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Andreas und Daniel Sennheiser

Die beiden geschäftsführenden Gesellschafter von Sennheiser wollen mit Innovationen zurück an die Spitze.

(Foto: picture alliance/dpa)

Daniel und Andreas Sennheiser Sennheiser-Chefs laufen dem Trend für drahtlose Kopfhörer hinterher

Um schneller zu werden, holen die Brüder Teile der Kopfhörer-Produktion von China nach Rumänien. 3D-Klang ist für sie keine Zukunftsmusik.
13.06.2018 - 17:56 Uhr Kommentieren

Wedemark Die israelische Pop-Diva Netta röhrte ihr Siegerlied „Toy“ beim Eurovision Song Contest in Lissabon in ein Mikrofon von Sennheiser. Pink interpretierte die amerikanische Nationalhymne beim Super Bowl mit dem neuen Sennheiser Digital-6000-Mikrofon. 100 Millionen Menschen rund um den Globus lauschten.

„Mit dem Profimikrofon kommen wir in den USA kaum mit der Produktion nach“, erzählt Daniel Sennheiser. Der 45-Jährige leitet das Unternehmen in dritter Generation mit Bruder Andreas, 43.

Der Audiomarkt brummt, doch gleichzeitig wird der globale Wettbewerb immer härter. Das bekam das Traditionshaus aus Wedemark bei Hannover 2017 deutlich zu spüren. „Wir waren zu langsam und konnten nicht vom Wachstum im Kopfhörermarkt profitieren“, sagt Daniel Sennheiser.

Sennheiser war in Deutschland – nach den USA der wichtigste Markt – stets Platzhirsch bei Kopfhörern. Doch nun wurde die Marke von Apple, Apples Tochtermarke Beats und Bose auf Platz vier verdrängt. Der Grund: „Kabellose Nutzung ist den Käufern immer wichtiger – nicht nur bei Kopfhörern“, konstatiert der Marktforscher GfK.

Der drahtlose Audiomarkt, Kopfhörer, Home Audio und Lautsprecher, soll sich von 2016 bis 2023 auf 31,8 Milliarden Dollar fast verdoppeln, prognostiziert Grand View Research. Doch Sennheiser konnte von dem Trend bisher nicht profitieren. Erst 20 Prozent ihrer verkauften Kopfhörer waren kabellos. Das soll sich ändern. 2018 sollen es 75 Prozent sein, hoffen sie.

Mächtige Konkurrenz

Mit dem Geschäftsverlauf 2017 sind deshalb beide nicht zufrieden. Zwar stieg der Umsatz leicht um 1,4 Prozent auf 667,7 Millionen Euro, nach einem Minus im Vorjahr von 3,8 Prozent. Doch statt eines Ertrags vor Steuern von 34,9 Millionen Euro 2016 steht nun ein Fehlbetrag von 4,5 Millionen Euro. Darin enthalten sind neben Wechselkurseffekten auch Restrukturierungskosten von 21,6 Millionen Euro.

Um im Wettbewerb mit mächtigen Konzernen wie Apple, Samsung und Sony mithalten zu können, sahen sich die Familienunternehmer gezwungen, zu sparen und ihre Organisation umzubauen. „Wir müssen schneller und flexibler werden“, sagt Sennheiser. Funktionen etwa im Marketing wurden zusammengelegt, weltweit fielen 182 von knapp 2800 Stellen weg. Hierzulande mussten 50 der rund 1300 Mitarbeiter gehen.

Das Pikante: Just als der Stellenabbau verkündet wurde, bekamen die Brüder von der Beratung EY den „Ehrenpreis für die vorbildliche und erfolgreiche Führung eines Familienunternehmens“. Das sorgte für Unmut in der Belegschaft, zumal erst nach mehreren Monaten klar war, welche Mitarbeiter gehen mussten. „Die Entlassungen sind uns als Familienunternehmer emotional nicht leichtgefallen“, betont Andreas Sennheiser.

„Die 25-Millionen-Sparrunde hat die Belegschaft sehr verunsichert“, sagt Sandra Schwarz von der IG Metall Celle-Lüneburg. Hinzu kommt, dass ein Werk in Rumänien gebaut wird. „Die Beschäftigten sorgen sich, dass dieses Werk irgendwann zur Konkurrenz des Stammsitzes wird.“

Noch 2018 sollen rund 100 Mitarbeiter in Braşov Kopfhörer fertigen. Das gefährde keine deutschen Stellen, sondern sichere sie, beteuern die Brüder. Das Werk in Rumänien ersetzt Teile der Auftragsproduktion in China.

