Zeit wieder hochgefahren werden, so Feldmeier. Die EU und die Bundesregierung hatten diese Pläne vorangetrieben und eine entsprechende Ausschreibung gestartet.

Für Biontech übernimmt Dermapharm die Formulierung der Impfstoffdosen. Das bedeutet, dass die mRNA, also der Botenstoff mit den Erbinformationen, mit bestimmten Fettstoffen (Lipiden) „verheiratet“ wird, damit sie besser von den Körperzellen aufgenommen werden. Die dazu nötigen Anlagen hatte Biontech schon frühzeitig bestellt, noch während die klinischen Studien liefen. Bei Dermapharm fanden die Mainzer eine Betriebsstätte, bei der diese Anlagen gut in die vorhandenen Produktionsprozesse integriert werden konnten: „Reinräume, Kessel, sterile Infrastruktur, all das war in unserem Werk in Brehna vorhanden“, sagt Feldmeier. Neben Brehna baute Dermapharm noch eine zweite Produktion bei der Tochter Allergopharma in Reinbek bei Hamburg auf, die im Frühjahr an den Start ging. Dermapharm hatte den Allergiespezialisten im vergangenen Jahr von der Darmstädter Merck erworben.

Der Ausbau der Kapazitäten auf nunmehr 500 Millionen Impfstoffdosen sei für das mittelständische Unternehmen „ein Kraftakt“ gewesen, wie CEO Feldmeier sagt, „aber auch eine Leistung, die uns alle im Unternehmen stolz macht“. Insgesamt hat Dermapharm laut Feldmeier einen signifikanten zweistelligen Millionenbetrag in das Projekt Impfstoffherstellung investiert, in Anlagen, Infrastruktur, aber auch Labore zur Qualitätskontrolle. Dermapharm ist nun auch in der Lage, 250 Millionen Dosen in die kleinen Fläschchen (Vials) abzufüllen und zu verpacken.

Welche Kapazitäten Pfizer und Biontech in den kommenden Monaten jeweils von Dermapharm abrufen wollen, wird permanent in einem rollierenden Prozess vorausgeplant. Die genauen Liefermengen und Umsätze aus der Impfstoffproduktion gibt Dermapharm nicht bekannt, der Inhalt der Verträge obliegt der Verschwiegenheitspflicht.

Schwerpunkt im Bereich Hauterkrankungen

Dermapharm mit Sitz in Grünwald bei München ist ein breit aufgestelltes mittelständisches Arzneimittelunternehmen, das einen Schwerpunkt im Bereich Medizin gegen Hauterkrankungen hat, aber auch Vitaminpräparate und Kortikoide herstellt, die umgangssprachlich Kortison genannt werden. Rund 800 Millionen Euro setzte das Unternehmen im vergangenen Jahr um, ein Zuwachs von 13 Prozent. Das Konzernergebnis stieg um zehn Prozent auf knapp 86 Millionen Euro.

Mehr als die Hälfte des Markenportfolios besteht aus Originalprodukten, für die kein Patentschutz mehr besteht und bei denen kein oder nur ein Wettbewerber im Markt ist, heißt es im Geschäftsbericht. Neben den Markenprodukten, die für rund 60 Prozent des Umsatzes stehen, ist Dermapharm mit seiner 2012 erworbenen Tochter Axicorp im Arzneimittel-Parallelimport aktiv, ein drittes Geschäftsfeld sind pflanzliche Extrakte. „Uns gibt diese breite Aufstellung Stabilität“, sagt Feldmeier.

Der promovierte Pharmazeut kam 2003 zur Dermapharm-Gruppe, seit 2018 ist er CEO. Die Firma aufgebaut hat Pharma-Vertriebsprofi Wilhelm Beier, der seine berufliche Karriere einst im Außendienst des Generikaunternehmens Ratiopharm startete. 2018 brachte Beier einen Minderheitsanteil von Dermapharm an die Börse und erlöste rund 300 Millionen Euro. Im Herbst vergangenen Jahres verkaufte Beier – beziehungsweise die Familienholding Themis – noch einmal zehn Prozent der Aktien, hält mit 65 Prozent aber weiterhin die Mehrheit der Anteile und sitzt auch dem Aufsichtsrat des Unternehmens vor.
Wuchs Dermapharm in der Vergangenheit organisch und durch Zukäufe pro Jahr im durchschnittlich niedrigen zweistelligen Prozentbereich, so gibt die Impfstoffproduktion dem Unternehmen zusätzlichen Auftrieb. Feldmeier rechnet in diesem Jahr mit einem Wachstum des Konzernumsatzes zwischen 24 und 26 Prozent. Das operative Ergebnis (Ebitda) soll zwischen 45 und 50 Prozent zulegen.

Nach Einschätzung der Analysten von Berenberg dürfte Dermapharm in diesem Jahr etwa 120 Millionen Euro Umsatz mit dem Impfstoffgeschäft erzielen. Der bereinigten Ebitda-Marge soll das einen ordentlichen Schub geben. Berenberg-Analystin Charlotte Friedrichs erwartet einen Anstieg von 24,4 auf 31,8 Prozent des Umsatzes.

Raum für neue Projekte

Das gibt Dermapharm Raum für neue Projekte. Denn das Wachstum durch Zukäufe bleibt auf der Agenda. „Wir schauen immer nach interessanten Opportunitäten. Wobei wir genau prüfen, inwieweit ein Zukauf in unser Portfolio passt und wir ihn von den Managementkapazitäten auch stemmen können. Zudem wollen wir die Nettoverschuldung nicht deutlich über ein Verhältnis von drei mal Ebitda steigen lassen.“

Im Zuge der Covid-19-Impfstoffproduktion hat CEO Feldmeier interessante neue Themen für das Unternehmen identifiziert. So beteiligte sich Dermapharm im Juli mit 24,9 Prozent an dem Biotech-Start-up Corat Therapeutics, das derzeit in klinischen Studien ein Antikörperpräparat zur Behandlung von Covid-19 entwickelt. „Mit der Beteiligung an Corat stoßen wir in den Kreis der forschenden Arzneimittelhersteller vor. Zwar betreten wir in gewisser Weise Neuland, sind aber davon überzeugt, dass wir mit unserer Erfahrung wichtiges Know-how für die Arzneimittelentwicklung und -vermarktung zur Verfügung stellen können“, sagt Feldmeier.

Sorgen bereitet ihm derzeit die Frage, wie es unter einer neuen Bundesregierung im Gesundheitswesen weitergeht – nicht nur als Unternehmenslenker, sondern auch als Präsident des Bundesverbands der Pharmazeutischen Industrie (BPI), der Feldmeier seit vergangenem Dezember ist: „Die Ausgaben für das Gesundheitswesen sind in den vergangenen Monaten sehr hoch gewesen. Wir hoffen sehr, dass nun keine Sparideen geboren werden, die die europäische pharmazeutische Industrie in Bedrängnis bringen. Die Pandemie hat gezeigt, dass man leistungsfähige Pharmaunternehmen vor Ort braucht. Und die sollten auch eine faire Wettbewerbschance haben, beispielsweise bei Ausschreibungen von Rabattverträgen“, sagt Feldmeier.

Mehr: Das könnten die Biontechs von morgen sein – fünf deutsche Biotech-Hoffnungen der Investoren

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