Digitale Rechtsberatung Advocado expandiert nach Österreich

Bis zum Ende des Jahres wollen sie mit mehr als 100 Kanzleien zusammenarbeiten.
Düsseldorf Dass ihr Geschäftsmodell international skalierbar ist, kündigten die beiden Gründer schon im vergangenen Jahr selbstbewusst an. Nun machen Jacob Saß, 31, und Maximilian Block, 36, Nägel mit Köpfen: Wie das Handelsblatt vorab erfuhr, wird ihr Start-up Advocado nach Österreich expandieren.
Ab sofort vermittelt das Unternehmen, das der Betriebswirt Saß und der Jurist Block im Jahr 2014 aus der Universität Greifswald heraus gründeten, den Kunden auch im Nachbarland passende Anwälte bei Rechtsproblemen übers Internet. Auf der deutschen Website gibt es bereits 70.000 aktive Nutzer – darunter auch viele Österreicher.
Die Szene der digitalen Rechtsberatung, kurz Legal Tech, entwickelt sich in der Alpenrepublik allerdings langsamer als in Deutschland. Die Österreicher sind skeptischer, was die juristische Digitalisierung anbelangt, wie eine Umfrage des Fachmagazins „Juve“ zeigt: Nur ein gutes Drittel der befragten Kanzleien wollte für 2020 ein Budget für digitale Lösungen bereitstellen.
Block und Saß schreckt das nicht ab. Zum Markteintritt arbeiten sie bereits mit einer zweistelligen Zahl von Partnerkanzleien zusammen, bis zum Ende des Jahres sollen es mehr als 100 sein. Zwar gibt es auch in Österreich schon mehrere Legal Techs – etwa LeReTo aus Wien, dessen Software Anwälten zeitintensive Quellenrecherche abnimmt. Aber ein umfassender Service wie der von Advocado ist neu auf dem Markt.
Im ersten Schritt bietet Advocado, das rund 50 Mitarbeiter beschäftigt, ein kostenloses Erstgespräch mit einem der Partneranwälte an. „Wir schicken niemanden in einen aussichtslosen Rechtsstreit“, erklärt Saß. Braucht der Kunde doch die anwaltliche Hilfe, bekommt er ein Angebot zum Festpreis. Der Fall wird dann komplett über die Advocado-Seite abgewickelt, inklusive Chat oder Videocall mit dem Anwalt.
Erst Ende 2019 hatten Saß und Block in Deutschland eine App herausgebracht, in der sich kostenlos anwaltlich geprüfte Dokumente erstellen lassen. Nutzer können damit etwa Schreiben bei Flug- oder Bahnverspätungen erzeugen. „Die Gründer halte ich für sehr visionär“, sagt Ingrid Hiesinger, Chefin von Revotech, die in Advocado investiert hat.
„Sie verlassen die klassischen Strukturen der Branche und versuchen, diesen konservativen Markt neu zu erschließen.“ Zu weiteren Geldgebern zählen die Wagniskaptalfirmen GPS Ventures und a50 Ventures sowie die Mittelständische Beteiligungsgesellschaft Mecklenburg-Vorpommern.
Der Umsatz von Advocado lag zuletzt im siebenstelligen Bereich – und wächst laut den Gründern jährlich um rund 300 Prozent. Dazu beitragen wird jetzt auch Österreich, das nur der Anfang der Auslandsstrategie ist: Noch im vierten Quartal planen Saß und Block den Markteintritt in der Schweiz.
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