„Ein eigenes Werk ist für sensible Technologien besser“, so Andreas Sennheiser. „In Rumänien können wir günstiger produzieren als in China.“ Da Seetransporte wegfallen, lassen sich einige Wochen Lieferzeiten nach Europa sparen. Bisher musste im Mai fürs Weihnachtsgeschäft bestellt werden.

Die Sennheisers haben zudem ihr Sortiment drastisch gekappt, von 360 Kopfhörervarianten blieben rund 150. Die Zukunft sehen die Brüder im dreidimensionalen Klang: von der Sportübertragung mit Stadionatmosphäre bis zur Soundbar, die das Wohnzimmer wie eine Konzerthalle klingen lassen soll. „Das haut einen weg“, wirbt Daniel Sennheiser.

Das Familienunternehmen beherrscht als einer der wenigen Hersteller 3D-Aufnahme und -Wiedergabe. Schon heute lässt sich mit dem Kopfhörer-Mikro Ambeo 3D-Sound für Handyvideos aufnehmen.

3D-Sound in der Achterbahn

Daniel Sennheiser schwärmt von Virtual-Reality-Brillen mit 3D-Klang. Im Europapark Rust ist seine Familie gerade mit der „Alpenexpress“-Achterbahn gefahren, die Klangeffekte in drei Dimensionen hat. „3D-Sound wird nicht wie Stereo 30 Jahre zum Durchbruch brauchen“, glaubt er.

„Hearables“, also smarte Geräte zum Hören, würden zur zentralen Schnittstelle für den Menschen, um mit der digitalen Welt zu interagieren, prophezeit Andreas Sennheiser. Gesteuert werden sie per Sprache und irgendwann mit Hirnströmen. „Unsere Mitarbeiter sollen jenseits dessen forschen, was existiert.“

Sennheisers Anspruch sei es stets, Innovationsführer zu sein. So wurde trotz Sparrunde mehr in Forschung & Entwicklung investiert, und es wurden neue Stellen geschaffen.

Im Innovation Campus soll in gemischten Projektteams Start-up-Spirit entstehen. Die Chefs wollen Austausch und Kreativität vorleben – und sitzen mit den anderen Geschäftsführern in einem Großraumbüro. Gewerkschafterin Schwarz hat Andreas Sennheiser als guten, konstruktiven Gesprächspartner erlebt. „Die Brüder haben den Fokus auf permanente Innovation gerichtet, um im harten globalen Wettbewerb bestehen zu können.“

„Das Forscher-Gen steckt uns in den Knochen“, sagen sie. Großvater Fritz, ein Professor für Akustik, gründete die Firma 1945 als „Laboratorium Wennebostel“. 1958 entwickelte er mit dem ZDF das erste drahtlose Mikrofon. 1982 übernahm Sohn Jörg und machte Sennheiser zur globalen Marke.

Heute werden 85 Prozent vom Umsatz im Ausland erwirtschaftet. 2003 übernahmen die Söhne. Produktdesigner Daniel arbeitete zuvor etwa bei Pixelpark und Procter & Gamble, Andreas promovierte in BWL und Elektrotechnik und arbeitete bei Hilti.

Eine Doppelspitze ist heikel – gerade unter Brüdern und ohne feste Zuständigkeiten. Es funktioniere, betonen beide. „Wir sind sehr unterschiedlich – nicht nur äußerlich. Deshalb können wir uns gut ergänzen“, sagt Lockenkopf Daniel. Andreas sei extrem strukturiert und schnell, durchdringe Dinge sehr tief. Daniel sieht sich eher als Stratege.

„Aber unser Wertesystem ist stark deckungsgleich“, sagt Andreas. Sie waren auf der Waldorfschule, spielen mehrere Instrumente. „Beide haben die Entwicklung von einem klassisch patriarchalisch geprägten Familienunternehmen zu einem teamorientierten modernen Führungsstil geprägt“, bestätigt Alexander Kind, Chef des gleichnamigen Hörgerätespezialisten. Das heiße aber nicht, dass alles basisdemokratisch ablaufe, sagen die Brüder.

„Kundenfokus, schnelle, effiziente Prozesse und innovative Produkte bestimmen ihr Denken und Handeln“, meint Kind. Sie ergänzten sich dank ihres unterschiedlichen fachlichen Backgrounds.

Einmal im Monat gehen die ungleichen Brüder abseits des Großraumbüros einen Tag in Klausur. Allerdings besuchen sie kein Schweigeseminar wie früher ihr Vater. Sie besprechen wichtige strategische Fragen – ganz in Ruhe.

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